Tornesch. Vor der Kommunalwahl: Parteien in Tornesch müssen sich den Infrastrukturproblemen widmen. Grüne wollen erneut in den Stadtrat.

Die Kommunalwahl in Tornesch steht in diesem Jahr besonders im Fokus der Öffentlichkeit. Denn die knapp 10.760 wahlberechtigten Tornescher werden am 6. Mai gleichzeitig einen neuen Bürgermeister wählen. Und dieser wird erstmals seit mehr als 30 Jahren nicht Roland Krügel heißen, denn der langjährige Verwaltungschef tritt nicht noch einmal an.

Die Bürger müssen sich entscheiden, ob die parteilose Amtsleiterin Sabine Kählert, die parteilose Maike Münster oder CDU-Kandidat Bernhard Janz die Nachfolge antreten sollen. Zudem wird der Stadtrat gewählt und die Grünen, die eine Legislaturperiode pausiert haben, wollen wieder zurück in den Stadtrat. Die Machtverhältnisse könnten sich daher ändern.

Themen, die Bürger und Parteien beschäftigen werden, sind klar umrissen. Die Politiker kämpfen gegen einen drohenden Verkehrskollaps. Das betrifft sowohl eine verkehrliche Umgestaltung des Stadtzentrums als auch den Bau von Entlastungsstraßen.

Torneschs infrastruktur stößt an Grenzen

Große Hoffnungen werden auf den von CDU und SPD als überfällig angesehenen Bau der Kreisstraße 22 nach Uetersen gesetzt. Dies auch deshalb, weil Tornesch wächst und die Infrastruktur aufgrund der Neubürger an ihre Grenzen stößt. Daher werden eine bessere Bahntaktung nach Hamburg, eine Bahnverbindung, Shuttlebusse und ein übergreifendes Radwegekonzept zwischen Tornesch und Uetersen im Fokus stehen. Eine Besonderheit gibt es: Die FDP sieht die K 22 als überholt an und fordert eine „echte Umgehungsstraße“. Eine Neuplanung würde allerdings Jahrzehnte dauern und keine kurzfristige Hilfe darstellen.

Bei der Gestaltung der Innenstadt wollen die Parteien den begonnenen Weg weitgehend fortsetzen, der heißt Verdichtung, Neubau und einheitliche bauliche Gestaltung der Flächen. Umstritten ist dabei nach wie vor das Thema Rathausneubau. Die SPD sieht die Diskussion nicht als beendet an, die Notsanierung des derzeitigen Verwaltungsgebäudes stelle lediglich eine Übergangslösung dar. Ob ein Neubau, dessen Kosten bei mindestens neun Millionen Euro lägen, überhaupt machbar sein wird, hängt insbesondere von den Finanzen der Stadt ab.

Einsparungen sehen alle Parteien als notwendig an

Nach Jahren sprudelnder Einnahmen ist der Finanzhaushalt aufgrund von Änderungen im Finanzausgleichssystem des Landes in der jüngeren Vergangenheit von Defiziten geprägt. 2017 standen fast 1,8 Millionen Euro Minus zu Buche. Hinzu kommen Schulden von rund 21 Millionen Euro, die teils aus der Vorfinanzierung von Investitionen in Gebäuden und der Erschließung von Baugebieten herrühren. Alle Parteien, insbesondere die FDP, sehen einen Sparzwang. Doch wo gespart werden kann, ist umstritten.

SPD hat seit 2013 eine absolute Mehrheit

Die SPD hat mit zwölf Sitzen die absolute Mehrheit im Stadtrat. Die CDU kommt auf neun Sitze, die FDP auf zwei.

Die SPD hatte mit dem Nichtantritt der Grünen zur Kommunalwahl 2013 die absolute Mehrheit im Stadtrat gewonnen. Die hat sie mehrfach genutzt, um Beschlüsse im Alleingang durchzusetzen, hat aber auch vielfach den Konsens mit CDU und FDP gesucht.

Gemeinsame Beschlüsse zum Wohl der Stadt sind von allen Fraktionen getragen worden. Die FDP hatte 2013 starke Stimmenverluste hinnehmen müssen und ist infolge dessen oft, je nach thematischen Überschneidungen, Kooperationen mit CDU oder SPD eingegangen.

