Kreis Pinneberg. Kieler Landesregierung will Kommunen entscheiden lassen, ob sie die Abgabe erheben. Bürgermeister warnen vor den Folgen.

Die Kommunen sollen selbst entscheiden, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben oder nicht. Das sieht ein Gesetzentwurf der Landesregierung aus CDU, FDP und Grünen vor. Eine Idee, die bei vielen Städten und Gemeinden auf Widerstand stößt. „Die Landesregierung macht es sich einfach“, sagt Elmshorns Bürgermeister Volker Hatje. Von einer Wahlfreiheit könne keine Rede sein, weil gerade die finanziell schwachen Kommunen es sich nicht leisten könnten, auf diese Abgabe zu verzichten.

Der Elmshorner Verwaltungschef nahm in dieser Woche an einem Treffen mehrerer Bürgermeister mit dem Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) teil. „Es gab dort viele kritische Äußerungen zu dem Gesetzentwurf“, sagt Hatje. Er beklagt eine Ungleichbehandlung, weil es sich reiche Kommunen künftig leisten könnten, auf die Abgabe zu verzichten, während ärmere Kommunen weiterhin ihre Bürger zur Kasse bitten müssten. „Die Idee aus Kiel, wir könnten zur Gegenfinanzierung doch die Grundsteuer erhöhen, lehne ich ab“, so Hatje weiter. Die Grundsteuer würde in astronomische Höhen steigen. Hatje: „Wenn wir sie nicht antasten, würde unsere Verschuldung deutlich anwachsen.“

Seine Stadt stecke pro Jahr viel Geld in den Straßenausbau – und jedes Jahr würden Anlieger an den Kosten beteiligt. „Wenn wir jetzt auf Anliegerbeiträge verzichteten, gäbe es massive Widerstände derer, die in den vergangenen Jahren dafür zahlen mussten“, prophezeit Hatje. Er sieht Elmshorn auch im Nachteil gegenüber den umliegenden Gemeinden, die ebenfalls auf eine derartige Kostenbeteiligung verzichten könnten, weil sie fast ausschließlich über überregionale Straßen, die nicht in der Verantwortung der Kommunen liegen, und reine Wohnstraßen, die in der Erschließungsphase von den Anwohnern schon bezahlt worden sind, verfügten.

Rellingen will auf Beiträge verzichten

„Das Land lässt uns Kommunen im Stich“, kommentiert Halstenbeks Bürgermeister Claudius von Rüden den Gesetzentwurf. In Halstenbek wird derzeit die Bahnhofstraße saniert – und bereits im Vorfeld hatten die Anwohner sich zusammengeschlossen und gegen die Kostenbeteiligung Front gemacht. Halstenbek kann es sich nicht leisten, auf die Ausbaubeiträge zu verzichten“, sagt von Rüden. Er sehe die angebotene Wahlfreiheit als „Gefahr für die kommunale Familie“, weil ein „Wettbewerb zwischen reichen und armen Kommunen“ entstehen würde. Wenn das Land den Kommunen eine Wahlfreiheit geben wolle, müsse es auch Geld bereitstellen, um die Einnahmeausfälle zu kompensieren.

„Die Verantwortung wird einfach auf die Kommunen abgeschoben“, sagt Torneschs Bürgermeister Roland Krügel. Auch seine Stadt sei auf diese Einnahmequelle angewiesen. „Wenn einer nicht zahlen konnte, haben wir immer Lösungen gefunden.“ Es gebe keine gerechte Übergangslösung. Krügel: „Was sage ich denen, die voriges Jahr zahlen mussten, wenn ein Jahr später eine Nachbarstraße saniert wird und die Anlieger dort befreit werden?“

Das sagt Grote

Die Freiwilligkeit ist für den Innenminister der entscheidende Punkt. „

Spätestens, wenn der Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis mehr zu den Erträgen steht, verliert dieses Finanzierungsinstrument seinen Sinn und Zweck“, sagt er.

Die Kommunen sollten anhand ihrer individuellen örtlichen Verhältnisse selbst entscheiden dürfen.

1/3

Rellingens Bürgermeister Marc Trampe, dessen Kommune zu den finanzstärksten im Kreis zählt, kann sich mit dem Vorstoß aus Kiel anfreunden. „Ich halte eine Wahlfreiheit durchaus für wichtig.“ Der Aufwand, die Anliegerbeiträge aufzuschlüsseln und auszurechnen, die Bescheide zu erstellen, über Widersprüche zu entscheiden, den Zahlungseingang zu überwachen und gegebenenfalls Mahnschreiben zu versenden, sei enorm, so Trampe weiter. „Wenn ich eine Vollkostenrechnung aufmache, steht der Aufwand oftmals in keinem Verhältnis zum Ertrag.“

Der Haus- und Grundeigentümerverein (Haus & Grund) fordert eine komplette Abschaffung der Abgabe. „Alle Bürger benutzen Straßen. Daher ist es gerecht, wenn die Kosten des Straßenbaus von allen geschultert werden und nicht nur von den Eigentümern,“ sagt Alexander Blažek, Verbandsvorsitzender von „Haus & Grund Schleswig-Holstein“. Die Gegenfinanzierung könne über eine maßvolle Anhebung der Grundsteuer erfolgen. Diese würden Immobilieneigentümer und Mieter – Letztere über die Betriebskosten – gleichermaßen bezahlen müssen. „Ganz abschaffen wäre am einfachsten“, sagt Blažek und nennt Hamburg als Vorbild. Straßensanierung- und ausbau sei eine hoheitliche Aufgabe, die mit Steuergeld zu finanzieren sei.