Wedel/Itzehoe. Im Prozess um den Großbrand von Wedel sagt der Ermittlungsführer der Polizei aus. Verteidiger kritisieren einseitige Nachforschungen.
Deniz B. (37) und Mehmet P. (36) waren pünktlich. Die beiden Angeklagten im Disco-Brand-Prozess von Wedel, denen die Richter am Landgericht Itzehoe vorige Woche Haftverschonung gewährt hatten, erschienen am Mittwoch brav zur Fortsetzung der Verhandlung.
Im Mittelpunkt des fünften Verhandlungstages um den Großbrand von Ende Mai 2017 stand die Aussage des polizeilichen Ermittlungsführers Christoph L. (41). Sie wurde möglich, weil die Kammer zuvor mehrere Anträge der Verteidigung abgelehnt hatte. Die Anwälte wollten wegen angeblicher rechtlicher Fehler erreichen, dass ein Großteil der Vernehmungen der Ermittlungsbeamten mit dem dritten Angeklagten und Hauptbelastungszeugen Peter S. (38) nicht vor Gericht verwertet werden dürfen. Auch ein Antrag, die Staatsanwältin Janina Seyfert als Zeugin zu den Umständen der Vernehmungen zu hören, wurde abgelehnt.
Christoph L., der dem Dezernat Komplexe Ermittlungen der Bezirkskriminalinspektion Bad Segeberg angehört, hatte die Ermittlungen etwa fünf Wochen nach dem Großfeuer von der Kripo Pinneberg übernommen. „Es bestand schon damals ein Tatverdacht gegen Herrn B.“, so der Ermittlungsführer. Dieser habe sich aus der Vernehmung eines Angestellten des Disco-Betreibers ergeben, der von Gesprächen mit Deniz B. über eine mögliche Brandstiftung in der Disco berichtet hatte. Laut dem 41-Jährigen seien daraufhin umfangreiche Oberservations- und Überwachungsmaßnahmen gegen den Disco-Betreiber angelaufen – inklusive einer Telefonüberwachung.
In der Folge habe er sich außerdem Infos zur Geschichte der Disco besorgt, bei der in den Jahren vor dem Brand mehrfach Name und Betreiber gewechselt hätten. „Wir hatten Hinweise darauf, dass sie zuletzt nur noch wenige Gäste hatte.“ Der Ermittlungsführer betonte, dass er und seine Kollegen auch anderen Theorien einer Brandentstehung nachgegangen seien. Hier kam Peter S. ins Spiel, der Elektriker der Disco. „Uns ging es zunächst darum, Informationen zu den elektrischen Anlagen zu gewinnen“, so der Zeuge. Dabei habe sich herausgestellt, dass kurz vor dem Brand durch eine Fachfirma ein sogenannter E-Check erfolgt sei, der Mängel aufzeigte. Daraufhin seien diverse Kabelleitungen ausgetauscht worden.
Peter S. wurde am 25. Juli erstmals als Zeuge vernommen. Es folgte eine Vernehmung am 8. August, bei der der Angeklagte ebenfalls Zeugenstatus hatte. Am 29. September und 5. Oktober schlossen sich zwei weitere Vernehmungen an, bei denen S. als Beschuldigter behandelt wurde, ein Geständnis ablegte und die Mitangeklagten als Mittäter benannte. Vor Gericht verweigerte der Kronzeuge die Aussage.
Die Prozessbeteiligten gehen mit dem Ermittlungsführer chronologisch alle Vernehmungen durch. Dies wird noch einige Zeit brauchen, sodass die Vernehmung des Zeugen am nächsten Verhandlungstag fortgesetzt wird. Die Verteidiger kritisierten die einseitigen Ermittlungen. Der Hypothese eines der beiden Versicherungsgutachters, das ein technischer Defekt der Elektroanlage ursächlich gewesen sein könnte, sei kaum nachgegangen worden.