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Die Vorschläge der Union, etwa Dienstleistungen zu privatisieren, stießen bei der SPD um Parteichef Manfred Mörker und der scheidenden Fraktionschefin Verena Fischer-Neumann auf harte Kritik und wurden abgeschmettert, um ein Lohndumping zu verhindern. Zugleich hat die Union wiederholt die Erhöhung der Grundsteuern, wie sie von der SPD zuletzt 2016 vorgenommen worden ist, um das Defizit zu senken, harsch kritisiert. Eine Steuererhöhung sei nicht drin und müsse zurückgenommen werden.

Gewerbepark soll Finanzlage verbessern

Die Liberalen hatten angesichts der Finanzlage eine „Schuldenbremse“ mit Schuldenabbauplan und Mindestinvestitionsquote vorgeschlagen, standen damit aber alleine im Rat, denn die anderen Parteien sehen durch diese Pläne die Handlungsfähigkeit der Stadt zumindest beeinträchtigt. Immerhin: Alle Ratsparteien, SPD, CDU und FDP, hoffen, dass die Entwicklung des Gewerbeparks Oha II die städtischen Finanzen wieder in bessere Bahnen lenken wird. Dafür wird es nötig sein, das Areal zügig zu erschließen und die umliegende Infrastruktur instand zu halten. Straßen- und Radwegebauprogramme und eine gute Internetanbindung sind hierfür notwendig.

Für die Parteien wird künftig die Frage nach der strukturellen Entwicklung Torneschs von großer Bedeutung sein. Investitionen in Kitas und Schulen, die SPD und FDP als ebenso unabdingbar ansehen wie altersgerechte Wohnungen, werden die nächsten Jahre prägen. Hier wird die Stadt einmal mehr Millionen Euro investieren müssen. Woher das Geld dafür kommen soll, weiß angesichts der Finanzlage derzeit noch niemand. Viele Hoffnungen werden in Förderprogramme von Bund und Land gesetzt.

Das sind die Spitzenkandidaten

Das sind die Spitzenkandidaten der vier Parteien, die in Tornesch zur Kommunalwahl antreten:

SPD: Manfred Mörker (63), Rentner, Jurist. Mörker ist SPD-Vorsitzender seit 2010, schon seit 2004 ist er Ratsherr. Er gehört außerdem dem Aufsichtsrat der Stadtwerke Tornesch an, ist Mitglied im Rechts- und Verfassungsausschuss des Städtebunds Schleswig-Holstein.

CDU: Christopher Radon (41), kaufmännischer Angestellter. Radon führt die CDU-Fraktion seit 2009, ein Jahr zuvor ist er Ratsherr geworden, Außerdem bekleidet Radon das Amt des Zweiten Stellvertretenden Bürgermeisters.

FDP: Gunnar Werner (51), Handwerksmeister der Feinmechanik. Werner hat seine Ämter erst seit der letzten Kommunalwahl, aber das sind gleich drei an der Zahl: Ratsherr und FDP-Fraktionschef in Tornesch, außerdem Kreistagsabgeordneter.

Grüne: Ann Christin Hahn (28), Unternehmerin, Wirtschaftsingenieurin. Die Jüngste unter den Kandidaten ist Newcomerin, hat bislang keine politische Erfahrung.

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Politische Landschaft könnte wieder bunter werden

Vielleicht wird es neue Ideen in der Finanzpolitik geben, sollten die Grünen wieder in das Rathaus einziehen. Die runderneuerte Partei will da weitermachen, wo sie einst aufgehört hatte – bei mehr als 20 Prozent Wählerstimmen. Der Einfluss der Grünen könnte, wenn man der Aufbruchstimmung glauben mag, wieder gewichtig werden und damit die politische Landschaft bunter werden lassen. Aber auch sie werden mit alten Problemen zu tun haben und nicht das Rad neu erfinden können. Die K 22-Situation ist zumindest von Kreis und Land abhängig.

Im Bürgermeisteramt wird es trotz eines Neubeginns keine großen Veränderungen geben können, obwohl sich die Kandidaten viele eigene Themen auf ihre Agenda gesetzt haben. Sabine Kählert ist in Tornesch als besonnene Amtsleiterin bekannt, sie würde und könnte nahtlos viele Projekte der Ära Krügel weiter- beziehungsweise zu Ende führen. CDU-Kandidat Bernhard Janz und Maike Münster (parteilos) werden die Projekte der Ära Krügel im Falle eines Wahlsieges ebenfalls fortsetzen müssen, ob sie nun wollen oder nicht. Denn finanziellen Spielraum für eine alternative Politik gibt zur Zeit nicht.