Pinneberg. Gewerbesteuereinnahmen nehmen enorm zu, Investoren stehen Schlange. Krisenstadt profitiert von der Nähe zur Hansestadt.
Krise, Chaos, Stillstand – Worte, die in Pinneberg jahrelang Konjunktur hatten. Wer sich jedoch derzeit umhört, der gerät immer häufiger an Optimisten. Das es Anlass zur Hoffnung gibt, belegen Zahlen. Zahlen, die Wirtschaftförderer Stefan Krappa zusammengetragen hat. Mehr Arbeitsplätze, weniger Leerstand, ein saftiges Plus bei der Gewerbesteuer – die Stadt Pinneberg boomt. Warum ist das so? Krappa hat eine Erklärung: Pinneberg wachse im Fahrwasser der Metropole Hamburg. Mit Berlin, Frankfurt und München gehöre die nahe Hansestadt derzeit zu den Top-Märkten für Investoren in Europa. „Davon profitieren auch wir“, sagt Krappa.
Leuchtet ein. Denn Investoren stehen neuerdings in Pinneberg tatsächlich Schlange. Beispiele gefällig? Namid und Savas Ardic etwa betrieben einst einen Grillimbiss in der Kreisstadt, kamen später mit einem Gebrauchtwagenhandel in Kummerfeld zu ihrem Vermögen. Jetzt ziehen sie das größte Autohaus der Region hoch – in Pinneberg. Wo die Krise nach dem Weggang des Unternehmens Höhne drei Jahre lang sichtbar war, werden künftig bis zu 600 Fahrzeuge stehen. Die Brachfläche an der Mühlenstraße weicht einem Neubau mit Werkstatt. Fünf Millionen Euro investieren die Brüder, die mit dem Pinnau-Center auch gleich noch das in die Jahre gekommene Entree zur Fußgängerzone gekauft haben, um es zu sanieren und auszubauen. Sie wollen den wenig ansehnlichen Bau, der seit Jahren ein Schattendasein fristet, entkernen, die Fassade auffrischen und mit 14 Wohnungen ausstatten. Im Erdgeschoss könnte gar ein Supermarkt einziehen. Nach der Sanierung sollen dort 800 Quadratmeter Verkaufsfläche bereitstehen. Rund eine Million Euro lassen sich die Brüder das Projekt Pinnau-Center kosten.
Auf der anderen Seite der Fußgängerzone soll ebenfalls investiert werden. Dort will die Hamburger Kaufmannsfamilie Singh für fünf Millionen Euro alten Bestand abreißen und neu bauen. „Wir warten auf den Bauantrag“, sagt Krappa. Im Aufschwung sei die City ohnehin, der Leerstand liege nur noch bei 6,6 Prozent.
Toom eröffnet
Schon fast fertig ist der gigantische Baumarkt mit angeschlossenem Gartencenter, den Toom am Westring hochzieht. Eröffnet wird am 19. Februar. Zuvor lag die Fläche mehr als zehn Jahre brach. „Ein ganz wichtiges Signal für den Standort“, sagt Krappa. Toom zahle künftig anteilig Gewerbesteuer in Pinneberg. Und damit kommt der Wirtschaftförderer seinem Ziel ein gutes Stück näher. Pinneberg könne die magische Marke von 20 Millionen Steuereinnahmen pro Jahr schon bald knacken.
Tatsächlich belegt die Statistik, dass die Stadt bei der Gewerbesteuer einen gewaltigen Sprung gemacht hat. Konnten 2010 gerade mal 9,9 Millionen Euro auf dem Konto der Stadt eingebucht werden, stiegen die Einnahmen über 14,1 Millionen Euro im Jahr 2011 und 17,4 Millionen Euro in 2013 nach einem Zwischentief im Jahr 2015 (14,4 Millionen Euro) auf nunmehr 19,7 Millionen Euro in 2017. Unter anderem konnte mit Interpapier ein global agierendes Unternehmen an den Pinneberger Marktplatz gelockt werden. Ein neuer Firmensitz entstand – mit 30 Arbeitsplätzen. Krappa schreibt Ansiedlungserfolge auch seiner Chefin zu. Bürgermeisterin Urte Steinberg pflege einen engen Draht zur Wirtschaft.
Auch die Vermarktung der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne, die zur Parkstadt umgestaltet wird, spült Geld in die Kassen. Zu den rund 11,3 Millionen Euro an Verkaufserlösen kommen weitere Grundstücksgeschäfte, die am Westring eingetütet werden konnten. Vor allem aber werden Firmen wie das 2014 nach Pinneberg gelockte Unternehmen Heiz24, das 2017 ein weiteres Grundstück auf dem Ex-Kasernengelände erwarb, die Gewerbesteuereinnahmen auf Sicht in die Höhe treiben.
Fraglos sind diese Steuereinnahmen für Pinneberg entscheidender Schlüssel, akute Probleme in den Griff zu bekommen. Etwa den Sanierungsstau an den städtischen Schulen, für deren Modernisierung Jahr für Jahr Millionen benötigt werden. Wachstum kann diese Not weiter lindern. Mit dem Bau der Westumgehung, die 2018 für den Verkehr freigegeben werden soll, entstehen weitere Potenzialflächen, etwa an der Müssentwiete. Auch dort könnten neue Arbeitsplätze geschaffen werden.