Tornesch. Torneschs künftige Bürgermeisterin Sabine Kählert will das Erbe ihres Amtsvorgängers Roland Krügel bewahren, ihn aber nicht imitieren.

Sabine Kählert hat die Bürgermeisterstichwahl im Tornesch am Sonntag mit 58,8 Prozent (Wahlbeteiligung: 46,9 Prozent) gewonnen. Im Abendblatt-Interview erklärt sie, welche Veränderungen auf die Stadt zukommen werden.

Frau Kählert, zunächst Glückwunsch zum Wahlsieg. Wann werden Sie die Amtsgeschäfte von Ihrem Vorgänger Roland Krügel übernehmen?

Sabine Kählert: Er hatte mir gesagt, am 29. Juni ist seine Entlassung, zum 1. Juli werde ich somit das Amt übernehmen. http://Erste_Bürgermeisterin_in_Tornesch{esc#214416233}[textgallery]

Wie schwer wird es sein, als bisherige Amtsleiterin auf den Chefposten überzuwechseln? Welcher Führungsstil wird notwendig sein, ein autoritärer oder eher kollegialer?

Ich bevorzuge einen kooperativen Führungsstil. Ich bin schon vorher von der Mitarbeiter- auf die Amtsleitungsebene gewechselt und das ist sehr gut vonstatten gegangen. Eine gewisse Autorität muss man aber mitbringen und vorleben. Ich glaube, ich habe mir viel Respekt im Laufe der Jahre erarbeitet. Viele meiner Kollegen wollen gerne gemeinsam als Team Dinge für Tornesch organisieren, das finde ich gut. Dennoch ist mir bewusst, dass es Momente geben wird, wo Mitarbeiter nicht immer mit mir einer Meinung sein werden. Diese Situationen gab es auch unter Herrn Krügel. Ich weiß also, an welcher Stelle es problematisch werden könnte ...

... und wann man welches Rädchen drehen müsste.

Genau so ist es.

Ihre Position beim Amt für soziale Dienste werden sie aufgeben. Wer soll ihre Arbeit dort künftig übernehmen?

Jeder Amtsleiter hat eine Stellvertretung. Diese hat mich, insbesondere während des Wahlkampfes, sehr gut unterstützt. Die Arbeit wird meine Stellvertretung vorerst wohl kommissarisch weiter machen. Dann wird hausintern geschaut werden müssen, wer sich für den Posten interessiert und eignet. Es wird in einem ganz geordneten Verfahren ablaufen, auch mit Rücksicht auf Veränderungen, die mit der Umstellung auf die Haushaltsdoppik noch erforderlich sind. Das soll in der Führungsrunde im Rathaus diskutiert werden.

Das heißt, konkrete Umstrukturierungen im Rathaus sind bereits eingeplant?

Ja, sie sind in meinem Kopf schon vorhanden. Solche Gedanken kann man sich nicht erst machen, wenn man das Amt übernimmt. Es stellt sich etwa die Frage, wie Controlling und Risikomanagement implementiert werden sollen. Mit der Einführung der Doppik und der E-Rechnung sind Abläufe anzupassen. Dabei werden dann auch die frei werdenden Positionen mit einbezogen, um eine tatkräftige Verwaltung für die Zukunft zu organisieren.

Haben die Veränderungen mit einer möglichen Vorbereitung auf eine Städtefusion mit Uetersen zu tun? Die könnte vom Land ja diktiert werden.

Ich sehe im Moment keine Fusion. Eine vom Land angeordnete Fusion gab es bislang nicht, lediglich freiwillige. Ich fühle mich unserem Souverän, dem Bürger auch verpflichtet. Wir haben eine Abfrage beim Bürger gemacht und das Ergebnis war eindeutig.

Aber der Fachkräftemangel schlägt bei Verwaltungen durch, Posten können nicht besetzt werden.

Das erfordert aber keine Fusion. Es ist ein Unterschied, ob eine Fusion erfolgt oder eine Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis organisiert wird. Eine Zusammenarbeit über Stadtgrenzen gibt es bereits, etwa mit Uetersen. Das läuft hervorragend. Wir müssen aber zweifellos angesichts des Fachkräftemangels Fachwissen bündeln, gezielt einsetzen, Überschneidungen zwischen Kommunen nutzen. Nicht überall, gerade im technischen Bereich, ist dasselbe Know-how vorhanden.

