Wedel . Verkehrsminister spricht sich für Gipfeltreffen in Kiel mit allen Beteiligten aus und sieht gute Chancen auf Realisierung.

Na hoppla. Es sind ganz ungewohnte und überraschende Töne, die der neue Wirtschafts- und Verkehrsminister in Kiel, Bernd Buchholz, da nun anschlägt. Denn der Liberale hat bei einem Besuch in Wedel deutlich gemacht, dass er gute Realisierungschancen für die seit Jahrzehnten geplante Umfahrungsstraße im Norden Wedels sieht. Allerdings nur „wenn die Stadt ihre Hausaufgaben macht“, wie Buchholz gegenüber dem Hamburger Abendblatt sagte. Darunter versteht der Verkehrsminister eine klare politische Botschaft. Sprich: Wedels Fraktionen müssen sich eindeutig zum Bau der Nordumfahrung bekennen sowie Geld für erste Vorplanungen bereitstellen.

Zuletzt hatte sich eine Mehrheit in der Ratsversammlung gegen die Bereitstellung von Geld für die Planung in Höhe von 1,1 Millionen Euro ausgesprochen, weil die Politiker unter anderem die Realisierungschance als schlecht einstuften. Kein Wunder: Denn bislang waren die Botschaften, die Wedel aus Kiel und Berlin in diesem Punkt erreichten, auch wirklich nicht vielversprechend. Buchholz’ Vorgänger im Amt, Reinhard Meyer (SPD), hatte 2015 bei seinem Besuch den Wedelern wenig Hoffnung gemacht. Um die durch den Verkehrlärm betroffenen Anwohner in der Altstadt zu entlasten, versprach er die Prüfung einer Tempo-30-Zone, die später auch umgesetzt wurde. Und auch die frühere Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms aus Wedel, Verkehrsexpertin der Grünen-Fraktion, betonte mehrfach, dass die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung mehr als gering sei.

Projekt fehlt höchste Priorität im Bundesverkehrswegeplan

Grund dafür: Die Nordumfahrung steht zwar seit Jahren im Bundesverkehrswegeplan – auch in der aktualisierten Variante. Mit geschätzten Kosten von 27,4 Millionen Euro findet sich das Verkehrsprojekt „Verlegung B 431 in der Ortslage Wedel“ sogar unter der Kategorie „Vordringlicher Bedarf“. Allerdings gibt es seit der überarbeiteten Version des Papiers noch eine weitere, dringlichere Kategorie: E. E steht für Engpassbeseitigung. Und dieses E-Siegel hat Wedels Nordumfahrung nicht erhalten. Dementsprechend schätzten Wilms und andere Politiker die Chance auf eine nötige Finanzspitze aus Berlin für das Millionen-Projekt eben auch als so gering ein.

Buchholz sieht das anders. Seinen Informationen nach wäre das Geld für die vordringlichen Projekte im Bundesverkehrswegeplan da und aus Sicht des Bundes auch bis 2030 umsetzbar. Allerdings unter der Bedingung, dass die Planungen auch fertig sind. Dafür braucht Wedel auch die Unterstützung der Landesregierung, um das Projekt dann zur Bundesförderung anmelden zu können. Doch viele Gemeinden und Städte wenden sich mit Projekten ans Kieler Verkehrsministeriums. „Wir haben nur die Planungskapazitäten“, sagt Buchholz. „Niemand in Kiel wird sich aber für die Nordumfahrung stark machen und das Projekt mit höherer Priorität als bisher behandeln, wenn der Wedeler Wille nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht wird.“ Sprich: Sind sich in Wedel die Politiker nicht einig und setzen keine deutlichen Signale, rührt man im Kieler Verkehrsministerium auch keinen Finger für das Projekt.

Wie es kommt, dass bislang die Einschätzungen in Sachen Realisierungschance der Nordumfahrung so anders lauteten, vermag Buchholz nicht zu sagen. Allerdings möchte er nun alle auf einen Stand bringen und schlägt ein Gipfeltreffen in Kiel vor – und zwar mit Vertretern der Fraktionen, Wedels Stadtverwaltung und seinen Fachleuten. Von dem Treffen versprechen sich Buchholz und Wedels Liberale einen Impuls zur Umsetzung des Großprojekts und Wedeler Dauerthemas.

Nordumfahrung

Die Umgehungsstraße soll nach derzeitigen Plänen durchs Autal, die Pinneberger Straße kreuzend über eine neue Erschließungsstraße am geplanten Baugebiet Nord entlang und dann auf die Holmer Straße führen.

Ein Knackpunkt: die dafür nötige S-Bahnbrücke oder Untertunnelung im Autal.

Neuen Schwung in die Debatte brachte die Planung des großen Wohnbaugebiets im Norden der Stadt.

Die Idee ist es, die nötige Erschließungsstraße so weit auszubauen, dass sie den Beginn der Nordumfahrung darstellen könnte. (krk)

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Und dafür stehen die Chancen dann tatsächlich nicht schlecht. Denn die Idee ist es, sich während des Treffens auf eine gemeinsame Planung und die nächsten Schritte zu verständigen. Einen Tipp hat Buchholz schon jetzt parat: „Der Prozess ließe sich beschleunigen, wenn Wedel in Vorleistung geht“, sagt Buchholz mit Blick auf die angespannte Personalsituation im Schleswig-Holsteins Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr. Dem fehlen die Planungsexperten. Zwar werden laufend neue eingestellt, aber der Bedarf ist weiterhin groß.

Würde Wedel Leistungen übernehmen, könnte das Ganze deutlich schneller gehen. Dafür ist Bernd Buchholz auch bereit, der Stadt einen Teil der Kosten zu erstatten – und dabei über die üblichen neun Prozent hinauszugehen, wie er im Abendblatt-Gespräch in Aussicht stellt.

Bei Wedels Bürgermeister Niels Schmidt kommt der Vorschlag eines Gipfeltreffens gut an. Er erhofft sich davon, „dass mit Unterstützung des Ministeriums der dicke Knoten durchgehauen oder zumindest entwirrt werden kann“. Schmidt dazu: „Wir brauchen die Straße dringend für die künftige Stadtentwicklung.“

Seit den 50er-Jahren plant Wedel teilweise auch in Zusammenarbeit mit Hamburg an einer neuen Verkehrstrasse, die das Stadtzentrum und Teile Rissens entlasten sollen. Dabei wechselten Pläne und Mehrheiten, mal sprach man sich dafür aus, die viel befahrene Bundesstraße 431 auf einer Südumfahrung um den Ort zu leiten, dann sollte der Verkehr über eine nördliche Route geführt werden. Letztlich blieb alles beim Alten. Die Blechkarawanen rollten zunehmend durch die Stadt, was zu Protesten zahlreicher Bürger und der Gründung von Initiativen führte.