Wedel. Das Landgericht Itzehoe hat die drei Angeklagten freigesprochen. Der Discobetreiber sieht sich als Opfer schlampiger Ermittlungen.

Das Landgericht Itzehoe hat die drei Angeklagten im Prozess um den Wedeler Disco-Großbrand von dem Vorwurf der Brandstiftung freigesprochen. Einer von ihnen, der Discobetreiber Deniz B., erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Der 37-Jährige sieht sich als Opfer schlampiger Ermittlungen: „Die Polizei hat Fehler gemacht und nur in eine Richtung ermittelt“, sagt der in Hamburg lebende Türke im Gespräch mit dem Abendblatt.

Die vergangenen Monate sind nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. „Mein Vertrauen in das deutsche Rechtssystem ist erschüttert. Ich habe acht Monate unschuldig isoliert in Einzelhaft gesessen“, sagt der Eventmanager. „Der Ruf, den ich mir in zwölf Jahren in der Branche aufgebaut habe, ist zerstört worden.“

Finanziell hätte er eine Brandstiftung gar nicht nötig gehabt. „Ich habe monatlich nie weniger als 30.000 Euro verdient“, so B. Allein sein Inventar, das bei dem Feuer vernichtet wurde, hätte auf Ebay einen Wiederverkaufswert von 300.000 bis 400.000 Euro gehabt, schätzt er. Das entsprach in etwa der Summe, die er von der Versicherung bekommen hätte. „Konzerte waren bereits geplant, die Getränke alle eingekauft“, sagt B. „Ich hatte keinen Grund, Feuer zu legen. Ich hatte sogar die Versicherungssumme von einer Million Euro auf eine halbe Million Euro reduziert.“

Er habe sein Café verkaufen müssen, und der andere Club, den er in Hamburg betrieben hatte, musste schließen. Auch ein Geschäft mit einer Reinigung sei geplatzt. Die falschen Verdächtigungen hätten ihm aber nicht nur finanziell geschadet. Auch die Familie habe gelitten. In der Zeit habe er seine beiden Kinder (vier und acht) kaum gesehen. Sein Anwalt prüft nun Schadensersatzansprüche.

Kronzeuge Peter S. versteckt am ersten Verhandlungstag sein Gesicht hinter einem Aktendeckel
Kronzeuge Peter S. versteckt am ersten Verhandlungstag sein Gesicht hinter einem Aktendeckel © HA | Arne Kolarczyk

B. wurde bereits am 17. Mai aus der Haft entlassen, damals sah das Gericht keinen dringenden Tatverdacht mehr. Es war die Wende im Prozess gegen B. und zwei weitere Männer, der nun das Urteil folgte: Nach Ansicht der Richter gibt es keine stichhaltigen Beweise, dass Deniz B. einen Auftrag für eine Brandstiftung gegeben hat. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, die Mitangeklagten Peter S. (38) aus Wedel und Mehmet P. (36) aus Hamburg gegen eine Zahlung von 60.000 Euro dazu angestiftet zu haben, in der Disco „Viva Wedel“ Feuer zu legen, um so die Versicherungsprämie für Inventar und Betriebsausfall zu kassieren. Auch die beiden Mitangeklagten wurden freigesprochen.

Damit folgten die Richter dem Antrag der Verteidigung. Auch die Staatsanwältin hatte auf Freispruch plädiert. Entscheidend war am Ende die Frage nach dem Brandort. „Der Brandsachverständige des Landeskriminalamtes, der sein Gutachten präsentierte, nannte einen anderen Brandort, als der Kronzeuge im Ermittlungsverfahren angegeben hatte“, sagt Peter Müller-Rakow, Sprecher der Staats­an­walt­schaft It­ze­hoe. Demnach soll der Kronzeuge brennbare Flüssigkeit auf dem Tresen der Disco verteilt haben, der Gutachter den Ausbruch des Feuers aber im Bereich des Versorgungsraumes lokalisiert haben.

Peter S., der sich selbst und die Mitangeklagten während der polizeilichen Ermittlungen ans Messer geliefert hatte, ließ vor Gericht durch seine Anwälte erklären, sich nicht zur Anklage zu äußern. Seine Freundin Angela K. machte zudem von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und untersagte dem Gericht, ihre bei der Polizei getätigte belastende Aussage zu verwerten. Damit waren zwei wichtige Pfeiler der Anklage weggebrochen.

Die Verteidiger hatten im Prozess zudem die einseitigen Ermittlungen kritisiert. Der Hypothese eines der beiden Versicherungsgutachters, dass ein technischer Defekt der Elektroanlage ursächlich gewesen sein könnte, sei kaum nachgegangen worden. Zudem waren die Gutachten zweier Versicherungen zu unterschiedlichen Erkenntnissen gelangt, was die Ursache des Feuers angeht. Und keines der Gutachten passte zu Peter S’. Aussagen.

Der Gebäudekomplex an der Rissener Straße, in dem sich neben der Disco „Viva Wedel“ auch eine Spielothek, ein chinesisches Restaurant, eine Autovermietung und ein Autohandel befanden, war am 25. Mai 2017 abgebrannt. Der Schaden betrug laut Anklageschrift 2.578.597 Euro.

„Die Brandruine soll bis spätestens Ende Juli abgerissen sein“, sagt André Ewert, der das Gebäude für den Eigentümer verwaltet. Der Eigentümer überlege noch, ob er einen Neubau selbst angehe oder das Grundstück verkaufe. „Fest steht, dass dort keine Disco mehr hinkommt.“ Autovermieter, -händler und der Restaurantbetreiber hätten bereits andere Räume gefunden.

„Der Abbruch ist bereits bei der Stadt angezeigt“, bestätigt Wedels Stadtsprecher Sven Kamin.