Kreis Pinneberg. Deutsche Lebensrettungsgesellschaft schlägt Alarm: Ein Drittel der Grundschulen im Kreis Pinneberg bietet keinen Schwimmunterricht an.
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) schlägt Alarm: Immer weniger Kinder lernen schwimmen. Aktuelle Untersuchungen für Schleswig-Holstein haben ergeben, dass beinahe 60 Prozent der Kinder am Ende der Grundschulzeit kein Jugendschwimmabzeichen besitzen. „Und somit keine sicheren Schwimmer sind“, wie DLRG-Landesgeschäftsführer Thies O. Wolfhagen sagt.
Tendenz weiter fallend. 2010 hatte noch etwa die Hälfte der Grundschüler ein Schwimmabzeichen. Heute hätten 20 Prozent noch nicht einmal das „Seepferdchen“, zu dessen minimalen Anforderungen gehört, von einem Beckenrand zum anderen schwimmen zu können, klagt Wolfhagen.
Das deckt sich mit den Beobachtungen im Kreis Pinneberg: „Es gibt immer mehr Kinder an den Schulen, die nicht schwimmen können“, sagt Olaf Schlegel, der Sport am Johannes-Brahms-Gymnasium in Pinneberg unterrichtet und zugleich der Schulsportbeauftragte für die 93 Schulen im Kreis Pinneberg ist.
An 15 der 45 Grundschulen im Kreis Pinneberg wird kein Schwimmunterricht mehr angeboten, teilt Christoph Helms vom Fachdienst Jugend der Kreisverwaltung dazu mit. Die Gründe dafür seien vielfältig. So fehle es in den sieben Schwimmbädern im Kreis Pinneberg oft an Hallenzeiten. Für einige Schulen seien aber auch die Wege dorthin zu weit, erklärt Helms. Und an manchen Schulen gebe es keine Lehrer mit Schwimmlehrer-Befähigung.
Zurzeit seien es kreisweit 190 Lehrkräfte, die über die entsprechende Ausbildung verfügten. Helms: „An Grundschulen ist das Fach Sport als sogenanntes Mangelfach eingestuft. Schon daraus lässt sich ableiten, dass es zu wenig Sport- und Schwimmlehrkräfte gibt.“
Hier gibt’s Kurse
Diese Aussagen spiegeln sich in den Grundschulen wider, in denen Training im Schwimmbecken nicht auf dem Stundenplan steht. So könnten die 146 Schüler der Grundschule Heidgraben keinen Schwimmunterricht erhalten, weil sie keine Hallenzeiten in der Jürgen-Frenzel-Schwimmhalle in Uetersen bekämen, sagt Schulleiterin Yella Schulz.
Für die 235 Schüler der Quickborner Waldschule im Stadtteil Heide sei einfach der Weg ins Freibad in der Innenstadt zu weit, erläutert Schulleiterin Corinna Blödorn. Allein für den Fahrtweg hin und zurück würde eine Schulstunde draufgehen. „Dafür reicht die Doppelstunde nicht aus.“
In Appen zahlt die Gemeinde den Schwimmunterricht
An der Erich-Kästner-Schule in Rellingen fehlt es für die 189 Grundschüler an Lehrern, die entsprechend qualifiziert sind, erklärt Schulleiter Torsten Biermann. „Das ist leider schon lange so. Ich würde es gern forcieren.“ Aber ohne die Ausbildung dürfte ein Lehrer keinen Schwimmunterricht geben.
Glück also für jene Schulen, in deren Nähe es ein Schwimmbad gibt, in dem auch Hallenzeiten zu bekommen sind. Oder wie für die Grundschule Appen, deren Schüler auf Kosten der Gemeinde im 14-tägigen Rhythmus zum Schwimmunterricht nach Pinneberg gefahren und wieder zurückgebracht werden, wie Schulleiterin Sylvia Martens erklärt. „Wir brauchen nichts zu bezahlen. Das übernimmt alles die Gemeinde.“
Wichtig sei auch das Engagement der Eltern und der Vereine, betonen die Schulleiter. Aber wenn Eltern ihre Kinder für Schwimmkurse anmelden möchten, brauchen sie oft einen langen Atem. „Die Wartezeit, um einen Schwimmkursus zu bekommen, beträgt zum Teil ein Jahr und länger“, sagt Gunda Bogdahn vom DLRG-Ortsverein Barmstedt. Jedes Jahr lernen bei ihr und ihren Mitstreitern 270 Kinder in 18 Anfängerkursen das Schwimmen. Aber: „Unser Angebot ist nicht groß genug“, sagt die DLRG-Vorsitzende. Landesweit wurden 2017 von den 100 DLRG-Ortsvereinen 2100 Seepferdchen-Prüfungen abgenommen.
Die Rettungsschwimmer-Organisation versucht gegenzusteuern, indem sie seit 2005 bereits Kindergartenkinder mit dem Element Wasser vertraut macht und lehrt, was die Kinder am Strand und am Baggersee unbedingt zu beachten haben. Zehn solcher Schulungen in Barmstedt und in den Gemeinden des Amtes Rantzau hat der DLRG-Ortsverein jetzt gerade wieder abgehalten. Mit vereinten Kräften haben die Kinder dort bei einer Trockenübung simuliert, wie sie gemeinsam einen ihrer Kameraden vor dem Ertrinken retten können.
Um sich einen Überblick über die Schwimmkompetenz im zu verschaffen, hat die DLRG eine Umfrage gestartet. Sie bittet alle Eltern von Grundschülern, teilzunehmen: www.sh.dlrg.de/schwimmen.