Barmstedt. Spezialboot aus Dithmarschen soll sprießenden Wasserpflanzen im Rantzauer See den Garaus machen, in dem Baden zurzeit verboten ist.

Reimer Möller sitzt in aller Ruhe in der Mittagshitze auf einer Bank mitten auf der fast menschenleeren Badewiese. Der Retter des Barmstedter Badesees macht eine verdiente Mittagspause. Gerade eben noch ist der Mitarbeiter des Deich- und Hauptsielverbandes in Dithmarschen mit seinem sogenannten Krautboot über den Rantzauer See gepflügt und hat vier Stunden lang die Wasserpflanzen, die den Badebereich des Sees fast komplett überwuchern, abgemäht. „Das ist nichts anderes als Rasen zu mähen – nur eben unter Wasser“, erklärt der Dithmarscher trocken seine Arbeit und beißt in die mitgebrachte Stulle.

Das Krautboot mit seinen messerscharfen Flacheisen, die alle Pflanzen unter dem Boot bis zum Grund abmähen, hat Barmstedts Erster Stadtrat Ernst-Reimer Saß angefordert. „Ich habe das im Fernsehen gesehen“, erklärt Saß. Dort sei gezeigt worden, wie sie in den Dithmarscher Gewässern und Gräben den im Sommer wie verrückt sprießenden Wasserpflanzen mit dem mähenden „U-Boot“ den Garaus machen.

Barmstedts Erster Stadtrat Ernst-Reimer Saß hat das Rasenmäher-Boot aus Dithmarschen besorgt und abgeholt
Barmstedts Erster Stadtrat Ernst-Reimer Saß hat das Rasenmäher-Boot aus Dithmarschen besorgt und abgeholt © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Das hat Stadtrat Saß sofort elektrisiert. Denn schon wieder ist der Rantzauer See fürs Baden gesperrt. Und das bei den sommerlichen Temperaturen. „Aufgrund vieler Wasserpflanzen ist das Baden im Schwimmerbereich derzeit verboten“, steht auf einem Schild mitten im strandartigen Sandbereich des Bades. „Vielen Dank für ihr Verständnis, Ihre Stadtwerke“ ist da noch zu lesen. Für Jessica Rieke, die mit drei kleinen Kindern im Wasser spielen wollte, ist das mal wieder eine Hiobsbotschaft.

Saß ist so eine Art Wächter über den Badesee. „Ich kann mich noch erinnern, als ich acht Jahre alt war und nach dem Baden meine Badehose an der Dusche auszog“, erzählt der Barmstedter. Die sei komplett grün von innen gewesen. Das war vor 50 Jahren. Offenbar war da schon der nur etwa drei Meter tiefe See kurz vorm Umkippen. Das viele Nitrat und Phosphor aus dem Dünger landwirtschaftlicher Äcker, das über die Krückau in den See gelangte, lässt Wasserpest, Laichkraut und das raue Hornblatt sprießen, sobald es warm wird.

In den Jahren zuvor musste der Badebetrieb öfter wegen giftiger Blaualgenbildung ruhen. Hunderte von kanadischen Graugänsen bevölkerten den See und sorgten mit ihrem Kot für den nötigen Dünger für die Algen. Mit seinem Motorboot macht Saß fast täglich seine Runden, um die Gänse zu verjagen. Bootsverleiher Peter Latsch und Minigolfbetreiber Bernd Penns unterstützen ihn dabei. Auch ein Schwanenpärchen wurde erfolgreich angesiedelt, um die Gänse zu vertreiben.

7,5 Hektar großer See wurde ausgeschaufelt

Der Rantzauer See ist 80 Jahre alt. Vier Jahre brauchten damals von 1934 an Hunderte von Arbeitern des Reichsarbeitsdienstes im NS-Regime, um den 7,5 Hektar großen, etwa 420 langen und 280 Meter breiten See per Hand mit Schaufeln auszuheben.

