Pinneberg. Trotz Entwarnung der Statiker fehlt die Freigabe durch die Stadt. Platzt jetzt der Traum von Pinnebergs Kulturzentrum?

Herbert Hoffmann rüttelt und zieht. Er will hinein in die Ernst-Paasch-Halle. Doch das kann der Kulturexperte der Pinneberger SPD vergessen. Die Stadtverwaltung hat das Bauwerk im Dezember 2016 wegen angeblicher Gefahr für Leib und Leben abgesperrt.

Zwar gab ein Statiker längst Entwarnung – der Bau dürfe nach kleinen baulichen Veränderungen zumindest bis zum einbrechenden Winter, wenn Schnee das Dach beschweren könnte, freigegeben werden. Doch darauf warten Kulturschaffende in Pinneberg vergeblich. „Nichts läuft, die Halle wird bewusst dem Zerfall überlassen“, sagt Hoffmann. Er ist seit sieben Jahren Befürworter des Umbaus zu einem Kulturzentrum. Einer von vielen.

Forum Theater zahlt Miete für die gesperrte Halle

Leidtragende des Hickhacks um die 1891 erbaute Halle an der Lindenstraße, die dem Forum Theater jahrelang als Spielstätte diente, sind Mitglieder des Theatervereins, dessen Fundus hinter der verschlossenen Tür lagert. Reinhard Matthies ist so ein Mitglied. Hoffnungen, 2017 doch noch ein Stück an der Lindenstraße aufzuführen, muss er wohl begraben. Verstehen kann er das nicht. „Wir zahlen bis zum heutigen Tag monatlich etwa 250 Euro Miete für die Halle“, so Matthies.

Rückblick: Schon 2010 kommt die Idee, aus der fraglos sanierungsbedürftigen Sporthalle an der Lindenstraße ein Kulturzentrum zu machen, auf den Tisch. Schließlich spielt das Forum Theater regelmäßig in dem historischen Gebäude, in dessen alten Mauern vor Aufführungen mit viel Engagement für ein einem Theater angemessenes Ambiente gesorgt wird. 2011 landet der Vorstoß erstmals auf der politischen Tagesordnung. Die Bürgermeisterin heißt zu diesem Zeitpunkt noch Kristin Alheit.

Das letzte Erbe des Herman Wupperman

Die Ernst-Paasch-Halle ist eines der letzten historischen Gebäude im Pinneberger Stadtgebiet.

Erbaut wurde die Turnhalle im Jahr 1891 vom Unternehmer Herman Wupperman, der die Stadthistorie entscheidend mitprägte.

Der in Texas geborene Wupperman hatte 1878 eine Emaillefabrik in Pinneberg übernommen, der er in der Folge zur Blüte verhalf.

Für Arbeiter in seinem stetig wachsenden Werk baute er Wohnungen und 1887 sogar eine Kochschule, die 2015 dem Abrissbagger weichen musste.

Die Turnhalle an der Lindenstraße gehört zum Erbe Wuppermans, an den an der Hermanstraße in Pinneberg ein Denkmal erinnert.

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Alheit geht. Der Traum vom Kulturzentrum bleibt. Aus der politischen wird eine öffentliche Diskussion. Ein Abend im November 2014 belegt das: Fast jeder Stuhl im Pinneberger Ratsaal ist besetzt. 140 Menschen sind gekommen. Sie diskutieren über die Zukunft der Ernst-Paasch-Halle, fassen am Ende einen Beschluss, der den Mitgliedern der Ratsversammlung vorgelegt wird. Pinneberg will den Umbau der alten Turnhalle. Pinneberg will ein Kulturzentrum. Eines, in dem nicht nur Theatervereine eine Heimat finden, sondern auch Autoren und Musiker die Bühne bespielen.

Einen Termin für die Eröffnung der Halle gibt es nicht

In der Folge gibt es immer wieder Rückschläge. Mal scheitert die Suche nach Investoren, mal fehlt es an Fördergeldern. Zuletzt stellt die Stadt eine kurzfristige Freigabe der Halle in Aussicht, die dann jedoch nicht erfolgt. Wieder ein Tiefschlag fürs Forum Theater. Für Herbert Hoffmann ist das Versagen der Stadt offenkundig: „Da hat in der Vergangenheit jemand blockiert, und es wurde gehörig Mist gebaut.“

Rathaussprecherin Maren Uschkurat äußert sich am Dienstag auf Anfrage des Abendblatts. Einen Termin für die Eröffnung der Halle nennt sie diesmal nicht. „Die Freigabe erfolgt, sobald der Nutzungsänderungsantrag genehmigt wurde. Dieser wird gestellt, sobald alle notwendigen Fachplanungen für den Änderungsantrag vorliege“, so Uschkurat. In den vergangenen Jahren seien lediglich notwendige bauliche Reparaturarbeiten vorgenommen worden, da die weitere Nutzung der Halle ungewiss gewesen sei. „Kürzlich wurden zur Gefahrenabwehr Fassadenarbeiten wegen loser Mauerwerkssteine durchgeführt“, so die Rathaussprecherin.

Pinneberg habe ein Kulturzentrum verdient

Für die Spielzeit 2018 sei sichergestellt worden, dass dem Forum Theater der Ratssitzungssaal als Spielort zur Verfügung stehe. „Das kann nur eine Übergangslösung sein“, sagt Reinhard Matthies. Ziel sei es, wieder an der Lindenstraße zu spielen. „Das ist ein prima Theatersaal“. Sieben Jahre Stillstand seien genug, ergänzt Hoffmann. Eine 44.000 Einwohner zählende Stadt habe ein Kulturzentrum verdient.

„Ich bedauere sehr, dass ich dem Forum Theater immer noch kein Datum nennen kann, wann die Halle freigegeben werden kann, hoffe dies aber bald nachholen zu können“, so Uschkurat. Bis dahin rütteln Hoffmann und Matthies am Türknauf. Vergeblich.