Wedel . Debatte über Verkehrsführung am Tinsdaler Weg neu entbrannt und wird in der Politik emotionsgeladen geführt. Umbau hat begonnen.

Es klingt ein wenig nach Realsatire, was sich da an der Grenze zu Hamburg derzeit abspielt. Doch es ist eine ganz ernst gemeinte Debatte, die sich am geplanten Kreuzungsumbau entfacht hat. Da ist die Rede von „Ampellobbyisten“. Da wirft ein Liberaler dem Stadtpräsidenten (immerhin der höchste kommunalpolitische Amtsträger der Stadt) vor, wohl nicht ganz bei Sinnen gewesen zu sein, und fragt, was er denn geraucht habe. Während die anderen fordern, die Pläne über den Haufen zu werfen, die bereits umgesetzt werden. Bei welchem Thema mancher in Wedel derzeit rot sieht? Es geht um den Ausbau der Ecke Tinsdaler Weg/Industriestraße.

Die Kreuzung soll im Zusammenhang mit dem neuen Businesspark Elbufer, der am Tinsdaler Weg entsteht, fit für das zukünftig erwartete Verkehrsaufkommen gemacht werden. War bislang an dieser Stelle keine Ampel nötig gewesen, soll nun eine her. 2012 stimmten die Kommunalpolitiker deshalb im Zusammenhang mit dem nötigen Bebauungsplan für den Businesspark für den Umbau der Kreuzung. Zuvor war immer ein Kreisverkehr im Gespräch gewesen. Für manchen Politiker schon fast in Vergessenheit geraten, schwenkte man vor sechs Jahren in der Planung aber um.

Gutachter hatten von einem Kreisverkehr abgeraten

Grund war ein Verkehrsgutachten des angesehenen Planungsbüros Argus. Die Experten kamen zu der Ansicht, dass ein Kreisel den angenommenen Verkehrsströmen zu den Stoßzeiten nicht gewachsen wäre und nur eine Ampel die angenommene Erhöhung um 8500 Fahrten pro Tag reibungslos abwickeln könnte. Aufgrund der Expertenempfehlung entschieden die Ratsmitglieder sich dafür, dem Bau einer Ampel an dieser Stelle zuzustimmen. Sechs Jahre später geht es an die Umsetzung, und plötzlich kreist die Frage darum, warum ausgerechnet in Wedel der moderne runde Verkehrsknotenpunkt keine Chance hat.

Den Stein des Anstoßes dazu gab Wedels Stadtpräsident Ulrich Kloevekorn (CDU). In seiner letzten Neujahrsrede (Kloevekorn tritt nicht wieder an) nahm er das Umbauprojekt aufs Korn und sprach dabei vielen im Rathaus anwesenden Bürgern aus dem Herzen. „Man fasst man sich an den Kopf und fragt: Warum?“, sagte er mit Blick auf die Entscheidung, die er selbst traf und heute bereut. „Da kommt wieder eine Lichtzeichenanlage, die teuer ist, weil sie regelmäßiger Wartung bedarf, und bei der man sich wahrscheinlich wieder die Pest ärgern muss, weil sie zu den unmöglichsten Zeiten läuft und Rot zeigen wird, während man im Auto auf leerer Straße vor sich hin wartet.“ Er verwies darauf, dass in Nachbarstaaten wie Dänemark und den Niederlanden derartige Kreuzungen fast immer als Kreisverkehre gestaltet sein und wunderbar liefen. „Neidisch schaue ich auf unsere Nachbargemeinde Holm, wo auf engstem Raum der Verkehr aus Hetlingen und Haseldorf über einen Kreisel sogar in eine Bundesstraße einfädelt“, sagte er und hinterfragte, ob das Verkehrsgutachten ergebnisoffen gewesen sei oder nicht vielmehr von einer mächtigen Ampellobby gesteuert. Das hatte wiederum Martin Schumacher (FDP) in einem späteren Planungsausschuss eben zu der Aussage hingerissen, dass der Stadtpräsident wohl schlechtes Zeug geraucht haben müsse.

Davon völlig unbeeindruckt sind derweil die Bauarbeiter an der umstrittenen Kreuzung angerückt. Die in der Tat so breit ist, dass eine Mittelinsel dort problemlos Platz hätte. Trotzdem kommt die Ampel. Kostenpunkt für die Installation laut Stadtverwaltung: rund 50.000 Euro und damit auch teurer als erwartet. Zeitweise sollte sie sogar noch deutlich teurer werden. Grund dafür sind zahlreiche gefundene Leitungen, die eine Umplanung nötig machten. Hinzu kommen Kosten für Betrieb und Wartung.

In den kommenden Tagen wird die provisorische Ampelanlage gegen eine Dauerlösung ausgetauscht. Am 24. Januar sollen die Lichter angehen. Die berechtigte Frage ist nur: Wofür? Denn von einem Anstieg auf 8500 Fahrten pro Tag ist Wedel weit entfernt. Der Businesspark liegt brach. Die Stadt befindet sich im Rechtsstreit mit Anwohnern, ein vom Gericht verhängter Baustopp hat zu großen Verzögerungen geführt. Die Stadt verhandelt derweil mit den Klägern. Wann sich hier das erste Unternehmen ansiedeln kann, steht in den Sternen.

SPD und FDP haben daher im Planungsausschuss bei der Stadtverwaltung angeregt, mit dem Start der Ampelanlage zu warten. Sogar Bürgermeister Niels Schmidt beschäftigt der Ampelfall. Er hat eine Prüfung zusagt.