Appen. Im Adventskalender geht es heute um die wohltätige Einrichtung in Appen, die Menschen in Not vorübergehend Schutz bietet.

Jeden Erscheinungstag bis Weihnachten drucken wir ein Stück Weihnachtsgeschichte (nach dem Lukas-Evangelium) und lassen uns vom Text – oft ein bisschen um die Ecke gedacht – zu interessanten Gesprächspartnern leiten. Die öffnen uns ihre Türen, erzählen aus ihrem Leben und berichten, was sie mit Weihnachten verbinden.

Und sie gebar...

... ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden... Fortsetzung folgt

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Der Hirte wacht über seine Schützlinge mit Leib und Seele. In der Weihnachtsgeschichte nehmen die Hüter eine besondere Rolle ein. Sie sind es, die zuerst die Nachricht von der Geburt Jesu Christi empfangen. Rainer Adomat trägt zwar keinen Hirtenstab und hat auch keine Herde, auf die er aufpasst. Aber dafür kümmert er sich täglich um bedürftige Menschen, die er mit einem Dach über dem Kopf und Essen versorgt. Rainer Adomat arbeitet auf dem Schäferhof in Appen.

Das Ziel: Die Bewohner werden wieder auf Dauer sesshaft

Dort, auf der großzügigen Anlage, gibt es 52 Heimplätze für Menschen, die keine Wohnung haben und gezwungen sind, auf der Straße zu leben. Für Menschen, die besondere Unterstützung brauchen, weil sie selbst aus ihrer schwierigen Lebenslage nicht mehr herausfinden. Für Menschen, die süchtig sind. Die Mitarbeiter des Schäferhofs kümmern sich um die Menschen in ihrem Umfeld, so wie Hirten sich um ihre Tiere sorgen.

„Wir bieten ein sozialpädagogische Betreuung, Beschäftigung und Tagesstruktur. Und eine Unterkunft“, sagt Rainer Adomat, geschäftsführender Vorstand der Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie, die den Schäferhof betreibt. „Unser Ziel ist es, dass die Leute dauerhaft von der Straße kommen.“ Dafür wird für die bedürftigen Menschen ein Plan aufgestellt. Probleme werden gemeinsam angepackt, egal, ob es dabei um die Gesundheit oder um Schulden geht. „Wir entwickeln Perspektiven“, sagt Adomat. „Und wir schaffen Zugang zum Arbeitsmarkt.“

Einer, der vor kurzer Zeit auf den Schäferhof gelandet ist, ist Alexander Moser. Der 34-Jährige ist seit 2004 obdachlos. Ursprünglich kommt Moser aus Sachsen-Anhalt. mit 21 Jahren kam er nach Hamburg. Seitdem tingelt er von Job zu Job, lebt immer mal wieder auf der Straße. „Mir wird hier geholfen, eine feste Arbeit zu finden und sesshaft zu werden“, sagt der 34-Jährige. „Ich bin froh, dass ich hier her kann, wenn alle Stricke reißen.“

Alexander Moser war Weihnachten nie wichtig. „Wenn man allein ist, ist Weihnachten wie jeder anderer Tag“, sagt er. Doch das ändert sich jetzt. Auf dem Schäferhof wird Weihnachten nämlich groß gefeiert. Hier muss niemand die Feiertage allein verbringen. „Wir zelebrieren die Festtage richtig“, sagt Rainer Adomat.

Der Hof ist weihnachtlich geschmückt, im Haupthaus hängt ein großer Adventskranz an der Decke. Heiligabend wird auf dem Schäferhof wie bei einer richtigen Familie gefeiert – inklusive Bescherung und Festessen. Dann werden die Tische im großen Speisesaal festlich gedeckt, dann wird der Tannenbaum aufgestellt. Jeder Bewohner darf sich auch eine Kleinigkeit wünschen. Oft bekommt die Einrichtung Geschenke von ehrenamtlichen Helfern gespendet.

Seitdem Rainer Adomat auf dem Schäferhof tätig ist, verbringt er Heiligabend immer mit den Bewohnern zusammen. Seine Frau nimmt er mit zur Feier. Um 17 Uhr wird gegessen, dann werden die Geschenke verteilt, und anschließend liest Adomat eine Geschichte vor. „Das hat hier immer einen familiären Touch“, sagt der Vorsitzender. „Ich empfinde das nicht als Belastung.“ Und: „Als christliche Einrichtung wollen wir nach unseren Wurzeln suchen und integrieren Feste in das Jahresgeschehen. Weihnachten hat für uns eine besondere Bedeutung.“