Kreis Pinneberg. In den Regalen des Magazins im Kreishaus lagern Unterlagen und Akten der Verwaltung, aber auch historische Dokumente.
Pinneberg ist der Hochseeinsel Helgoland ganz nah – denn die gehört zum Verwaltungsbereich des Kreises Pinneberg. „Als die Insel nach dem Zweiten Weltkrieg wieder bewohnt wurde, machte das für Helgoland eine Verwaltungsstruktur nötig“, berichtet Kai Wittig, Leiter des Kreisarchivs in Elmshorn.
Da die Schiffe des Seebäderdienstes in Altona anlegten und von dort eine Bahnverbindung nach Pinneberg existierte, wurde die Hochseeinsel der dortigen Verwaltung zugeordnet, weil sie für die Helgoländer am verkehrsgünstigsten lag. Allerdings ist das alte Helgoländer Schriftgut weitgehend im Bombenhagel zerstört worden.
Ein Atlas von 1652 zeigt den Zuschnitt der Halligen
„Das Interesse an Helgoland ist groß“, hat Wittig festgestellt, „wir bekommen Anfragen aus aller Welt.“ Denn das Kreisarchiv Pinneberg verfügt über eine überwiegend norddeutsche Bibliothek, die schon vor 70 Jahren begonnen wurde und in der auch viele Bücher über Helgoland stehen. „Wir haben unter anderem eine maschinengeschriebene Chronik von Helgoland im Bestand, von der es nur zwei oder drei Exemplare gibt“, sagt Wittig. Auch viel Literatur zum Kreis steht in den Regalen, ergänzt durch Karten, die den Zuschnitt der Grundstücke im Helgoländer Oberland zeigen.
„Eine Besonderheit im Bestand ist der Atlas von Casper Dankwerth von 1652, der beispielsweise abbildet, wie der Zuschnitt der Halligen im 17. Jahrhundert war, also vor den späteren Sturmfluten.“ Stolz ist Wittig auch auf die Kollauer Chronik, Band eins und zwei – der dritte fehlt in der Sammlung noch. Sie ist Teil einer umfangreichen Chroniksammlung von vielen Orten aus dem Kreis Pinneberg, die zur Archiv-Bücherei gehört.
Der überwiegende Bestand im Magazin sind allerdings Verwaltungsunterlagen wie Ausschuss- und Sitzungsprotokolle oder Fachbereichsschrifttum. Kernaufgabe der Kreisarchive ist das Sichten, Bewerten und Bewahren relevanter Unterlagen aus der Verwaltung. „Das Kreisarchiv Pinneberg gehört zu den neuzeitlichen Archiven“, sagt Wittig. „Die Grundlage für die Entstehung des Kreisarchivs war ein Kreistagsbeschluss von 1983.“
Nachdem das Konzept fertig war, wurde 1985 mit dem Aufbau des Kreisarchivs begonnen. Die archivwürdigen Unterlagen der Kreisverwaltung Pinneberg bis 1950 befinden sich im Landesarchiv in Schleswig, ab diesem Zeitpunkt werden sie im Kreisarchiv aufbewahrt.
„Bei uns wird prinzipiell behördliches Verwaltungsschriftgut gesammelt, wenn es sinnvoll ist, es für die Nachwelt aufzuheben“, erläutert Wittig. Dazu gehören beispielsweise Unterlagen vom Fachdienst Umwelt, in dem die Baum-Denkmäler im Kreis festgelegt sind, oder Akten zur Jugendbetreuung.
Alles, was kreisweit Bedeutung hat, wird archiviert. Wittig hat die Aufgabe, die Akten, die ausgesondert werden, zu prüfen und bei Bedarf in den Archivbestand einzufügen. Über ein Stichprobensystem wird sichergestellt, dass dem Archivar nichts entgeht. „Nicht alle Unterlagen können sofort archiviert werden“, sagt er, „aber in der EDV werden sie verzeichnet, sodass man alles über die Stichwortsuche finden kann.“
Wittig ist seit 1999 Herr im Pinneberger Kreisarchiv. „Wir haben beispielsweise eine Paraphensammlung für das Archiv“, erzählt er. Paraphen sind die Kürzel, mit denen Schriftstücke als „gelesen“ markiert wurden. „Heute weiß aber keiner mehr, wer früher mit welchem Kürzel unterschrieben hat. Die Paraphensammlung erlaubt bis heute die Zuordnung der Kürzel auf den Dokumenten zu den Personen.“
Weitere Besonderheit im Archiv ist die Sammlung von Verkündungsblättern aus dem Kreisgebiet seit dem 19. Jahrhundert. „Verkündungsblätter sind Gesetzesvorgaben, die die Grundlage für das Handeln von Behörden sind und die insbesondere bei Rechtsstreitigkeiten von Bedeutung sind“, erklärt der Fachmann. Im Kreisarchiv liegen sie vollständig vor und werden weiterhin aktualisiert. Ergänzt werden die Archivmaterialien mit einer Plakatsammlung, die Kai Wittig angelegt hat und die beispielsweise die Kulturarbeit des Kulturzentrums „Pinneberger Drostei“ dokumentiert.
Ein Archiv ist eine Generationenaufgabe
Zusätzlich sammelt Wittig alte Stadtpläne, die weit mehr verraten als nur den richtigen Weg. „Viele Stadtpläne haben an den Seiten Werbeanzeigen, daraus kann man ableiten, welche Unternehmen es zu der Zeit im Kreis gegeben hat.“ Auch Deposita – private Sammlungen, die per Vertrag vom Kreisarchiv gelagert werden – befinden sich in den Regalen. Eine Fotosammlung und einige wenige Gegenstände kommen dazu.
Was es im Kreisarchiv nicht gibt, ist Zeit. Das ist auch der Grund dafür, dass Kai Wittig sich in der Öffentlichkeitsarbeit nur wenig engagieren kann. „Ab und zu gestaltet das Kreisarchiv eine Ausstellung, die aber hauptsächlich innerhalb der Verwaltung von Interesse ist“, sagt er. Zeit ist auch notwendig, um alle Informationen im Kreisarchiv zu digitalisieren oder sich um Programme zu bewerben, die helfen, aufwändige Restaurierungen etwa des Dankwerthschen Kartenwerks zu finanzieren. Wittig: „Ein Archiv ist eine Generationenaufgabe.“