Appen. Rainer Adomat, Geschäftsführer des Gutes Schäferhof in Appen geht in den Ruhestand. Neue Aufgabe beim Kreisheimatverband.
Rainer Adomat hat einen Lebensweg voller Herausforderungen und unerwarteter Wendungen zurückgelegt: Vom Kind heimatvertriebener Ostpreußen und Lehramtsstudent ohne Aussicht auf Anstellung bis zum Geschäftsführer des Gutes Schäferhof in Appen, eine der wichtigsten sozialen Einrichtungen im Kreis, und zum Vorsitzenden des Kreisheimatverbandes. Die Auseinandersetzung mit Geschichte und der Einsatz für die Schwachen der Gesellschaft hat ihn auf diesem Weg immer begleitet. Jetzt geht Adomat in den Ruhestand – doch neue Aufgaben warten schon auf ihn.
„Die jüngere deutsche Geschichte war bei uns immer präsent“, erinnert er sich an seine Kindheit. „Es gab heiße Diskussionen.“ Die Eltern waren 1945 von der Memel in den Kreis Pinneberg geflohen, hatten in Kölln-Reisiek einen Bauernhof übernommen. „Sie wollten dazu gehören“, sagt Adomat. Es schlug den Flüchtlingen aber auch offene Ablehnung der Einheimischen entgegen. Das Geschichtsbewusstsein der Mutter war prägend, Rainer Adomat studierte in Hamburg Geschichte und Deutsch auf Lehramt, absolvierte auch sein Referendariat.
In den späten 1970er- und den 1980er-Jahren gab es aber nur für Einser-Absolventen eine Chance auf Aufnahme in den Staatsdienst. Er musste sich neu orientieren. Das jahrzehntelange SPD-Mitglied wollte sich für Menschen einsetzen, denen es nicht so gut geht und dabei das Studierte einsetzen: Er gab Deutsch-Unterricht für Flüchtlinge.
„Das war eine spannende Aufgabe, es hat sich so ergeben“, sagt er. Los ging es mit mehrmonatigen Arbeitsverträgen in Hamburg, durch Kontakt ging es dann zur Diakonie in Pinneberg in eine feste Anstellung. Auf dem Ilo-Gelände in Pinneberg wurden Flüchtlinge durch berufsvorbereitenden Maßnahmen fit für eine Ausbildung im Betrieb gemacht. Dazu gehört nicht nur der Deutschunterricht, sondern auch Hilfe bei der Bewerbung und im Umgang mit der deutschen Bürokratie sowie die Kontakte in die Betriebe.
Kinder der ersten Generation der damals sogenannten Gastarbeiterfamilien – vornehmlich junge Türken, Italiener und Spanier – gehörten zu den Schülern, und Adomat besuchte sie auch zu Hause. „Zum Teil erbärmliche Wohnsituationen“ hat er dabei erleben müssen. Der engagierte Sozialarbeiter übernahm schließlich die Leitung der Diakonie-Beratungsstelle für Ausländer, Flüchtlinge und Aussiedler in Pinneberg.
Zwischendurch hatte der heute
65-Jährige noch eine Ausbildung zum Tierwirt, Fachrichtung Geflügel, absolviert. Die Übernahme des elterlichen Hofes, auf dem er immer mitgeholfen hatte, stand zur Diskussion, wurde aber verworfen. Ganz von der heimischen Scholle ist Adomat nie weggekommen. Die Geflügelzucht wurde zwar verkauft, aber Adomat lebt mit seiner Frau nach wie vor und früher mit seinen beiden mittlerweile erwachsenen Kindern auf dem Hof seiner Eltern – und bewirtschaftet ihn im Nebenerwerb.
Im Jahr 2000 war Adomat nach Tapetenwechsel. Er bewarb sich erfolgreich auf die Geschäftsführerstelle der Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie. Auf dem Schäferhof finden Wohnungslose eine neue Heimat und Menschen, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben, einen Job. „Was da kam, war für mich anfangs gar nicht vorhersehbar“, erinnert er sich. Etwa als ein Kuhbauer, der Stallungen und Land vom Schäferhof gepachtet hatte, aufgrund der Milchkrise nicht mehr wollte.
Eine Neuausrichtung auf Erlebnis- und Erholungswirtschaft mit Reitbetrieb und Naturerlebnispfad war vonnöten, wobei die Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Pinneberg sich als sinnvoll erwies. Die Absicherung des Deponieberges war eine zeitraubende Aufgabe. In den vergangenen beiden Jahren arbeitete Adomat zusammen mit der Firma Dörner an dem Konzept Recycling Plus, mit dem der Betrieb zukunftssicher aufgestellt werden soll. „Ohne meine Mitarbeiter wäre es gar nicht möglich gewesen, alle diese Aufgaben neben dem alltäglichen Betrieb zu erledigen“, betont er.
Seit 2014 engagiert sich der Historiker im Vorstand des Kreisheimatverbandes, übernahm 2017 den Vorsitz. Das Jahrbuch des Vereins, das immerhin in Universitätsbibliotheken und dem Landesarchiv im Schleswig seinen Platz hat, will er vorsichtig modernisieren und so einem breiteren Publikum öffnen. Eine neue Aufgabe kommt den Heimatforschern demnächst in Barmstedt zu. Der Verband übernimmt das Museum der Grafschaft Rantzau. Auf einen Stamm von 15 Ehrenamtlern kann Adomat dabei bauen. „Auf diese Aufgabe freuen wir uns sehr“, sagt der Unermüdliche.