Pinneberg. Verdreckte Toiletten, mangelnde Reinigung und Bauverzögerungen – die Schulallianz will jetzt ganz genau hinsehen.

Uwe Sehrndt steht vor der blauen, verrottenden Toilettentür, deren Milchglas durchlöchert ist. Er atmet tief ein. Dann drückt er den Knauf und öffnet. Beißender Gestank dringt nach draußen. Nicht nötig, reinzugehen. Frauke Runden und Amelie Arp wenden sich sofort ab. Dieser Ortstermin an der Grund-und Gemeinschaftsschule im Pinneberger Quellental ruft bei den Eltern vor allem eines hervor – Ekel. Einen Ekel, dem ihre Kinder Tag für Tag ausgesetzt sind, wenn sie denn zwischen den Unterrichtsstunden mal auf Klo müssen.

Sehrndt, Runden und Arp sind Elternbeiräte, die für bessere Lernbedingungen kämpfen. Für saubere und sanierte Schulen. Davon ist die Stadt Pinneberg noch meilenweit entfernt. Der Kampf, den eine Schulallianz mit ihrer Gründung vor vier Jahren aufnahm, geht 2018 weiter. „Wir werden noch gebraucht“, sagt Runden. Angesichts der im Mai anstehenden Kommunalwahl und der im September folgenden Bürgermeisterwahl werden sie sogar besonders genau hinschauen – und auf Mängel hinweisen.

Runden ist Sprecherin der Pinneberger Elternallianz. Sie bemüht sich, differenziert zu urteilen: „Wir erkennen an, dass es an einigen Schulen vorangeht“, sagt sie. „Aber eben nicht an allen.“ Punktuelle Erfolge würden eines nicht untergraben – die Solidarität der Pinneberger Schulen untereinander. Anfang 2014 hatten Eltern sämtlicher Bildungseinrichtungen im Stadtgebiet ihren Bund geschmiedet, Proteste organisiert, Petitionen auf den Weg gebracht. Eine starke Lobby, die längst ernst genommen wird.

In der Grund- und Gemeinschaftsschule Pinneberg gibt es Wasserschäden, die Schimmel zur Folge haben
In der Grund- und Gemeinschaftsschule Pinneberg gibt es Wasserschäden, die Schimmel zur Folge haben © HA | Mirjam Rüscher

So sitzen Mitarbeiter der Stadtverwaltung regelmäßig mit der Schulallianz an einem Tisch. „Vieles ist besser geworden“, so Runden. Das werde etwa an der Theodor-Heuss-Schule sichtbar, wo in Kürze nach jahrelangem Stillstand der sanierte Pausenhof freigegeben werden soll. An der Grund- und Gemeinschaftsschule gebe es ebenfalls deutliche Fortschritte – wenn auch mit Bauverzögerungen verbunden. Die Modernisierung des Verwaltungstrakts nebst Lehrerzimmer sollte eigentlich schon 2017 fertig sein, noch jetzt wird an der Richard-Köhn-Straße gebaut. In anderen Gebäuden steht das Wasser, Schimmel bildet sich. An der Johann-Comenius-Schule in Thesdorf wird noch immer in rotten Pavillonklassen unterrichtet. Ein Neubau ist geplant, soll 2022 fertig sein. „Aber daran glauben wir noch nicht“, sagt Amelie Arp.

Doch zurück zu den Sanitäreinrichtungen an der Grund- und Gemeinschaftsschule. „Das stinkt zum Himmel hier und regt mich auf“, sagt Elternbeirat Sehrndt. Alle halb garen Versuche, den beißenden Uringeruch zu beseitigen, seien gescheitert. Rohre seien offenkundig marode. „Die Toiletten müssen noch 2018 saniert werden“, fordert der Vater. Es sei „unanständig“, was Kinder täglich ertragen müssten.

Die Initiative

Pinnebergs Schulallianz wurde im Januar 2014 gegründet und machte im darauffolgenden Monat erstmals mit einer Kundgebung auf sich aufmerksam.

Es folgten Besuche im Bildungsministerium, eine Podiumsdiskussion mit Abgeordneten aus Bund und Land sowie eine weitere Demonstration im Februar 2015.

2017 wurde eine Petition für die konsequente Sanierung der Schulen im Stadtgebiet auf den Weg gebracht.

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Laut Runden ist mangelnde Sauberkeit an Schulen „ein Riesenthema“. Seit die Stadt Reinigungsarbeiten zunehmen an Fremdfirmen vergebe, komme es immer wieder zu Problemen. „Manchmal wird gar nicht gereinigt, weil Personal fehlt.“ Laut Rathaussprecher Stefan Krappa gibt es derzeit noch 33 beim Kommunalen Servicebetrieb der Stadt beschäftigte Reinigungskräfte. Es werden noch weniger werden. „Es gab im Rahmen der Haushaltskonsolidierung einen politischen Beschluss, dass frei werdende Stellen nicht nachbesetzt werden sollen, sondern Fremdfirmen beauftragt werden müssen“, so Krappa.

Hinter dieser verrotteten und durchlöcherten Tür stinkt es gewaltig
Hinter dieser verrotteten und durchlöcherten Tür stinkt es gewaltig © HA | Andreas Daebeler

Die Aufträge für die Reinigung in städtischen Liegenschaften würden europaweit ausgeschrieben. Krappa macht kein Geheimnis daraus, dass es zuweilen hakt: „Es ist bekannt, dass es immer mal wieder zu Problemen kommt.“ Reinigungsfirmen hätten eine sogenannte Werkleistung zu erfüllen, die Gebäude müssten „sauber gereinigt werden“. Mit Kontrollen und Mahnungen versuche der Kommunale Servicebetrieb, die Einhaltung dieser Verpflichtung zu gewährleisten.

Dreckige Klos sind das eine, der Sanierungsstau an Pinnebergs Schulen ist das andere. Der ist seit 2013 bekannt, wurde seinerzeit auf 34 Millionen Euro beziffert. Eine Zahl, die sich 2017 bereits überholt hatte. Da präsentierte die Stadtverwaltung eine neue Bestandsaufnahme – und die hatte es in sich: 44 Millionen Euro müsse die Stadt investieren, um ihre elf Schulen wieder flottzukriegen. Auf einen aktualisierten Schulbausanierungsplan, aus dem nachvollziehbar hervorgeht, bis wann die Schulen nun fit für die Zukunft gemacht werden sollen, warten Schüler, Eltern und Lehrer bislang vergeblich. „Wir können dazu sagen, dass es im Dezember und Januar Begehungen der Schulen durch eine externe Firma gab. Berichte liegen noch nicht vor“, so Krappa. 2013 war übrigens noch davon ausgegangen worden, dass sämtliche Sanierungsarbeiten an Pinnebergs Schulen 2018 abgeschlossen sein werden – ein gewaltiger Trugschluss. Davon wird sich Bildungsministerin Karin Prien (CDU) ein Bild machen können. Sie kommt auf Einladung der Schulallianz an die Grund- und Gemeinschaftsschule. Auch sie soll die blaue Tür öffnen.