Wedel. Die Wedeler Umweltexpertin Simone Zippel gibt trotz Rückschlägen und Kompromissen den Kampf gegen die Müllflut nicht auf.

„Wir sind voller Fehler und können manches nicht durchhalten“, sagt Simone Zippels selbstkritisch. Ihr Fazit nach einem fast 14-tägigen Selbstversuch. Die Klimamanagerin der Stadt Wedel hatte sich vorgenommen, keinen Plastikmüll mehr zu produzieren. Sie hat das Ziel nicht nur nicht erreicht. Sie wird es voraussichtlich auch in absehbarer Zeit nicht erreichen, erklärt die Öko-Expertin.

Simone Zippel ist mit rund 100 Klimaschutzmanagern aus ganz Schleswig-Holstein in einem Blog zusammengeschlossen. Dort werden Ideen entwickelt, wie der Alltag umweltfreundlicher gestaltet werden kann. „Die Weltmeere vermüllen, Mikroplastik landet im Fisch und Meersalz wieder auf unserem Teller“, sagt sie. Jeder Deutsche produziert statistisch gesehen pro Jahr 37 Kilogramm Müll aus Plastikverpackungen. Alle Verpackungen zusammengerechnet sind es 216 Kilogramm pro Person und Jahr.

Kompromisse mussten gemacht werden

Wenn weniger Plastikmüll entstehen würde, könnte das Problem zumindest eingedämmt werden. Es gibt aber auch einen ganz privaten Grund: „Ich habe eine kleine Küche, und irgendwie steht der Behälter für den Plastikmüll immer im Weg“, sagt Simone Zippel.

Die Klimaschützerin – Spezialgebiet: kohlendioxidarme Stadtentwicklung – musste allerdings bereits am ersten Tag ihres Selbstversuches erkennen, dass die Schwierigkeiten im Detail stecken. Sie wollte sich im Rathaus eine Tasse Tee aufbrühen, doch der Teebeutel ist in einem Plastiktütchen verpackt.

Der bekannte Supermarkt wurde plötzlich zum neu zu entdeckenden Terrain. Vorgepacktes Obst und Gemüse verschmäht Zippel ebenso wie die Plastiktütchen, in die die lose Ware gelegt werden soll. Tomaten und Äpfel kommen gleich in den Einkaufskorb und werden nach dem Abwiegen an der Kasse in ihre Einkaufstasche gelegt. Wo der Kunde die Ware bereits in der Obst- und Gemüseabteilung abwiegen muss, trägt sie die Ware in einem mitgebrachten Behälter zur Kasse.

Sieben Tipps

Mit einfachen Tipps von Klimamanagerin Simone Zippel kann sich der Kunde ebenfalls auf den Weg zu einem umwelfreundlicheren Einkauf machen.

Auf Qualität achten. Wer langlebige Produkte kauft, hat länger etwas davon, und es werden weniger Ressourcen verbraucht.

Ware lose in den Einkaufskorb legen. So wird Verpackungsmaterial gespart.

Bestandsaufnahme machen. Durch den Haushalt gehen und schauen, welche Alternativen es gibt. So kann Milch in der wiederverwendbaren Glasflasche statt im Tetrapack gekauft werden.

Jutebeutel statt Plastiktüte. Wer einen Stoffbeutel dabei hat, muss im Supermarkt keine Plastiktüte kaufen.

Unbequem sein. Kunden sollten das Gespräch mit den Mitarbeitern eines Geschäfts suchen und ihren Wunsch nach möglichst wenig Plastikverpackung deutlich machen. Der Supermarktbetreiber will zufriedene Kunden. In einigen Märkten gibt es Papiertüten für Obst und Gemüse, aber nicht in allen.

Neue Geschäfte ausprobieren. Durch andere Eindrücke können neue Ideen entstehen.

Sich informieren. Es gibt einige Websites, die Hinweise für umweltfreundliches Shoppen geben, etwa www.careelite.de oder www.plastikfreileben.de.

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Kompromisse müssen geschlossen werden, hat sie gelernt. Nudeln sind im Supermarkt nicht lose zu bekommen, wohl aber verpackt in einem Pappkarton mit einem Plastikfensterchen. Eigentlich möchte Simone Zippel gänzlich auf Verpackungen verzichten. Bei den Nudeln konnte sie nur die Plastikverpackungen auf den Index setzen. Und ihre Tupperdosen, in denen der Einkauf nach Hause getragen wird, sollen auch nicht sofort weggeschmissen werden. Erst wenn die Plastikdosen kaputt sind, werden sie entsorgt und durch auch in der Herstellung umweltfreundlichere Behälter aus Glas ersetzt. „Für die Produktion von Plastikdosen sind auch Ressourcen verwendet worden“, erklärt sie.

Die Umweltschützerin will aber nicht lockerlassen

Ihr Fazit: „Ich gehe jetzt mit ganz anderen Augen durch den Supermarkt.“ Und sie hat festgestellt, dass manchmal die unverpackte Ware besser schmeckt. Etwa seien lose verkaufte Äpfel leckerer als die aus dem großen Beutel.

„Wie im Paradies“ hat sich Simone Zippel dann gefühlt, als sie ein Geschäft in Hamburg-Ottensen entdeckte. In dem wird nur unverpackte Ware verkauft, von Waschmitteln über Milchprodukte bis hin zu Cremes „und sogar meine Lieblingsschokolade“, berichtet sie. In Hamburg gibt es etwa ein halbes Dutzend Unverpackt-Läden, im Kreis Pinneberg nach dem Wissen Simone Zippels noch keinen einzigen. Allerdings könne in Hofläden plastikfrei eingekauft werden.

So soll es nicht sein! Wedels Klimaschutzmanagerin Simone Zippel zeigt verpacktes Gemüse aus dem Supermarkt. Die Rathausmitarbeiterin hat sich vorgenommen, umweltfreundlich einzukaufen und will künftig so wenig Verpackungsmüll produzieren, wie überhaupt nur möglich
So soll es nicht sein! Wedels Klimaschutzmanagerin Simone Zippel zeigt verpacktes Gemüse aus dem Supermarkt. Die Rathausmitarbeiterin hat sich vorgenommen, umweltfreundlich einzukaufen und will künftig so wenig Verpackungsmüll produzieren, wie überhaupt nur möglich © HA | Thomas Pöhlsen

Mehr Zeit muss sie für das Shopping aufwenden, was sie jedoch eher als Gewinn empfindet. „Alle reden von Entschleunigung“ sagt die Fachfrau. Da sei es doch von Vorteil, wenn man sich in aller Ruhe mit einem Thema beschäftige. Die Wedelerin bezeichnet sich als preisbewusste Konsumentin. Sie hat den Eindruck, dass sie nicht mehr Geld ausgeben muss. Ein paar Sachen waren teurer, für andere musste sie weniger ausgeben, weil sie kleinere Mengen kaufen konnte. Simone Zippel hat sich allerdings geärgert, wenn sie an besonders günstigen Großpackungen vorbeigehen musste.

Trotz aller Rückschläge und Kompromisse will die Aktivistin aber nicht lockerlassen. „Die Konsumenten haben die Macht“, steht für die studierte Geografin fest. In der Wirtschaft beginnt ein Umdenken. Beispielsweise hat der englische Eiscremehersteller Iceland gerade angekündigt, sein Sortiment auf komplett plastikverpackungsfrei umstellen zu wollen.

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