Seitdem wird darin natürlich auch gebadet, sobald die Wassertemperaturen das zulassen. Der Wasserstand des Sees wird durch das Aufstauen der Krückau, die ihn speist, geregelt. Weil er nur drei Meter flach ist, erwärmt sich der See schnell und lässt Pflanzen sprießen.

Für die Fische bedeutet der See eine unnatürliche Unterbrechung ihres Wanderweges. Deshalb gibt es seit 1981 eine neunstufige Fischtreppe am Stauwehr der Schlossinsel, über die Fische leichter zu ihren Laichplätzen gelangen. Diese soll modernisiert werden.

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Und nun das Rasenmäher-Boot. Er musste etwas herumtelefonieren, bis er nach dem Fernsehbericht den richtigen Mann an den Hörer bekam, erzählt Saß. Hoffnungsfroh steht er nun am Krautboot, das er mit seinem Anhänger aus Hemmingstedt abgeholt und direkt am Badesee abgestellt hat – bereit für den ersten Mäheinsatz am Mittwoch.

Dafür ist wieder Reimer Möller zuständig. „Ich bin ja schon zweimal im Fernsehen gewesen“, sagt der Mann, der für den Deich- und Hauptsielverband Baggerfahrer ist, wenn er nicht auf diese „gewässerschonende Weise“ den Unterwasserpflanzen an den Stil geht. „Mare TV“ und das „Schleswig-Holstein-Magazin“ haben die Arbeit seines Rasenmäher-Bootes schon filmisch dokumentiert. Das muss Saß im Frühjahr auch gesehen haben. „Es ist aber das erste Mal, dass wir mit diesem Boot außerhalb Dithmarschens im Einsatz sind“, sagt Möller und macht sich daran, mit Ohrenschützern die zweite, große Mäh-Runde mit seinem ziemlich lauten Dieselboot zu drehen, das er über Mittag an den Badesteg hinter dem Barmstedter Hallenbad vertaut hat.

Nichtschwimmerbereich ist schon frei von Pflanzen

Ernst-Reimer Saß und Ortwin Schmidt (r.) mit Wasserpflanzen, die Susanne Schmidt aus dem See gefischt hat
Ernst-Reimer Saß und Ortwin Schmidt (r.) mit Wasserpflanzen, die Susanne Schmidt aus dem See gefischt hat © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Doch jetzt bricht er plötzlich ab. Der Dieselfilter ist offenbar kaputt gegangen und muss repariert werden. Sobald der Motor läuft, tropft Diesel aus den Leitungen in den See. Das ist natürlich nicht im Sinne seines hilfreichen Einsatzes, weiß Möller und ruft seine Kollegen aus der Werkstatt an. „Das kann dauern, bis die hier sind“, sagt er. Am frühen Nachmittag sind die Helfer am Barmstedter See eingetroffen und machen den Motor des 40 Jahre alte Krautbootes wieder startklar. Für die geplante zweite Mährunde ist es jetzt allerdings zu spät. „Am Donnerstag geht’s weiter“, sagt Möller. Immerhin hat er den Nichtschwimmerbereich bereits von den Schlingpflanzen befreit. Donnerstag will er den Schwimmbereich des Sees wasserpflanzenfrei mähen. „Das sollte dann erst mal für dieses Jahr reichen“, ist Möller überzeugt.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Mann aus Dithmarschen in Barmstedt Rettungshilfe leistet. Vor zwölf Jahren arbeitete Möller für ein Abbruchunternehmen, das die Sanierung der Albert-Schweitzer- und James-Krüss-Schulen erledigen sollte. Dabei wurden plötzlich die mit Asbest verseuchten Decken und Wände frei. Das Landesamt für Gesundheit und Arbeitsschutz in Itzehoe wurde eingeschaltet. Alle Abbrucharbeiten erfolgten unter strengsten Schutzvorkehrungen. „Wir wurden dafür sogar extra geschult“, erinnert sich Möller an diese Episode, dreht sich um und klettert wieder in sein Rasenmäherboot.