Pinneberg. In unserem Adventskalender geht es um den Museumspädagoge Peter Russ, der zeigt, wie der legendäre Pinneberger lebte und arbeitete.
Jeden Erscheinungstag bis Weihnachten drucken wir ein Stück Weihnachtsgeschichte (nach dem Lukas-Evangelium) und lassen uns vom Text – oft ein bisschen um die Ecke gedacht – zu interessanten Gesprächspartnern leiten. Die öffnen uns ihre Türen, erzählen aus ihrem Leben und berichten, was sie mit Weihnachten verbinden.
Otto Klafack muss ein guter Typ gewesen sein. Sympathisch, beliebt bei den Jugendlichen, volkstümlich. Und sein Aussehen war irgendwie „kultig“ – so stellt sich zumindest Peter Russ den einstigen Pinneberger Obernachtwächter vor. Der Museumspädagoge muss es wissen: Seit drei Jahren schlüpft er regelmäßig in die Rolle des Nachtwächters und nimmt Besucher bei Stadtführungen mit auf eine Zeitreise.
Dass es Otto gegeben hat, ist sicher. Peter Russ hat ihn in den städtischen Unterlagen gefunden. 1838 wurde er geboren, er starb 1912. Auch darüber, wie er gelebt hat, weiß Peter Russ einiges. Und so viel ist gewiss: Er hatte einen anstrengenden Job. Als Obernachtwächter ging er nachts durch die Straßen der Stadt, um nach dem Rechten zu sehen. Er hielt nach Feuer Ausschau, kontrollierte verschiedene Häuser, ging durch die Gaststätten, damit die Sperrstunden eingehalten wurden, rief die Stunde aus. Kurzum: Er musste für Ruhe und Ordnung sorgen – immerhin war Pinneberg zu seiner Zeit ein wichtiges Ausflugsziel und viele Ortsfremde waren hier unterwegs.
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Otto Klafack war gewissermaßen der Hüter der Stadt, eine Mischung aus Polizist und Sicherheitsdienst. Außerdem waren er und seine Kollegen die Einzigen, die in der Nacht für etwas Licht sorgten. „In den 1850er-Jahren war es stockfinster. Es gab keine Außenbeleuchtung, in den Häusern brannte kein Licht. Da waren die Laternen der Nachtwächter die einzige Lichtquelle“, sagt Peter Russ.
Wie Weihnachten gefeiert wurde, lässt sich nur vermuten
Die Nachtwächter waren so wichtig für die Städte, dass man nicht ohne sie sein konnte, betont Peter Russ. Er vermutet, dass sie in Schichten gearbeitet haben. „So konnten sie vielleicht selbst auch Weihnachten feiern“, meint Peter Russ. Denn dass die Menschen in Pinneberg damals wie heute Weihnachten gefeiert haben, dessen ist er sich ziemlich sicher, auch wenn wenig über spezielle Bräuche von damals bekannt ist.
„Weihnachten wurde sicherlich überall gefeiert. Die Menschen werden damals noch ziemlich religiös gewesen sein. Sicher wissen wir es aber nicht“, betont Russ. Es gebe keine Aufzeichnungen darüber, aber vermutlich hätten die Leute auch früher schon überall Tannenzweige liegen und Tannenbäume stehen gehabt.
Peter Russ ist Historiker, auf Grundlage der Fakten hat er sich der Person Otto Klafack angenähert. Bei den Stadtführungen schmückt er sie etwas aus, wenn er den Obernachtwächter zum Leben erweckt. „Aber ich erzähle keine falschen Sachen. So erzähle ich auch nichts mehr nach 1910, denn dann müsste ich aus der Rolle fallen. Danach gibt es keine Aufzeichnungen mehr über Klafack“, sagt Russ.
Die Weihnachtsgeschichte
Er ist von der Person Otto Klafack fasziniert. „Er war ein wahnsinnig spannender Mensch. Und er hatte auch nicht nur einen Job, sondern ganz viele“, sagt Russ. Angeblich waren es 22 Berufe. Otto Klafack war Hafenmeister, Marktmeister, hat die Gasgebühren und die Hundesteuer kassiert, leistete Hilfsdienste, brachte Gefangene ins Gericht. Die Bezahlung sei schlecht gewesen, die Inflation hoch, da sei es kein Wunder, dass er mehr als nur einen Job hatte. „Aber dass es wirklich 22 waren, wird doch angezweifelt“, meint Russ.
Es gibt verschiedene Anekdoten über Otto Klafack
Es gibt einige historische Bilder, die Peter Russ während seiner Stadtführungen zeigt. Eines ist ein Foto von Otto Klafack. Darauf sieht er schon alt aus, er guckt ein wenig mürrisch. „Er war ein volkstümlicher Mensch, war bei den Leuten sehr beliebt. Es gibt zum Beispiel eine Geschichte, dass er eine Bekannte, eine Hausangestellte aus Rellingen, von der Bahn den ganzen Weg nach Hause brachte, weil es schon dunkel war“, erzählt Peter Russ. Eine andere Geschichte sei die von einem Weckdienst. „Die Leute hatten einen Faden um den Zeh, und Otto hat daran gezogen, um sie zu wecken.“
Der Historiker hat viele Nachforschungen angestellt. Dazu hat er nicht nur eine, sondern zahlreiche Nachtwächterverordnungen – meist in sehr schlechtem Deutsch geschrieben – gelesen. Aus Elmshorn sei zum Beispiel belegt, dass die Menschen früher warteten, bis der Nachtwächter kam, um dann ins Bett zu gehen. Der Nachtwächter gab den Menschen ein Gefühl der Sicherheit.
Mit seiner Recherche und seiner Idee ging Russ 2013 zu Museumsleiterin Ina Duggen-Below – „mit schlotternden Knien“ –, um zu fragen, ob er nicht eine Stadtführung als Otto Klafack machen könnte. „Die Nachfrage war gigantisch. Es gab ein großes Tamtam mit Bürgermeisterin und 81 Besuchern“, erinnert sich Russ. So wurde aus einer einzigen Führung ein dauerhaftes Angebot, die Nachfrage sei ungebrochen hoch.
Historischer Stadtrundgang mit Obernachtwächter Otto Klafack durch Pinneberg, 5 Euro pro Person, nähere Informationen zu den Terminen gibt es im Pinneberg Museum. Stadtführungen für Gruppen sind buchbar per E-Mail an ONW-Klafack@gmx.de und unter Tel. 04101/655 25.