Quickborn. Geschichtswerkstatt gibt Buch mit 150 alten Aufnahmen aus der Stadt heraus. Die Gebäude darauf existieren allesamt nicht mehr.

Ansichtskarten aus Quickborn, aber keine neuen, sondern sehr alte: Die Geschichtswerkstatt, die sich seit 1994 der Heimatgeschichte widmet und sie für die Nachwelt bewahrt, legt ihre neueste Arbeit vor. „Ortsgeschichte auf alten Postkarten“ heißt das Werk, das bald erscheint.

„Wir haben die schönsten und besten Postkarten aus unserem Bestand darin zusammengetragen“, sagt Irene Lühdorff, die seit 2006 die 15-köpfige Geschichtswerkstatt leitet und zuvor von 1987 bis 2000 Leiterin der örtlichen Volkshochschule war. Auf 72 Seiten sind rund 150 alte Stadtansichten zu sehen, die zumeist Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sind. „Wir haben Hunderte dieser alten Postkarten in unserem Archiv“, sagt Irene Lühdorff. Sie seien aus früheren Nachlässen und von Auktionen zusammengetragen worden.

Das kalenderartige Werk mit den Motiven und Stadtansichten, die es so in Quickborn nicht mehr gibt, ist zudem eine Art Neuauflage des Postkartenbuches, das der Quickborner Robert Heins 1982 veröffentlicht hat. Es ist längst vergriffen. Mit der heutigen Technik sei es auch möglich gewesen, völlig vergilbte, stockfleckige oder gar beschädigte Postkarten zu zeigen, schreibt Rudolf Timm von der Geschichtswerkstatt in seinem Vorwort. Die meisten Aufnahmen stammten von den Quickborner Fotografen Wilhelm C. F. Hansen, Rudolf Schildt und Willi Grodthoff.

Irene Lühdorff von der Geschichtswerkstatt
Irene Lühdorff von der Geschichtswerkstatt © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Als Titelbild für ihr neues Werk haben die Geschichtswerkstatt-Beteiligten die alte Mühle gewählt. Sie wurde 1881 an der Kieler Straße von Detlef Krüger errichtet, dort, wo heute die Jet-Tankstelle steht. 40.000 Mark habe das gekostet, weiß Jürgen Hühnke von der Geschichtswerkstatt. 1929 wurde sie sogar auf Dampfbetrieb umgestellt, sodass der Mahlgang nicht vom Wind abhängig war. Trotzdem wurde sie 1937 stillgelegt. In den 60er-Jahren wich sie dann der Tankstelle.

Auch der geschichtliche Namensgeber Quickborns ist auf einer Fotografie von 1909 in dem Buch vertreten. So hat sich viele Jahrzehnte lang an der Gabelung Harksheider Weg/Schulstraße ein Teich befunden, der als Viehtränke und Löschteich genutzt wurde. Dieser hieß Börn und wurde von der Hörnborn gespeist. 1911 wurde der Börn zugeschüttet, nachdem er zuvor bereits versandet war. Börn oder Born steht für einen Brunnen. Die Vorsilbe Quick bezog sich auf das lebende Vieh, wie die Bauern ihren Besitz nannten, erklärt Irene Lühdorff den Begriff. „Das ist heute im Wort quicklebendig erhalten geblieben, das eigentliche eine Dopplung darstellt.“

Der Bach Hörnborn habe furchtbar gestunken

Dass Elfen den Börn als Jungbrunnen nutzten, wie es in alten Erzählungen heißt, konnte die Geschichtswerkstatt bei ihrer Recherchen allerdings nicht erhärten. Der Bach Hörnborn sei später unter die Erde verlegt worden, weil mehrere Färbereien und Gerbereien ihre übel riechenden Abflüsse darin entsorgten, sagt Jürgen Hühnke. Der Bach habe furchtbar gestunken.

Bonbonfabrik
Bonbonfabrik © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Auch an die alte Bonbonfabrik, die die Einheimischen liebevoll „Quibo“ nannten, wird mit einer alten Luftbildaufnahme in dem Werk gewürdigt. Diese betrieb seit 1948 der Quickborner Unternehmer Paul Müller. Doch ihm fiel es schwer, Kredite zu bekommen. Zwar seien ihm anfangs sogenannte ERP-Mittel versprochen worden, die nach dem damaligen US-Außenminister Marshallplan genannt wurden. Aber sein früherer Arbeitgeber, die Schokoladenfirma Leonard Monheim, habe das zu verhindern gewusst, und so sei Müller „in den Ruin getrieben worden“, sagt Irene Lühdorff. Müller musste „bettelarm Quickborn verlassen“.

Die Schokoladenfabrik, die seit 1951 aus der Konkursmasse hervorging und unter den Namen Trumpf und Ludwig-Schokolade firmierte, blühte auf. Bis zu 2000 Mitarbeiter wurden hier beschäftigt. Mitte der 90er-Jahre produzierten noch 300 Angestellte Kakaomasse. Später verlegte der Konzern mit Sitz in Aachen und Bergisch-Gladbach die Produktion ins Ausland, sodass die Schokofabrik 2009 stillgelegt und 2015 abgerissen wurde. Heute steht dort eine neue, private Schule, und Wohnungen werden errichtet.

Verkauf ab 3. Juni

Das Buch mit den alten Postkartenaufnahmen wird erstmals am Sonntag, 3. Juni, auf dem Familientag vor dem Rathaus am Stand der Geschichtswerkstatt verkauft.

Es kostet 12,50 Euro.

Anschließend liegt es auch in der Buchhandlung Theophil in der Klöngasse an der Bahnhofstraße aus.

Es ist die 21. Veröffentlichung der Quickborner Geschichtswerkstatt.

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Spannend sind auch die vielen alten Aufnahmen der Quickborner Gaststätten. Wie das Bahnhofshotel, das 1914 vom Ehepaar Agnes und Heinrich Grevsmühl in der Bahnhofstraße 78–86 am AKN-Bahnhof errichtet und 1961 wieder abgerissen wurde, um dem höchsten Gebäude Quickborns Platz zu machen. Es war nicht das einzige Lokal der Familie Grevsmühl. Sie übernahm Anfang des 20. Jahrhunderts Schmidts Gasthof des Landwirts Hinrich-Albert Schmidt, 1901 an der Ecke Pinneberger Straße/Ecke Kieler Straße gebaut. 2014 wurde der Betrieb, zuletzt unter dem Namen Hotel und Gaststätte Visit, eingestellt. Bauer Schmidt hatte zuvor das Haus Roseneck an der Kieler Straße/Marktstraße als den ältesten Gasthof Quickborns betrieben, wo heute der „Quickborner Tisch“ einmal wöchentlich Lebensmittel an Bedürftige ausgibt.

Wichtig für die Lokalgeschichte war auch die Gaststätte Behrmann in der Kieler Straße 55, für die Nicolaus Behrmann 1835 eine Schankerlaubnis erhielt. Weil sich dort 1863 mit der Liedertafel Quickborns ältester Männergesangverein gründete, hieß das Lokal seitdem Landhaus Sängerheim.