Kreis Pinneberg . Die Landesregierung will die Beitragspflicht für Anlieger abschaffen. Viele Kommunen möchten die Bürger trotzdem beteiligen.

Müssen Anlieger künftig weniger für die Sanierung der Straßen vor ihrer Haustür bezahlen? Und bleiben die Kommunen dafür auf Kosten sitzen? Ein Gesetzentwurf der Landesregierung, nach dem Städte und Gemeinden nicht mehr zwingend sogenannte Straßenausbaubeiträge von ihren Bürgern verlangen müssen, sorgt für Unsicherheit in den Rathäusern.

Besonders schwierig ist die Lage in Kommunen wie etwa Uetersen oder Pinneberg, die unter dem Rettungsschirm des Landes stehen und deshalb möglichst alle Einnahmequellen ausschöpfen sollen. In Uetersen sind sich CDU-Fraktionschef Andreas Stief und FDP-Ratsherr Jürgen Maßow einig: Der Gesetzesentwurf sei in seiner jetzigen Form noch nicht anwendbar. Beiden bereitet, wie vielen anderen Kommunalpolitikern auch, die Refinanzierung Sorge für den Fall, dass eine Stadt oder Gemeinde nicht mehr bis zu 85 Prozent der Ausbaukosten auf die Anlieger umlege. In der Rosenstadt will die CDU/FDP-Gruppe daher keine weiteren Straßenausbauten verabschieden, bis die Landesregierung Klarheit zu rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen schafft.

„Wir meinen, dass es falsch wäre, jetzt weiterzumachen wie bisher“, sagt Stief. Es dürfe nicht der Fall eintreten, dass die Kommunen juristisch angreifbar würden oder finanziell ausbluteten.

Die SPD in Tornesch sieht es ähnlich. „Die Erhebung von Anliegerbeiträgen ist für viele Städte und Gemeinden unerlässlich. Auch die Stadt Tornesch kann aufgrund ihrer Haushaltslage darauf nicht verzichten“, sagt Torneschs SPD-Ratsherr Manfred Fäcke. „Ohne einen finanziellen Ausgleich der Einnahmeausfälle haben wir keine Wahlfreiheit“, sagt er.

Torneschs Bürgermeister Roland Krügel sieht ebenfalls ein Problem bei der ungeklärten Refinanzierung. Ohne eine klare Vorgabe aus Kiel werde es kompliziert, eine Marschroute festzulegen. Anders hingegen die Tornescher CDU. Der Unions-Vorsitzende Daniel Kölbl begrüßt die neu gewonnene „Freiheit, selbst zu entscheiden, ob, wie und in welcher Höhe wir Straßenausbaubeiträge erheben“.

CDU-Landtagsabgeordnete verteidigt Neuregelung

Die CDU-Landtagsabgeordnete Barbara Ostmeier verteidigt die Neuregelung. Die Forderung nach zusätzlichen finanziellen Mitteln vonseiten der Kommunen empfindet sie als unangemessen. Der Landeshaushalt gebe es nicht her, Kosten zu übernehmen.

In Wedel steht Bürgermeister Niels Schmidt steht einer sofortigen Senkung der Straßenausbaubeiträge skeptisch gegenüber. Grundsätzlich hält er es zwar für sinnvoll, die Bürger bei den Straßenausbaubeiträgen zu entlasten. Das führe dann aber zu einem Gerechtigkeitsproblem in der Übergangsphase: „Wenn ich die Ausbaubeiträge senke, muss das Geld aus einer anderen Quelle, sprich Steuererhöhungen an anderer Stelle, wieder eingenommen werden“, argumentiert Schmidt. Diese Erhöhung müsse dann ja auch wieder jener Bürger tragen, der vielleicht vor drei Jahren vor der eigenen Haustür noch erhebliche Ausbaubeiträge zahlen musste und so doppelt zur Kasse gebeten würde.

Zurzeit hätten die Bürger zwischen 23 und 85 Prozent der Ausbaukosten zu tragen, je nachdem, ob es sich um eine Anlieger- oder eine Durchgangsstraße handelt. Schmidt: „Dieses Problem lässt sich auf kommunaler Ebene nicht lösen. Da braucht es eine grundsätzliche Entscheidung des Landes, die eine einheitliche Richtung vorgibt.“

Auch die mit mehr 20 Millionen Euro hoch verschuldete Stadt Barmstedt ist eigentlich auf diese Beiträge angewiesen. „Uns fehlt bislang die Gegenfinanzierung in dem Gesetzentwurf“, sagt Peter Knaack vom Fachbereich Finanzen. „Wir sind Fehlbedarfsgemeinde.“ Zwischen 25 und 75 Prozent müssten die Anwohner in Barmstedt zurzeit selbst tragen. Barmstedt warte jetzt erstmal den Gesetzesbeschluss ab, so Knaack. Dann könnte eine Neuregelung, sofern sie politisch gewollt sei, frühestens für neue Straßenbauvorhaben gelten.

In Quickborn sei die alte Satzung noch in Kraft, sagt Erik Grasselt vom Fachbereich für Rechts- und Grundsatzangelegenheiten. „Das bleibt auch erst mal so.“ Zwischen 20 und 75 Prozent variiere der Beitrag der Bürger.

In Rellingen sei zuletzt vor sieben Jahren beim Ausbau der Gärtnerstraße den Anliegern ein Beitrag in Rechnung gestellt worden, erklärt Andrea Reichert, die stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Planen und Bauen. Sie mussten seinerzeit 40 Prozent der Gesamtkosten beisteuern. In Rellingen liegt der Anliegeranteil grundsätzlich zwischen 15 und 65 Prozent. Reichert: „Wir haben das noch nicht abschließend beraten, wie wir künftig mit den Ausbaubeiträgen umgehen sollen.“

In Pinneberg müssen die Anlieger zwischen 35 und 85 Prozent der Ausbaukosten selbst tragen, sagt Stadtsprecherin Maren Uschkurat. Ob das künftig so bleibe oder eine Abschaffung der Beiträge infrage komme? „Da sind wir noch in der Entscheidungsfindung“, sagt Maren Uschkurat. „Derzeit ändert sich nichts. Dazu bedarf es eines politischen Beschlusses.“

In Halstenbek müssen Anlieger zwischen 20 und 75 Prozent zahlen. Aktuell wird die Bahnhofstraße saniert, die Anwohner haben bereits mehrfach dagegen protestiert, dafür zu zahlen. Aber: „Wir haben einen defizitären Haushalt und können darauf nicht verzichten“, sagt Bürgermeister Claudius von Rüden.