Rellingen. Serie vor der Kommunalwahl: Die Gemeinde steht vor Millioneninvestitionen in die Bildung. Aber günstiger Wohnraum ist knapp.
Solide Finanzen. Ein Ortskern mit Wiedererkennungswert. Maßvolle Wohnbebauung. Aber auch ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Dafür steht Rellingen. Und für einen seit Jahrzehnten von der CDU dominierten Gemeinderat.
Rellingen ist traditionell schwarz. 2013 „lederten“ die Christdemokraten ihre Konkurrenz geradezu ab, gewannen sämtliche zwölf Direktmandate. Im Gemeinderat sind sie seither nicht auf Partner angewiesen, können ihre Projekte durchziehen. Dass sich an der christdemokratischen Machtfülle etwas ändert – wichtigstes Ziel von Grünen und SPD. Wir das funktionieren soll? Mit neuem, frischem Personal.
Die Sozialdemokraten etwa reagierten auf eine Nachwuchskrise, die 2016 existenzielle Formen angenommen hatte. Zeitweise mussten sie damals fürchten, nicht alle Wahlkreise besetzen zu können. Doch ein Kraftakt der Parteispitze zeigte Erfolg. Neue Mitglieder wurden geworben. „Wir kämpfen mit jungen Frauen im Team nun für ein besseres Rellingen“, sagt Spitzenkandidat Christian Zimmermann.
In der Tat findet sich mit der 1987 geborenen Janina Geercken schon auf dem zweiten Listenplatz der SPD eine Nachwuchspolitikerin. Es sei an der Zeit, dem „Rentnerparadies“ Rellingen ein neues Image zu verpassen, sagt Zimmermann. Junge Familien bräuchten bezahlbaren, öffentlich geförderten Wohnraum. Zudem wollen sich die Sozialdemokraten für niedrigere Kita-Gebühren einsetzen. Weitere Ziele der SPD sind Jugendarbeit im Ortskern der Gemeinde, konsequenter Ausbau der Schulen, die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge und die Umsetzung neuer Strategien, um dem Verkehrskollaps im Ort zu begegnen.
Die Spitzenkandidaten der Parteien für Rellingen
Die Christdemokraten dürften den Wahltermin angesichts vergangener Erfolge gelassen erwarten. „Wir haben in den vergangenen fünf Jahren viel für unsere Gemeinde erreicht“, lässt sich Spitzenkandidat Steffen Böhm-Rupprecht zitieren. Seine Partei habe es ebenfalls geschafft, neben bewährtem Personal auch jüngere Kandidaten für die Kandidatur bei der Kommunalwahl zu motivieren. Verdiente Urgesteine wie der langjährige Bauausschussvorsitzende Eckhard Schlesselmann und der bisherige Bürgervorsteher Henry Behrmann tauchen nicht mehr auf der CDU-Liste auf.
Thematisch setzen die Konservativen auf die bereits begonnenen Modernisierung der Schulstandorte, zu der der Ausbau von Bewegungsangeboten und die digitale Ausstattung gehörten. Im Kitabereich stehen die Schaffung weiterer Krippenplätze und der Bau eines neuen Kindergartens ganz oben auf der Agenda. Sobald es die Finanzen zulassen, wollen die Christdemokraten einen Kunstrasenplatz.
Der bereits beschlossene Umzug der Sozialstation sei Gelegenheit, die Bücherei in frei werdende Räume am Appelkamp ziehen zu lassen. Für die CDU ist senioren- und behindertengerechter Wohnungsbau zentrales Anliegen. Ältere Menschen seien eine Stütze der Gesellschaft. Der Ausbau des Verkehrsknotenpunkts Tangstedter Chaussee/Hauptstraße ist in der Partei gewollt.
Die Grünen, die von Newcomerin Anja Keller als Spitzenkandidatin angeführt werden, setzen sich für „bezahlbaren Wohnraum im Einklang mit Umwelt und Natur“ ein. Sie wollen zudem Digitalisierung vor Ort und im Rathaus voranbringen, die Beteiligung der Bürger durch neue Veranstaltungskonzepte anregen und die Jugendarbeit ausbauen. Zudem gelte es, die Integration von Flüchtlingen zu fördern, Gleichstellungs- und Familienarbeit müsse in Rellingen aufgestockt und gesichert werden.
CDU ist in allen zwölf Wahlkreisen „Titelverteidiger“
Die FDP will unter Führung von Spitzenkandidat Klaus Einfeldt die Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen voranbringen, Radwege sanieren und ausbauen sowie mehr Gewerbe ansiedeln. Straßenausbaubeiträge wollen die Freidemokraten abschaffen. Den Neubau einer Kindertagesstätte begrüßt die FDP, die Brüder-Grimm- und Caspar-Voght-Schule „mit modernster Technik ausstatten“ will. Das Projekt Kunstrasenplatz haben sich auch die Liberalen in ihr Wahlprogramm geschrieben, auf Hallennutzungsgebühren wollen sie in Rellingen verzichten.
Im Fokus wird in Rellingen fraglos erst mal der Ausbau der Schullandschaft stehen. Allein an der Caspar-Voght-Schule im Ortsteil Egenbüttel werden voraussichtlich um die 15 Millionen Euro investiert. 2020 soll die Schule, an der es neuerdings auch eine Oberstufe gibt, modernisiert sein. Der neu gewählte Gemeinderat wird die weitere Bauplanung nebst Gestaltung der Außenanlagen zu begleiten haben.
Größter Knackpunkt in den heißen Wochen des Wahlkampfes dürfte die Frage nach bezahlbarem Wohnraum sein. Schon in den vergangenen Monaten kochte das Thema immer wieder hoch. SPD und Grüne machten sich für öffentlich geförderten Bau stark. Die Christdemokraten wollen den städtebaulichen Charakter der Gemeinde erhalten und verhindern, dass es zu Gettobildung kommt. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen – ein Problem, das Rellingen mit dem direkten Nachbarn Halstenbek eint.