Uetersen. Drei Jahre nach Übernahme durch Investoren scheitert eine Bankenfinanzierung. 420 Mitarbeiter in Angst vor Jobverlust.

Dem Neuanfang folgt die Pleite: Die Papierfabrik Feldmühle Uetersen, die bis Ende 2014 als Stora Enso auf dem Markt agiert hatte, meldete am Mittwoch Insolvenz beim Amtsgericht Pinneberg an. Der Grund ist eine gescheiterte Finanzierung. Das Gericht bestellte den Hamburger Rechtsanwalt Tjark Thies von der Kanzlei Reimer Rechtsanwälte zum Insolvenzverwalter.

Er wird auf einer für den heutigen Freitag angesetzten Betriebsversammlung die 420 Mitarbeiter des im Jahr 1904 gegründeten Traditionsunternehmens über die aktuelle Situation in Kenntnis setzen. „Der Geschäftsbetrieb wird uneingeschränkt fortgeführt. Das betrifft die Produktion genauso wie Einkauf, Vertrieb, Marketing und Logistik“, so der Insolvenzverwalter in einer Pressemitteilung.

Gehälter der Mitarbeiter bis März gesichert

Die Gehälter der Beschäftigten seien bis Ende März gesichert. Bis dahin springt die Agentur für Arbeit in die Bresche. „Unsere Kunden können sich darauf verlassen, weiterhin pünktlich beliefert zu werden“, lässt sich Geschäftsführer Heiner Kayser in der Mitteilung zitieren. Er sagt weiter: „Lieferanten können bei Neubestellungen sicher sein, ihr Geld zu erhalten.“

Der Papierhersteller in Uetersen, der einst mit der Herstellung von Zeitungspapier begann und in seiner Hochzeit mehr als 700 Mitarbeiter beschäftigte, hatte seit seiner Gründung mit zahlreichen Namens- und Eigentümerwechseln zu kämpfen.

Zwischen 1929 und 1953 firmierte der Betrieb schon einmal unter Feldmühle, hieß im Anschluss dann Norddeutsche Papierwerke GmbH. Er spezialisierte sich auf Bilderdruckpapier, beispielsweise für Etiketten auf Bier- und Weinflaschen. 1990 übernahm der finnische Papierkonzern Stora Enso, der die Neuerwerbung Ende 2014 wieder abstieß.

Zu diesem Zeitpunkt schrieb Stora Enso seit Jahren rote Zahlen. Der Papiermarkt galt als angespannt – und gilt es noch immer. Zu Beginn des Jahres 2015 stieg der Münchner Finanzinvestor Perusa ein, der das Werk für sieben Millionen Euro übernahm. Bereits nach sechs Monaten reichten die Münchner die wieder unter ihrem alten Namen Feldmühle arbeitende Firma an die FK Paper Beteiligungen GmbH und die Querino GmbH weiter. Dahinter standen mit Christopher Höfener ein ehemaliger Gesellschafter von Perusa sowie Klaus Freihube, der von Mitte 2015 bis Mitte 2017 neben seiner Rolle als Gesellschafter auch als Geschäftsführer fungierte.

Produktpalette wurde deutlich erweitert

Höfener, der sich am Donnerstag auf Abendblatt-Anfrage nicht zu der Insolvenz äußern wollte, übernahm mit seinem Geschäftspartner zeitgleich die Kämmerer Osnabrück GmbH und hoffte offenbar auf Synergien der beiden Papierhersteller. Eine Rechnung, die – so wurde es zumindest öffentlich dargestellt – aufging.

Die Produktpalette wurde deutlich erweitert, der Vertrieb ausgebaut, neue Mitarbeiter wurden eingestellt. Die Uetersener stellen jetzt Zellstoffkarton, Liner, nassfestes Etikettenpapier, flexibles Verpackungspapier und grafisches Papier her und gewannen nach eigenen Angaben neue Kunden. Beide Papiermaschinen sollen gut ausgelastet gewesen sein.

Aus den roten Zahlen kam das Unternehmen jedoch nicht raus. 2013 unter Federführung von Stora Enso setzte der Betrieb 153 Millionen Euro um, der Verlust nach Steuern betrug zwölf Millionen Euro. 2016 lag der Umsatz bei 155 Millionen Euro, unterm Strich stand ein Verlust von 9,1 Millionen Euro. Jetzt brauchte das Unternehmen neues Kapital, die Finanzierung durch die Bank kam vorerst jedoch nicht zustande. Der einzige Ausweg: die Insolvenz.

Aktuell sehen der Insolvenzverwalter, die Geschäftsführung und ein Restrukturierungsteam die Geschäftsbücher durch, erstellen eine Bestandsaufnahme der Aktiva und Passiva sowie des Auftragsbestandes. „Die Feldmühle besitzt erstklassige Produkte, Produktionsanlagen und Prozesse, eine hoch motivierte Belegschaft und eine führende Marktposition“, so Insolvenzverwalter Thies. Er sehe das Insolvenzverfahren als Chance für das Unternehmen. Geprüft werde, ob eine Sanierung aus eigenen Mitteln möglich sei oder ob die Suche nach einem Investor aufgenommen werden müsste.

„Diese Nachricht besorgt die Beschäftigten, ihre Familien und unsere Region“, kommentiert Uetersens Bürgermeisterin Andrea Hansen. Das müsse aber nicht das Ende für die Feldmühle bedeuten. Jetzt seien die Kapitaleigner, Geschäftspartner und der Insolvenzverwalter gefragt. Sie trügen eine große Verantwortung. „Ich werde aber auch den Kontakt zum Betriebsrat, zur Agentur für Arbeit und zum Wirtschaftsminister des Landes suchen“, sagt die Verwaltungschefin.