Kreis Pinneberg. Gastronomen aus dem Kreis Pinneberg wollen ein Jahr nach dem Eurosport-Chaos zu Gewinnern der neuen HSV-Euphorie werden.

Wo vor wenigen Wochen noch Katzenjammer herrschte, ist nun schwarz-weiß-blaue Euphorie. Wo der Untergang beschworen wurde, wird längst das Comeback ins Oberhaus geplant. Die Stimmung rund um den erstmals in die zweite Bundesliga abgestiegenen HSV hat sich gedreht. Optimismus ist angesagt. Auch bei Betreibern von Kneipen und Sportsbars im Kreis Pinneberg. Sie gehen mit in Liga zwei, behalten ihre kostspieligen Abos für den Bezahlsender Sky.

Das scheint sich im traditionell HSV-freundlichen Umland Hamburgs auszuzahlen. Die Gastronomen rechnen heute Abend, wenn der Hamburger SV um 20.30 Uhr gegen Holstein Kiel die Saison eröffnet, mit Andrang.

Wedeler Sportsbar ist bereits ausgebucht

Ein Blick nach Wedel verdeutlicht, dass die Erwartung gerechtfertigt ist. In dem Städtchen an der Elbe betreibt Johannes Kunze das Highlight, eine klassische Sportsbar. Auf zwölf Großbildfernsehern und einer Leinwand gibt’s reichlich Fußball zu sehen. Bis zu 200 Fans finden in den Räumen und auf der Terrasse Platz. Eine derart große Gastronomie muss ein Wirt erstmal auslasten. Für Kunze am heutigen Freitag kein Problem. „Wir sind ausgebucht“, sagt der Highlight-Wirt. Wer schauen will, muss bereits reserviert haben. „Die ersten zwei, drei Spiele werden entscheiden, wie die Resonanz sich entwickelt“, sagt Kunze. Sprich: Spielt der HSV oben mit, ist die Hütte in Wedel voll. Optimistisch sei er, aber mit dem Aufstieg werde es nicht leicht.

Das sieht auch Benjamin Gadow so. Er betreibt die Begas Bar im Pinneberger Stadtteil Quellental. Bis zu 70 HSV-Fans versammeln sich an Spieltagen vor der Großbildleinwand und drei Fernsehern. „Könnte sein, dass der HSV sogar zwei Saisons in der zweiten Liga spielen muss“, sagt Gadow. Darüber, sein Sky-Abo wegen des Abstiegs zu kündigen, hat er keine Sekunde nachgedacht. „Die Leute kommen trotzdem, die Anteilnahme ist groß.“ Hinzu kommt, dass er im Quellental einen Konkurrenten weniger hat. Die Köpi-Stube, ebenfalls seit Jahren Treffpunkt von Fußballfans, hat dicht gemacht. „Gäste von dort kommen jetzt zu uns“, so der Gastronom.

Blick in die größte Stadt des Kreises Pinneberg – nach Elmshorn: Im Flora-Stübchen an der Reichenstraße gibt es sogar einen eigenen HSV-Fanclub, gegründet vor zwei Jahren. „Bei uns versammeln sich bis zu 40 Fans, wenn gespielt wird“, sagt Melanie Claußen, die hinter der Theke steht. „Das ist ein harter und treuer Kern, die Leute kommen auch in der zweiten Liga“, ist sie sich
sicher.

Betty Behrend, die das Barcode 23 am Fahltskamp in Pinneberg betreibt, will angesichts veränderter Anstoßzeiten im Unterhaus sogar an den Öffnungszeiten schrauben. Normalerweise öffnet sie ihren Laden am Wochenende erst um 15 Uhr. Doch in der zweiten Bundesliga wird häufig schon um 13 Uhr gekickt. „Wenn der HSV spielt, mache ich früher auf“, sagt Behrend, in deren Kneipe sich bei attraktiven Begegnungen schon einmal 60 Anhänger versammeln. „Fans bleiben Fans, die kommen weiterhin“, ist die Wirtin überzeugt.

Uwe Hönke ist Geschäftsführer des VfL Pinneberg, der in seiner Vereinsgastronomie namens Stadion 3 ebenfalls auf Fußball setzt – inklusive waschechter Tribüne für die Fans. „Wir zeigen weiterhin alle HSV-Spiele. Ich glaube, dass die Resonanz sogar etwas größer sein wird“, sagt er angesichts der aktuellen Euphorie um den Ex-Dino. Und weiter: „Mit Sky stehen wir für eine Vertragsverlängerung in Verhandlungen, das Ergebnis ist offen.“ Er freue sich sogar auf die Zweitliga-Saison. „Ich glaube auch, dass der HSV oben mitspielen wird. Für mich ist aber wichtiger, dass sie ihren eingeschlagenen Weg mit einer klaren Spielidee und dem Einsatz junger, talentierter und hungriger Spieler weitergehen. Wenn dann auch noch der Wiederaufstieg dabei herauskommen sollte, umso besser“, sagt Hönke.

Die Kosten für Sky-Abos in der Gastronomie sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Gab es einst für 1000 Euro pro Jahr das sogenannte Fußball total, bleiben Wirte heute nur mit mehreren hundert Euro im Monat am Ball. So um die 500 sind es bei Gadow.

HSV und St. Pauli gibt’s ausnahmslos für Sky-Kunden

„Sky hat die Preise für diese Saison sogar noch erhöht“, sagt der Wedeler Wirt Johannes Kunze. Verständnis hat er für diese Preispolitik nur bedingt. „Es wurden ja sogar weitere Spiele outgesourct“, so der Highlight-Betreiber. So werden auch in der neuen Saison einige Bundesligaspiele nur bei Eurosport zu sehen sein. Der notwendige Player hatte im vergangenen Jahr kräftig gezickt – und das ausgerechnet bei HSV-Spielen. Ein technisches Problem, das sich mit dem Abstieg der Rothosen erledigt hat, da Sky exklusive Rechte für die zweite Liga hat. Den HSV und St. Pauli gibt’s ausnahmslos für Sky-Kunden live.