Wedel. Kette Obi will in den Hamburger Westen. Firma May & Co. verfolgt das Projekt auf dem 25.000 Quadratmeter großen Grundstück seit 2009.
Hölzerne Torbögen, viel Glas, eine erhabene transparente Fassadenhaut – und auf dem Dach ganz viel Grün, das von unten allerdings nicht zu sehen ist: Das ist ein neuer Baumarkt an der Rissener Straße in Wedel, wie ihn der Investor, die Firma May & Co. aus Itzehoe, sieht. Oder, um es mit den Worten des May-Projektplaners Jörg Ruschmeyer zu sagen: „Das ist ein Eyecatcher für das Eingangsportal der Stadt.“
Die Visualisierung, die Ruschmeyer präsentiert, ist brandneu. Die Pläne an sich sind es nicht. Seit acht Jahren verfolgt die Firma des Großinvestors Michael May ihre Idee für das 25.000-Quadratmeter-Grundstück mit der Hausnummer 140. Inzwischen ist sie Eigentümerin der Fläche, auf der die alten Backsteinbauten der früheren Possehl-Produktionsstätte leer stehen. „Wir haben das Grundstück inzwischen saniert“, sagt Projektplaner Ruschmeyer. Als Mieter steht heute wie damals die Kette Obi in den Startlöchern. Aus Branchenkreisen ist zu hören, dass der Marktführer in Deutschland unbedingt im Westen Hamburgs Fuß fassen will; das Gelände in Wedel soll das einzige weit und breit sein, das geeignet ist.
1983 gegründet
Rissener Straße 140: Das ist der Ort, an dem nach den Vorstellungen der Planer Großes entstehen soll. Der Markt würde sich auf knapp 8200 Quadratmeter erstrecken, etwa 90 Prozent davon sind als Verkaufsfläche vorgesehen. Von der Rissener Straße aus gesehen links des Gebäudes sieht der Entwurf des Hamburger Architekten Jan Siemer Parkplätze für etwa 270 Autos vor. Jörg Ruschmeyer spricht von 70 neuen Arbeitsplätzen und jährlich drei Lehrstellen.
Es wäre der dann voraussichtlich 22. Baumarkt im Kreis Pinneberg. 21 existieren nach Angaben der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Kiel bereits, am Rosenfeld nahe dem Westring in Pinneberg entsteht gerade eine gigantische Toom-Filiale, in ihren Dimensionen mit dem Wedeler Projekt absolut vergleichbar. Allerdings ist das nur ein Ersatzbau für einen derzeit im benachbarten Prisdorf ansässigen Markt. Bauherr auch hier: May und Co.
Ein bisschen viel Baumarkt? „Jede Unternehmensgründung bedeutet ein Risiko. Ob das Geschäft angenommen wird, muss sich zeigen, vor allem dann, wenn bekannte Unternehmen gleicher Art in der Nähe sind“, sagt der Leiter der IHK-Außenstelle in Elmshorn, Paul Raab. Und ergänzt: „Auf der anderen Seite belebt Konkurrenz bekanntlich das Geschäft.“ Fachleute sehen aber offensichtlich noch Potenzial. Mareike Petersen aus der Geschäftsführung des Handelsverbands Nord in Kiel etwa sagt: „Baumärkte gehören zu den Branchen, denen es gut geht“. Das liege am augenblicklichen Bauboom, das hänge aber auch mit dem starken privaten Konsum zusammen. Grundsätzlich beobachtet sie zurzeit eine Standortoptimierung: Es gebe weniger Märkte, die Gesamtfläche bleibe dabei unverändert.
Nachbar Lüchau befürchtet Umsatzeinbußen
Pikant am Obi-Standort Wedel: Der Nachbar linker Hand wäre das traditionsreiche Baustoffzentrum Lüchau, das ebenfalls über einen Heimwerkermarkt und eine Pflanzenabteilung verfügt. Geschäftsführer Jochen Lüchau sorgt sich. Bereits der Toom-Markt in Pinneberg werde ihm Umsatzeinbußen bescheren, meint er: „Der Holmer beispielsweise ist über den Kreisverkehr schneller in Pinneberg als bei uns.“ Wenn dann noch Obi als neuer Nachbar käme, könnte das schon existenzgefährdend sein. Er bezeichnet die Kette als „ernst zu nehmenden Konkurrenten“.
Projektplaner Jörg Ruschmeyer teilt derlei Bedenken nicht. Aus einem zu Beginn des Jahrzehnts im Auftrag von May & Co. ausgearbeiteten Gutachten ergebe sich, dass jährlich 8,7 Millionen Euro Kauftraft aus Wedel in auswärtige Baumärkte abflössen. „Inzwischen dürfte es noch etwas mehr sein“, sagt Ruschmeyer. Der Obi-Markt werde hingegen 1000 bis 1300 neue Kunden täglich in die Stadt locken. „Und die Agglomeration zweier Märkte kann positive Effekte für beide haben“, sagt er – wie bei Edeka und Aldi, die mittlerweile oft Geschäfte nebeneinander eröffneten.
Am Dienstagabend hat er das Projekt im Planungsausschuss vorgestellt. Für das Vorhaben müsste der Bebauungsplan 82 geändert werden. Die Politik, in der Vergangenheit eher ablehnend, will beraten.