Elmshorn. Familienkundler helfen bei Suche nach eigenen Wurzeln. Die ist zäh: Mancher hatte im Laufe seines Lebens drei verschiedene Vornamen.
Ganze 35 Generationen lässt sich der Familienstammbaum von Hachmann zurückverfolgen, bis in das Jahr 1560. „Die ganze Linie geht auf zwei Hachmanns zurück“, sagt Jens Hachmann. Ihren Stammbaum so weit zurückverfolgen zu können, das schaffen nur wenige. Dafür braucht es schon detektivisches Geschick und geschichtliches Interesse.
Beides besitzt der Zweite Vorsitzende der Vereinigung für Familienkunde Elmshorn. Sein Talent setzten er und seine Kollegen auch für andere Menschen ein, wenn die gern mehr über ihre Vorfahren erfahren möchten. Im Konrad-Struve-Haus, wo der Verein seine Räume hat, können sich Mitglieder und Besucher in der Fachbücherei des Vereins über Genealogie, Namens- und Wappenkunde sowie regionale Geschichte informieren. Im vergangenen Jahr nutzten das 486 Menschen. Es kommen auch Rechercheanfragen aus Australien und den USA.
Fürst oder Bauerssohn, das macht einen großen Unterschied
Kirchenbücher, Volkszahlregister, Schuld- und Pfandprotokolle werden im Archiv verwahrt. „Außerdem führen wir eine Familien- und heimatkundliche Fachbücherei“, sagt die Erste Vorsitzende Beate Claßen. „Wir helfen auch gern bei der Erforschung der eigenen Familiengeschichte.“ Der Verein hat derzeit 92 Mitglieder. Claßen ist vor 35 Jahren eingetreten. Jens Hachmann kann auf 25 Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet zurückblicken.
Es macht einen großen Unterschied, ob man einen Fürsten sucht oder einen Bauerssohn. „Die Quellenlage bei den adligen Familien ist besser“, sagt Claßen. Aber auch bei Bauerngeschlechtern lässt sich über die Höfe einiges herausfinden. „Nur wer nix hatte, brauchte auch keine Urkunden“, bringt es Hachmann auf den Punkt. Wer Besitz hatte, konnte vererben und hinterließ seinen Verwandten nicht nur einen Hof, sondern auch ein Dokument. Und das dient den Ahnenforschern in Elmshorn heute als Quelle.
Vor den preußischen Beamten führten die Pfarrer Buch
Man muss nur wissen, wo man suchen muss: in Staats- und Stadtarchiven oder in den kirchlichen Archiven. Angaben zu Geburt, Heirat und Tod sind seit dem 1874 in Preußen und seit 1876 in den restlichen deutschen Ländern in Standesamtsunterlagen zu finden. Alles, was davor liegt, ist in den Kirchenbüchern festgehalten. Pfarrer haben Eheschließungen, Taufen oder Sterbefälle schriftlich festgehalten. Die Einträge zu finden ist die eine Sache, sie zu lesen eine andere.
Vorträge der Familienkundler
„Die Jungs haben früher geschmiert“, bringt es Hachmann auf den Punkt. Andere Pfarrer wollten besonders schön schreiben und haben Fantasie-Kringel hinzugefügt. Erschwerend kommt hinzu, dass manch alter Ortsname heute nur noch als Straßenname existiert. So ist Langenhals beispielsweise heute Kollmar.
Ahnenforscher wünschen sich besseren Zugang zu Dokumenten
Die Elmshorner Ahnenforscher würden sich deswegen uneingeschränkten Zugriff auf Kirchenbücher wünschen. „Bislang dürfen wir aber nur die betreffende Seite daraus kopieren, angeblich aus Datenschutzgründen“, sagt Hachmann. Er hat für diese Begründung im Falle historischer Dokumente wenig Verständnis. Denn manchmal ergebe sich zum Beispiel ein Ortsname erst aus der Lektüre mehrere Seiten. „In Mecklenburg-Vorpommern sind die Kirchenbücher sogar online abrufbar.“
Was die Suche in alten Quellen auch noch erschwert, sind Begriffe aus dem Niederdeutschen, die heute nicht mehr geläufig sind. „Ich bin mal über den Begriff Kunnbassel gestolpert“, sagt Beate Claßen. Dank des Schleswig-Holsteinischen Wörterbuches von Otto Mensing aus dem Jahr 1931 konnte sie eine passende Übersetzung finden: „Frauengequassel“.
Nicht nur die Nach-, auch die Vornamen bereiten Probleme
Ein anderes Standardwerk hilft bei der Suche nach niederdeutschen Namen. „Das Deutsche Namenslexikon von Hans Bahlow führt 15.000 Familien- und Vornamen auf“, sagt Claßen. Denn aus einem Högemann konnte schnell mal ein Hägemann oder Hogemann werden. Erschwerend kommen der dänische Einfluss hinzu und spätere Erlasse, die Namen einzudeutschen.
Gleiches galt für Vornamen. So taucht beispielsweise Silke auch in den Varianten Zilli, Zillie oder Zizilia, wahlweise auch mit C geschrieben, wieder auf. Aus Tina wurde Frina, Katharina oder Kathrin. „Es kann vorkommen, dass eine Frau als Aneke geboren wurde, als Antje heiratete und als Anna starb“, sagt Claßen. Je nachdem, ob sie einen Spitznamen trug oder was der Pfarrer gerade verstand, als der Name diktiert wurde. „Manchmal wollen uns Menschen das gar nicht glauben und zweifeln an, dass es sich tatsächlich um ihre Ahnen handelt“, sagt Hachmann.
In der eigenen Familie mit der Ahnenforschung beginnen
Wo soll man da mit der Suche nach den Vorfahren beginnen? „Das Erste ist immer, die eigene Familie zu befragen“, sagt Claßen. „Gucken Sie sich mal alte Fotos an. Da wird es schon Menschen geben, die Sie nicht mehr kennen.“ Wer in der Familie kann Auskunft geben, wer kennt denjenigen auf dem Bild? So schöpft man erst einmal das Wissen ab, das es in der Familie gibt.
Dann sichtet man die Dokumente, die in der Familie da sind und systematisiert das. Danach kann man in den Archiven schauen. Inzwischen ist aber das Internet auch eine große Hilfe. Ohne Lebensdaten der Vorfahren gibt es keinen oder nur einen unvollständigen Familienstammbaum – sie sind also essenziell.