Quickborn. Drei Jahre nach ihrem Einzug ins erste Mehrgenerationenhaus im Kreis in Quickborn ziehen die 42 Bewohner Bilanz: Sie sind zufrieden.

Sie leben wie in einer Großfamilie. Der eine passt auf den anderen auf, geht einkaufen für ihn oder schaut nach dem Rechten, wenn jemand im Haus krank geworden ist. Und Weihnachten und Silvester feiern sie auch gemeinsam. „Wir haben hier unser Traum-Wohnprojekt verwirklicht“, sagt Ingeborg Alsleben und spricht für alle 42 Bewohner im Alter von zurzeit drei Monaten bis 91 Jahren, die jetzt seit dreieinhalb Jahren im ersten Mehrgenerationenhaus im Kreis Pinneberg am Quickborner Amselweg leben.

„Es läuft einfach super, wunderbar“, freut sich Ingrid Stengloff (66). „Wir verstehen uns immer besser“, sagt Horst Bockelmann, der für die Hausgemeinschaft die Buchführung macht, die seit 2009 das Wohnprojekt als Genossenschaft realisiert hat und sich Quick Borns nennt. Das Genossenschaftsmodell macht die Bewohner der 28 Zwei- und Dreizimmerwohnungen, die ja praktisch ihnen gehören, unkündbar und sorgt so für absolute Sicherheit. Vorsitzende ist Ingeborg Alsleben (67). Sie sagt: „Wir kennen uns alle und leben wie in einer Großfamilie.“

Barbara Emcke (76) ist begeistert: „Ich bin jeden Tag aufs Neue glücklich, hier wohnen zu können.“ Die Rentnerin hörte in Barmstedt, wo sie zuvor lange gelebt hatte, von dem ungewöhnlichen Wohnprojekt in Quickborn und war sofort Feuer und Flamme. „Das ist ein Super-Grundstück, ein Traum und ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis hier.“ So musste jeder der 27 Genossenschaftler je nach Größe der Wohnung – 55 bis 90 Quadratmeter groß – eine bestimmte Einlage von 13.000 bis 39.000 Euro leisten. Die Nettokaltmiete beträgt für die sozial geförderten Wohnungen 5,40 Euro je Quadratmeter Wohnfläche im Monat, für alle anderen 7,40 Euro.

In der Nachbarschaft kostet die Miete elf Euro kalt

„Das ist spottbillig“, sagt Ingeborg Alsleben. Zumal die Wohnungen einen hohen Qualitätsstandard haben mit Fahrstuhl und Fußbodenheizung. Ganz in der Nähe sei gerade ein ähnliches Mehrfamilienhaus errichtet worden, wo die Miete bereits elf Euro betrage.

Im Jahr 2010 entstand eine Projektgruppe, die dann im Dezember die Genossenschaft gründete und die mithilfe eines Architektenwettbewerbs die Pläne für ein viergeschossiges Gebäude mit 28 Wohnungen ausarbeitete. Das freie 5200 Quadratmeter große Grundstück am Amselweg stellte die Stadt der Genossenschaft zur Verfügung, die sich ganz stadtaffin Quick Borns nannte, was schnelle Quelle bedeutet. Unterstützt wurden sie dabei von einer Projektplanerin, die in Lübeck bereits ein ähnliches Wohnprojekt verwirklicht hatte und aktuell gerade ihr 20. in Norderstedt realisiert. 4,2 Millionen Euro wurden investiert. Einzugstermin war im Frühjahr 2014.

Alles begann mit einer Umfrage

Angefangen hatte alles vor acht Jahren. Die Stadtverwaltung machte eine flächendeckende Umfrage, wie die Menschen in Quickborn im Alter leben möchten.

2000 Haushalte beteiligten sich daran. Ein Ergebnis dieser Befragung war, dass sich zwei Drittel der Rentner wünschten, in einer kleineren, etwa zwei bis drei Zimmer großen Wohnung zu leben.

Aber nur jeder dritte könnte sich diesen Wunsch erfüllen. „Quickborn fehlen generationsübergreifende Wohnformen“, fasste die damalige Stadtplanerin Rita Hegemann das Ergebnis zusammen. „Viele Quickborner möchten im Alter selbstbestimmt leben.“

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Und jetzt feiern sie bereits ihr viertes Weihnachten in ihrem Traumhaus. Es gibt eine Bastel- und eine Gymnastikgruppe, die sich in dem rund 50 Quadratmeter großen Gemeinschaftsraum regelmäßig treffen. Montags kommt hier etwa ein Dutzend Rentner zum gemeinsamen Frühstück zusammen. „Ein gutes Viertel der Bewohner ist ja noch berufstätig“, sagt die Vorsitzende Alsleben. Im Sommer wird gegrillt, gerade gab es wieder das Grünkohlessen und eine gemeinsame Adventsfeier. Und einmal im Monat bespricht die Hausgemeinschaft, was gerade so anliegt oder beschlossen werden muss. So hätten sie auf den Mitgliederversammlungen den Bau eines Fahrradschuppens und Spielplatzes mit Sandkiste für die Kinder beratschlagt und in die Wege geleitet.

Vor allem auch die junge Mutter Miriam Bast (34) genießt das Zusammenleben im Mehrgenerationenhaus. Sie wohnte mit ihrem Mann, der noch studierte, in Hamburg, als die Schwiegereltern ihnen von dem tollen Wohnprojekt in Quickborn erzählten. Die Nähe zu den Großeltern für ihre Kinder und der günstige Mietpreis überzeugte die junge Familie schnell.

Besucher können eine Gästewohnung nutzen

Und so könne nun ihr vierjähriger Sohn Leif-Ragnar allein durchs Haus stromern und mal bei den Nachbarn klingeln. „Jeder kennt hier jeden“, sagt die Mutter. Auch für das Babysitten bekam sie Hilfe aus der Nachbarschaft. Und als sie dringend etwas erledigen musste, lieh ihr ein Mitgenosse sein Auto. „Hier weiß auch jeder, wer gerade im Urlaub ist. Das gibt uns allen Sicherheit.“

Wenn Besuch kommt, gibt es sogar eine Gästewohnung, die jeder nutzen kann und die Ingeborg Alsleben gerade über Weihnachten für ihre Tochter angemietet hat. Für Aufsichtsratschef Bockelmann steht fest: „In jeder anderen Wohnung lebt man meist anonym. Hier haben wir eine quicklebendige, tolle Nachbarschaft.“ Dafür spricht auch die Tatsache, dass es erst einen Bewohnerwechsel gegeben hat.