Pinneberg. Statiker hält Nutzung für vertretbar, Wiedereröffnung des Baus trotzdem fraglich. Bund der Steuerzahler wittert Verschwendung.

Vorhang auf zum nächsten Akt im Verwirrspiel um Pinnebergs Ernst-Paasch-Halle. Nachdem die bisherige Spielstätte des Forum Theaters im Dezember 2016 wegen angeblicher Einsturzgefahr Hals über Kopf dicht gemacht worden ist, liegt jetzt das Gutachten eines Statikers auf dem Tisch. Tenor: Das historische Gebäude an der Lindenstraße dürfte nach kleinen baulichen Veränderungen erst mal wieder betreten und genutzt werden – zumindest bis zum Winter, wenn Schnee das Dach der Halle beschweren könnte. Die erhoffte Atempause für Pinnebergs derzeit heimatlose Theatermacher?

„Großartig, wenn wir wieder hinein können“, sagt jedenfalls Reinhard Matthies vom seit Dezember aus der einstigen Dauerspielstätte ausgesperrten Forum Theater. Schließlich lagere der Fundus des heimatlosen Ensembles noch immer hinter den verschlossenen Türen des Gebäudes, das seit Jahren als künftiges Kulturzentrum im Gespräch ist. Sogar eine Lichttraverse der Gruppe sei dort weggesperrt.

Sabotage aus Reihen der Stadtverwaltung?

Womöglich jedoch freut sich Matthies zu früh. „Ich kann aktuell nicht sagen, wann die Ernst-Paasch-Halle wieder freigegeben wird“, sagt jedenfalls Rathaussprecherin Maren Uschkurat auf Anfrage. Das werde noch intern geprüft, es gebe durchaus rechtliche Bedenken. Zudem müsse Geld für kleinere Umbauten bereitgestellt werden. Zu prüfen sei, ob das für eine nur mittelfristige Lösung lohne.

Die beiden Ratsherren Reinhard Matthies (l.) und Herbert Hoffmann kurz vor der Sperrung der Halle
Die beiden Ratsherren Reinhard Matthies (l.) und Herbert Hoffmann kurz vor der Sperrung der Halle © HA | Andreas Daebeler

Komplett wird das Verwirrspiel, sollte der sozialdemokratische Ratsherr Herbert Hoffmann mit seiner Vermutung recht haben. Der glaubt nämlich, dass die seit Jahren politisch vorangetriebenen Pläne für eine Umwandlung der alten Halle in ein Pinneberger Kulturzentrum sabotiert werden – womöglich gar aus Reihen der Stadtverwaltung.

Ratsherr erhebt schwere Vorwürfe

Ein Verdacht, den ein Schreiben des Bunds der Steuerzahler erhärten könnte. Darin ist von Hinweisen die Rede, die den in Kiel sitzenden Bund erreicht hätten. „Merkwürdig“ nennt Hoffmann den nunmehr bei der Stadt eingegangenen Fragenkatalog des Bunds der Steuerzahler, der bei den Planungen für ein Kulturzentrum in der Paasch-Halle offenkundig Verschwendung wittert. „Im Rathaus sitzt jemand, der das Kulturzentrum verhindern will“, sagt Hoffmann. Er halte es daher für möglich, dass der Tipp an den Bund der Steuerzahler eben daher kam.

An die Verantwortlichen in der Pinneberger Stadtverwaltung hat Hoffmann jetzt klare Erwartungen. „Ich gehe davon aus, dass die Halle kurzfristig freigegeben wird, politische Beschlüsse sind dafür nicht nötig“, so der Kulturexperte der SPD. Der Umbau zum Kulturzentrum sei weiterhin politisch gewollt. „Wir warten weiterhin auf belastbare Zahlen, die uns noch immer nicht vorliegen.“

Theaterverein will noch 2017 spielen

Mit den im Frühjahr 2017 vorgelegten groben Kostenschätzungen will sich der Sozialdemokrat nicht zufrieden geben. Darin war die Umwandlung in ein Kultuzentrum mit mindestens 647.000 Euro veranschlagt worden. Allein 346.000 Euro davon müssten demnach in den Brandschutz investiert werden. Erste Arbeiten am Dach seien mit 21.000 Euro zu beziffern. Darüber hinaus war die Rede von „nicht unerheblichen“ Kosten.

Die Idee, die Versammlung und der Schock

Ein Kulturzentrum für die Stadt Pinneberg – diese Idee gibt es schon seit 2013. Seinerzeit hatte man sich an der Pinnau eine neue Schulsporthalle für 3,2 Millionen Euro gegönnt. Mit hohen Zuschüssen.

Um ans Fördergeld zu kommen, musste Pinneberg sich jedoch bereit erklären, die in die Jahre gekommene Ernst-Paasch-Halle als Sportstätte aufzugeben. Der Gedanke, dort per Nutzungsänderung ein Kulturzentrum entstehen zu lassen, war geboren.

In der Folge ging es hin und her, im November 2014 durften gar die Bürger mitreden – während einer Einwohnerversammlung wurden Ideen für das Kulturzentrum in der historischen Halle konkretisiert. Von da an geriet das Projekt jedoch immer wieder ins Stocken.

Der Schock folgte im Dezember 2016, als die Stadt das Gebäude wegen statischer Mängel sperren musste. Das Forum Theater ist seitdem heimatlos, der Fundus des Ensembles eingeschlossen.

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Reinhard Matthies wäre schon froh, wenn 2017 doch noch ein Stück seines Theatervereins in der 1891 erbauten Sporthalle über die Bühne gehen könnte. Im Frühjahr hatte das Forum-Ensemble eigentlich seinen gesamten Spielplan mangels Bühne gestrichen – auch um dem Protest Ausdruck zu verleihen. Nun könnte im Herbst mit dem Stück „Frohe Weihnachten, Miss Carey“ doch noch etwas gespielt werden. „Am liebsten in der Ernst-Paasch-Halle, um zu zeigen, dass wir noch da sind“, so Matthies. „Wir haben 100 Abonnenten, die wollen auch mal was sehen.“

Wer sich den Veranstaltungskalender der Stadt für das Pinneberger Rathaus anschaut, der erkennt, dass die Stadtverwaltung derzeit zweigleisig fährt. Geht es um den Ratssaal, werden für 2018 Abendtermine geblockt, die zur Not dem Forum Theater angeboten werden sollen. „Ein großes Entgegenkommen der Stadt, keine Frage“, findet Matthies, auch aktiver Politiker in Pinneberg, anerkennende Worte. Dass er die Stücke des Forum Theaters 2018 lieber in der historischen Ernst-Paasch-Halle sehen würde, daraus macht das Theaterurgestein keinen Hehl.

Die kritischen Nachfragen des Steuerzahler-Bunds zum Projekt Kulturzentrum hat die Stadt mittlerweile beantwortet. Bleibt abzuwarten, ob der Bund das Vorhaben in sein jährlich erscheinendes Schwarzbuch der Steuerverschwendungen aufnehmen wird.