Uetersen. Fraktionen von SPD, Grüne und BfB machen im Hauptausschuss den Weg für das Projekt frei. FDP und CDU halten die Kosten für zu hoch.
Die Stadt Uetersen richtet mit mehr als 25 Jahren Verspätung ein Stadtarchiv ein. Der Hauptausschuss der Rosenstadt votierte mit den Stimmen von SPD, Grünen und BfB dafür, einen Teil der Stadtbibliothek für ein Stadtarchiv herzurichten, einen Beratervertrag abzuschließen und zusätzlich Finanzmittel für qualifiziertes Personal bereitzustellen. CDU und FDP stimmten gegen den Beschluss.
FDP-Ratsherr Rolf Maßow ist seit Monaten der Ansicht, dass die Stadt zwar archivieren müsse, dies aber anderen aufdrücken könne. Diese Haltung änderte er auch auf der jüngsten Hauptausschusssitzung nicht. Der Kreis, sagt Maßow, sei verpflichtet, die Akten der Stadt zu archivieren, wenn diese das nicht machen wolle. Das koste zwar Geld, sei aber aus seiner Sicht in Ordnung und günstig.
Auch die CDU verwahrte sich gegen den Bau eines Stadtarchivs. „Wir sind für eine Minimallösung“, sagte CDU-Ratsherr Michael Reibe. Das bedeutet im Klartext: Die Arbeit delegieren, die Kosten für die Stadt so gering wie möglich halten.
Es gab bereits einen Anlauf hierfür. Die Stadt wurde von CDU und Grünen Ende 2016 aufgefordert, beim Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig anzufragen, ob nicht das Landesarchiv die Uetersener Akten erschließen, verwahren und für Forschungs- und Auskunftszwecke bereitstellen könne. Die Antwort des Leitenden Archivdirektors Rainer Hering war so wenig positiv wie überraschend. Eine Übernahme des archivwürdigen Schriftgutes der Stadt Uetersen in das Landesarchiv sei „nicht möglich“ und auch aus Gründen von Verfügbarkeit und Recherchen „nicht zweckdienlich“.
Wer leitet das Archiv?
Dass Uetersen seinen Pflichten nicht nachgekommen ist, wird harsch kritisiert. Die Planung eines Stadtarchivs erscheine „angesichts der umfangreichen städtischen Überlieferung auch dringend notwendig“, so Hering in zwei Stellungnahmen. Er kritisierte neben den landes- und bundesrechtlichen Verfehlungen Uetersens, dass die Stadt die Akten seit Jahrzehnten völlig ungeeignet lagere und zudem datenschutzrechtliche Regelungen nicht einhalte.
„Das Ergebnis ist aus unserer Sicht nicht überraschend“, sagte SPD-Ratsherr Erhard Vogt, schließlich handele es sich um eine kommunale Pflichtaufgabe. „Jede Ebene, Land, Kreis, Gemeinde, hat genug damit zu tun, sich um die eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Es war nicht zu erwarten, dass das Landesarchiv uns die Arbeit abnimmt“, so Vogt. Nun könne mit einem Stadtarchiv endlich ein Grundstein für ein kommunales Gedächtnis geschaffen werden.
Die Grünen, die sich 2016 nicht zur Einrichtung eines Archivs durchringen konnten, revidierten ihre Position nach den klaren Aussagen aus Schleswig. Eigentlich hatten Stadtverwaltung und auch SPD, die bereits seit Monaten die Einrichtung eines Stadtarchivs fordert, angesichts der Forderungen Herings auf mehr Verständnis und Entgegenkommen bei Union und FDP gehofft. Einen Sinneswandel gab es nicht. Maßow warnte statt dessen davor, „sich einen solchen Klotz ans Bein zu binden“. SPD-Ratsfrau Anne-Christin Speichert dagegen warnte davor, sich bei der Abgabe der Akten etwa an den Kreis in eine Abhängigkeit zu begeben. „Es würde auch nicht günstiger werden“, so Speichert. Denn für die Unterbringung und Archivierung müsste die Stadt jährlich Kosten entrichten, die sogar über den Kalkulationen der Stadt lägen.
Die Stadt schlägt vor, zunächst einen Beratervertrag mit dem Landesarchiv einzugehen, um fachliche Hilfe zu bekommen. Diese Hilfe hat das Landesarchiv bereits zugesagt. Die Stadt kostet das 2250 Euro pro Jahr. Zudem werden für die Personalausstattung des neuen Archivs knapp 39.000 Euro pro Jahr bereitgestellt und 5000 Euro für erste Umbaumaßnahmen in der Bibliothek. „Wir haben mit der Bibliotheksleitung bereits gesprochen, sie ist mit der Einrichtung eines Archivs in ihren Räumen einverstanden“, erklärte Bürgermeisterin Andrea Hansen. Auch Hering habe die Räume als brauchbar bezeichnet – zumindest für den Anfang.