Kreis Pinneberg. Vor der Kommunalwahl: Parteien im Kreistag wollen Elektromobilität, sozialen Wohnungsbau und Integration von Migranten fördern.
Der künftige Kreistag, der am 6. Mai mit der zweiten Stimme bei der Kommunalwahl gewählt wird, verspricht ähnlich bunt zu werden wie der aktuelle, dem sechs Parteien und eine Wählergemeinschaft angehören. Die gut 250.000 Wahlberechtigten im Kreis Pinneberg haben diesmal die Wahl zwischen acht Parteien und Gruppierungen, von denen bis auf den SSW (der nur auf Helgoland antritt) vermutlich alle in den Kreistag einziehen dürften. Denn eine Fünf-Prozent-Klausel gibt es bei der Kommunalwahl nicht.
Die vergangenen fünf Jahre waren im Kreis Pinneberg vor allem von wichtigen Investitionen geprägt, die wegen des defizitären Haushalts nur mit großen Kraftanstrengungen realisiert werden konnten. So wurde die Rettungsleitstelle in Elmshorn für 22 Millionen Euro neu gebaut, die in diesem Jahr fertiggestellt sein wird. Die Kreisberufsschule in Pinneberg ist mit 25 Millionen Euro erneuert, die Kreisfeuerwehrzentrale in Tornesch für 13 Millionen Euro modernisiert worden.
Durch diese „Zukunftsinvestitionen“ stieg die Verschuldung des Kreises zwar um weitere 34 Millionen auf 94 Millionen Euro an. Zugleich konnte aber wegen der sprudelnden Steuereinnahmen und des Konsolidierungsfonds des Landes das jährliche Haushaltsdefizit von 22 Millionen Euro komplett abgebaut werden. 2017 schloss der Kreis-Etat sogar wieder mit einem Überschuss von zwölf Millionen Euro ab.
Ampelkoalition bestimmt mit knapper Mehrheit
Kommunen dürften fordern, die Kreisumlage zu senken
Diese verbesserte Finanzsituation weckt bereits Begehrlichkeiten in den Städten und Gemeinden, die Kreisumlage – die höchste in Schleswig-Holstein – wieder zu senken. Der künftige Kreistag wird sich kaum dagegen sperren können. Auch wenn die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP, die auch weiterhin die Mehrheit stellen könnte, mit gezielten Zuschüssen für Kita-Neubau, Sozialstaffel und verbesserten Busverkehr diese Forderungen aus den Kommunen und der CDU bisher noch abwehren konnte.
Der FDP-Kreisvorsitzende Günther Hildebrand, der als Bürgermeister in Ellerbek und Vorsteher des Amtes Pinnau auch die Gemeindesicht im Blick hat, sieht jedenfalls Spielraum dafür. Dies könnte zu einem ersten Riss im Ampelbündnis führen, das jetzt vier Jahre lang die Pinneberger Kreispolitik bestimmt hat.
Die zurzeit im Kreistag vertretenen Parteien haben jede Menge Ideen, wie der Kreis Pinneberg seine übergeordnete Aufgabe als Unterstützer der Infrastruktur in den Städten und Gemeinden bis 2023 erfüllen sollte. Da will die CDU insbesondere die maroden Kreisstraßen sanieren lassen. Die SPD möchte die freien Träger, die von der Suchtberatung bis zur Gewaltprävention vielseitige Sozialarbeit leisten, endlich wieder besserstellen. „Das gilt auch für den Kreisjugendring“, sagt Fraktionschef Hannes Birke.
Alle Folgen
Die Grünen gehen davon aus, dass die in der Vergangenheit beschlossenen Konzepte für die Integration der Migranten und der Behinderten nun Schritt für Schritt umgesetzt werden müssten. Die Linke will die Altenpflege verbessern.
Die thematischen Schwerpunkte der Kreispolitik dürften aber auf zwei anderen Problemfeldern liegen: dem Mangel an preiswertem Wohnraum und der Forcierung der Elektromobilität. So hat der Vorstand der Neuen GeWoGe, Kai Lorenz, die selbst 2200 Wohnungen im Kreis unterhält, jüngst davor gewarnt, dass wegen des weiter wachsenden Kreises bis 2030 rund 20.000 neue Wohnungen fehlten. Dazu sagt CDU-Fraktionschefin Heike Beukelmann: „Wir brauchen ein kreisweites Förderprogramm, um das Wohnraumangebot vor allem für ältere Menschen und sozial Benachteiligte zu erhöhen.“ Allerdings hat der Kreis keine eigene Wohnungsbaugesellschaft mehr, die diese Aufgabe direkt übernehmen könnte.
Auch die Elektromobilität, die mit den sehr bald drohenden Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in Hamburg an Dramatik gewinnt, wird Fahrt aufnahmen. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft WEP ist gerade dabei, Schnellladestationen für E-Fahrzeuge zu planen. Und der kreiseigene Busverkehrsbetrieb KViP, der seit Dezember mit dem Stadtverkehr in Elmshorn neue Aufgaben erhalten hat, soll hierbei als Vorbild vorangehen, kündigt SPD-Fraktionschef Hannes Birke an. „Das Ziel muss sein, dass alle Busse der Kreisverkehrsgesellschaft mit Elektromotoren fahren.“
Das Spitzenpersonal der Parteien für die Kreistagswahl
Einen solchen emissionsfreien Omnibus hatte die KViP bereits 2012 aus China importiert und als bundesweit erste Busgesellschaft auf einigen Buslinien eingesetzt. Dafür wurde der inzwischen pensionierte KViP-Chef Hans-Jürgen Lamla 2014 mit dem bundesweiten E-Bus-Award in Köln ausgezeichnet. Doch dieser E-Bus war damals noch recht reparaturanfällig und wurde wieder aussortiert.
Das hat sich inzwischen geändert. Einen ersten, geförderten E-Bus hat die KViP bereits bestellt. Ein zweiter Förderantrag für eine Photovoltaikanlage mit Pufferbatterie für den Betriebshof in Uetersen ist gestellt worden.
Geduld werden aber wohl weiterhin die Befürworter des Ausbaus der Kreisstraße 22 zwischen Uetersen und Tornesch haben müssen. Dieses 30-Millionen-Euro-Projekt werde der Kreis erst anfassen, wenn der immer noch nicht vorliegende Planfeststellungsbeschluss des Landes ohne Klagen rechtsverbindlich gültig ist., heißt es aus den Reihen der jetzigen Ampelkoalition.