Das heißt konkret, Synergieeffekte in der Region nutzen ...

Gar keine Frage. Wir müssen enger mit unseren Nachbarkommunen kooperieren.

Im Rat wird es nach der Kommunalwahl eine gänzlich neue Konstellation geben, eine Partei mit absoluter Mehrheit gibt es nicht. Was erwarten Sie also für die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat?

Gute Entscheidungen für die Stadt leben von Vielfalt. Wir hatten, abgesehen von der letzten Legislaturperiode, immer Mehrheiten, die sich erst finden mussten. Es gab also bei vielem einen Abstimmungsprozess zwischen den Fraktionen. Wir wollen gut mit der Politik zusammenarbeiten und schauen, wo die Schwerpunkte der einzelnen Fraktionen sind. Ich kann mir überfraktionelle Runden im Rathaus vorstellen, in denen wir uns Gedanken machen, wie wir bei Themen vorgehen wollen, um in den Ausschüssen noch effektiver arbeiten zu können. Ich habe vom Wähler und auch bei den Marktgesprächen gehört, wo es drückt, davon nehme ich vieles mit für die künftig Arbeit. Dafür bedanke ich mich bei den Bürgerinnen und Bürgern. Ich bin als parteilose Kandidatin angetreten und freue mich auf die Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern der Ratsversammlung. Über die breite Unterstützung, die ich von einigen Parteien erfahren habe, freue ich mich ebenso. Am Abend des Wahltages sind Vertreter der CDU zu mir gekommen und haben gesagt, sie freuen sich auf die Zusammenarbeit. Das hat mich sehr gefreut.

Bei den Marktgesprächen haben Sie gehört, was der Tornescher sich wünscht. Braucht Tornesch mehr Anlaufstellen und Partizipationsmöglichkeiten für Bürger?

So etwas ist schon wichtig. Einwohnerversammlungen zu wichtigen Themen wurden gewünscht. Das könnten wir verbessern. Auch Zukunftswerkstätten für elementare Themen wie etwa der Gestaltung des Ortszentrums kann ich mir vorstellen. Ich bin als Bürgermeisterin für den Bürger da. Daher wird es auch Bürgerfragestunden geben. Auch den Markt werde ich weiterhin besuchen oder auch in die Stadtbibliothek gehen, um dort Gespräche zu führen. Ich bin gern bei den Bürgern und nehme auch Kritik entgegen, wenn etwas nicht so gut läuft. Das erdet einen auch. Alle Wünsche werden wir aber nicht erfüllen können.

Ihr Gegenkandidat, Herr Janz, sprach davon, dass Ihre Wahl ein „Weiter so!“ signalisiere statt eines Bruchs ...

Erst mal stelle ich die Frage, warum denn nicht weiter so? Was Herr Krügel über die Jahre gemacht hat, war ja durchaus erfolgreich. Wenn Sie schauen, was Tornesch einst war und wo es heute steht, ist vieles sehr gut gelaufen. Warum also nicht weiter so? Es bedeutet jedoch nicht, immer dieselben Instrumente anzuwenden. Ich habe viel von Herrn Krügel gelernt, ich möchte ihn aber nicht imitieren, ich werde kein Spiegelbild sein. Ich werde meinen eigenen Weg gehen.

Thema Rathausneubau: Zuletzt wurde aus Kostengründen eine Teilsanierung beschlossen. Wird sich da etwas ändern?

Das Ansinnen, ein neues Rathaus zu bauen, für eine Fokussierung auf den Stadtkern mit dem Ziel, das Zentrum zu beleben, es attraktiver zu machen, kann ich verstehen. Die Finanzen stehen aber erst mal über allem. Unser Gebäude ist derzeit ausreichend. Eine Sanierung muss aber erfolgen, da kommen wir nicht dran vorbei. Ich kann keinen Neubau verantworten, so lange wir noch Finanzbedarf für Schulen, für Kindergärten, für unsere Bürger haben. Die Bürger wünschen sich etwa einen Treffpunkt, ein Café im Zentrum, und barrierefreien Wohnraum. So etwas hat für mich Vorrang.