Kreis Pinneberg. Bei Sommer- und Wintergetreide sowie Raps drohen starke Einbußen. Betriebe können Verluste nicht auffangen, einige müssen aufgeben.
Diese Woche hat auf dem Gut Seestermühe die Rapsernte begonnen. Die erste Zwischenbilanz fällt für Eigentümer und Betriebsleiter Alexander Graf von Kielmansegg ernüchternd aus: „Wir rechnen mit einem deutlich geringeren Ertrag.“ Schon bei der Gerste, die Ende Juni ungewöhnlich früh eingeholt werden musste, kam es zu erheblichen Einbußen.
Die Ernte 2018 – sie wird laut einer Bilanz der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein aufgrund der ungewöhnlich langen Trockenheit und der Wärme unterdurchschnittlich ausfallen. Georg Kleinwort, Kreisvorsitzender des Bauernverbandes, kann das bestätigen. „Das wird ein extrem schwieriges Jahr für viele Betriebe. Da hängen Existenzen dran“, sagt der Kreisvorsitzende. Und: „Einige werden aufgeben müssen.“
1600 landwirtschaftliche Betriebe existieren noch im Kreis, davon 300 im Vollerwerb. Der größte Akteur ist das Gut Seestermühe, das als reiner Ackerbaubetrieb 955 Hektar auf Marsch und Geest bewirtschaftet. Von Kielmansegg beschäftigt zwei feste Mitarbeiter, einen Auszubildenden sowie Aushilfen zur Erntezeit. „Schon 2017 war aufgrund der extremen Nässe problematisch, wir konnten nur unter schwierigsten Bedingungen ernten“, sagt der Betriebsleiter. Nach der Ernte seien die Böden kaum noch befahrbar gewesen, sodass ein Teil des Saatgutes für Wintergetreide nicht mehr ausgebracht werden konnte.
Als Folge hat von Kielmansegg auf diesen Flächen im Frühjahr noch Sommergetreide ausgesät. „Im März und April war es extrem nass, sodass die Pflanzen keine Wurzeln bilden konnten.“ Von Ende April habe es dann sechs Wochen lang gar keinen Niederschlag mehr gegeben, sodass die Pflanzen regelrecht vertrocknet seien. Mit der Gerste-Ernte musste Ende Juni früher als sonst begonnen werden, weil die Pflanzen aufgrund des Wassermangels weiter an Gewicht zu verlieren drohten.
Die lang anhaltende Trockenheit – sie hat auch dem Wintergetreide, das im Herbst gesät wurde, geschadet, weil sie mitten in die Kornfüllungsphase fiel. „Die Körner sind zu leicht, und es sind zu wenige in der Ähre.“ Der 30-Jährige rechnet – bis auf Ackerbohne und Rübe, die auf einer kleinen Fläche angebaut werden – insgesamt mit Ernteausfällen von 20 bis 35 Prozent.
„Wir können das nicht mehr auffangen“, sagt Bauernverbands-Kreischef Kleinwort. Er spricht von Existenzen, die gefährdet sind. Bei den Kosten für Löhne und Maschinen seien keine Einsparungen mehr möglich, die Pachtverträge für die Ackerflächen in der Regel langfristig geschlossen. „Und wir bekommen die gleichen Preise für unsere Produkte wie seit einigen Jahren.“ Arbeitstage von zwölf bis 14 Stunden seien für die Betriebsinhaber inzwischen längst keine Ausnahmen mehr, sondern die Regel. Die landwirtschaftlichen Betriebe im Kreis stünden im internationalen Wettbewerb. Falle die hiesige Ernte schlecht aus, führe dies nicht zu höheren Preisen, sondern zu mehr Importen. Kleinwort: „Für mich bedeutet die Globalisierung den Tod der deutschen Landwirtschaft. Die Politik wäre aus meiner Sicht gefordert, uns gegen die Einfuhren aus dem Ausland zu schützen.“
Erlöseinbußen
Laut Kleinwort setzt die anhaltende Trockenheit nicht nur den Ackerbauern, sondern auch den Tierhaltern zu. „Teilweise werden die Futtervorräte knapp“, sagt der Kreisvorsitzende. In einigen Fällen müssten die Tiere im Stall bleiben, weil auf ihren Weiden das Gras abgestorben ist. Grassilage sei ein knappes Gut. „Der Markt ist leer“, sagt Kleinwort. Und der eigene Anbau der Ackerbauern sei ebenfalls zum Großteil der Trockenheit zum Opfer gefallen. „Wir gehen davon aus, dass die Viehbestände kurzfristig reduziert werden müssen“, sagt der Kreisvorsitzende weiter.
Kleinwort und auch von Kielmansegg hoffen langfristig auf ein Umdenken der Verbraucher. Sie müssten bereit sein, mehr Geld für heimische Produkte auszugeben, meinen beide. Auf diese Weise könnten höhere Preise erzielt werden, die dann wiederum den Erzeugern zugute kämen.
Außerdem wünschen sich beide mehr Entgegenkommen seitens der Politik. „Die Subventionen weiter zurückzufahren würde schlimme Folgen haben“, sagt von Kielmansegg. Gleichzeitig wäre aus seiner Sicht mehr Verständnis von der Politik vonnöten, was Düngeverordnung und Pflanzenschutz angeht.