Pinneberg. Das Pinneberger Forum-Theater kehrt auf die Bühne zurück. Für Kostümbildnerin Brigitte Ehrich steht nun viel Arbeit an.
Vor Kurzem hatte Brigitte Ehrich ihre Tätigkeit als Kostümbildnerin für das Pinneberger Forum Theater noch so beschrieben: als zurzeit eingefroren. Dass dieser Zustand nun ein Ende hat, liegt daran, dass der Theaterverein trotz des Verlusts seiner Aufführungs- und Lagerräumlichkeiten drei neue Produktionen in diesem Jahr plant. Möglich gemacht haben das aufgeschlossene Schulleiter und die daraus folgende Kooperation mit Pinneberger Schulen als Aufführungsstätten (siehe Text unten).
Jetzt sind 2o Rollen in „Alice im Wunderland“ zu bestücken, das die Kindergruppe als Weihnachtsmärchen im November und Dezember spielen wird. Ein Fall für die frühere Abendblatt-Kulturredakteurin Brigitte Ehrich, die am liebsten fantasievolle Märchenkostüme entwirft. Das ehrenamtliche Schneidern übernehme sie dann, wenn es sich wegen der Besonderheit der Kostüme lohne, sagt sie und breitet einige Stücke auf dem Tisch im heimischen Wohnzimmer aus, darunter ein opulentes Barockkleid und ein graublauer Samtanzug inklusive Spitzenjabot.
Alltagskleidung zu schneidern sei nämlich nicht ihr Ding, prächtige historisch anmutende Roben wie diese für den 2016 aufgeführten Klassiker „Der eingebildete Kranke“ von Molière oder die Ausstattung zum letzten Weihnachtsmärchen „Sindbad, der kleine Seefahrer“ schon eher. Für die Ausstattung des Kindertheaterstücks „Die kleine Hexe“ fertigte sie für jede einzelne Hexe unterschiedliche Hüte.
Für die Knusperhexe verwendete sie beispielsweise Küchenhandtücher und die Karo-Deko von Camembert-Käseschachteln, aus Stroh für den Garten entstanden die Haare der kleinen Hexe. „Fantasie ist dabei das Wichtigste und auch, die Kostüme im Kopf zu haben“, weiß Ehrich aus Erfahrung. Rund sieben Monate bleiben der Hobbyschneiderin, um sich Verkleidungen auszudenken, Stoffe und Utensilien zu besorgen und Kostüme und Accessoires zu nähen.
„Die Darstellerriege wird einmal durchgemessen“, beschreibt sie das Prozedere vor dem ersten Nadelstich, später folgen zwei Anproben, bei denen die Teile angepasst werden. Als Standard verwendet sie einen schlichten Blusenschnitt, Reißverschlüsse ermöglichen schnelle Wechsel der Kleidung hinter der Bühne. Auch Strick- und Häkelnadeln kamen schon zum Einsatz für Westen oder Schultertücher. Als besondere Herausforderung habe sie die
Gestaltung der aufwendigen Kostüme für das Molière-Stück empfunden,
aber eben auch als spannender.
Für „Sindbad“ habe sie zudem im selben Jahr zwischen Mai und November 17 von 26 benötigten Verkleidungen selbst genäht. „Das waren Mammutaufgaben.“
Auch finanziell ist Einfallsreichtum gefragt
Da Stücke nur in den seltensten Fällen eine Wiederaufnahme erfahren, müssen Kostüme oft umgearbeitet und dann wiederverwendet werden. Das Nähen habe sie von ihrer Mutter gelernt, sie besitze auch nur eine ganz einfache elektrische Nähmaschine, so Ehrich. „Ich bin nicht perfekt mit der Schneiderei“, sagt sie selbstkritisch. Bei Gestaltung und Erstellung ist ihr Einfallsreichtum auch unter finanziellen Gesichtspunkten gefragt, denn die Mittel des Vereins sind begrenzt.
Theater weicht in Schulen aus
Noch stapeln sich Kostüme aus früheren Produktionen bei Brigitte Ehrich zu Hause im Nähzimmer. Der Zugang zum Fundus in der Ernst-Paasch-Halle wurde dem Verein nach deren Sperrung verwehrt, die dort gelagerten Kostüme regelrecht eingesperrt. Nur einmal habe sie unter Aufsicht ein paar Kostüme und Requisiten aus dem Lagerraum holen können, diese danach aber nicht mehr zurückbringen dürfen, erzählt Brigitte Ehrich. Der Platz wird knapp, denn seit sich herumgesprochen hat, dass die Kostümbildnerin Stoffe sammelt, hat ihr das Stoffspenden beschert. Einen Vorrat an Spitzen und Bändern hat sie sich ebenfalls angelegt. Inzwischen sind ihre privaten Lagermöglichkeiten damit ausgeschöpft. Doch damit dürfte bald Schluss sein, denn in einem von der Sperrung nicht betroffenen Anbau der Ernst-Paasch-Halle wurde jetzt neuer Lagerraum für den Fundus zur Verfügung gestellt.
Das langjährige Mitglied Brigitte Ehrich engagiert sich auch über die Kostüme hinaus im Theaterverein: Soufflieren, Inspizienz, Regie, Ausstattung – sie „mache alles, was anfällt“, beschreibt die aktive Seniorin. Nur im Rampenlicht stehe sie selbst nicht gern, schon der für das Regieteam unvermeidliche Gang auf die Bühne sei ihr unangenehm. Applaus in Form von Wertschätzung für ihre Arbeit genießt sie hingegen schon. „Für meine beiden letzten Ausstattungen hab ich so viel Lob gekriegt“, sagt sie und lacht. „Das reicht bis an mein Lebensende.“