Kreis Pinneberg . Ingo Minnerop sieht die Hamburger Randlage trotzdem als prädestiniert für hohe Einbruchszahlen. Weiterhin niedrige Aufklärungsquote.
Mit viel Personal und moderner Technik versucht die Polizei, die Einbruchskriminalität zu bekämpfen. Zum Ende der dunklen Jahreszeit spricht der Leiter der Kriminalinspektion, Ingo Minnerop, im Abendblatt-Interview von Erfolgen. Die Zahl der angezeigten Einbrüche ist zurückgegangen. Aber die Täter konzentrieren sich stärker auf den Hamburger Rand.
Mit dem Ende der dunklen Jahreszeit geht meistens auch die Zahl der Einbrüche zurück. Können Sie zum Ende der „Hochsaison“ eine erste Bilanz für den Kreis Pinneberg ziehen?
Ingo Minnerop: Die „Hochsaison“ definieren wir als die Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. März, also die dunkle Jahreszeit. Dunkelheit reduziert das Entdeckungsrisiko für Einbrecher und vereinfacht auf der anderen Seite das Erkennen von Häusern und Wohnungen, in denen sich wahrscheinlich gerade kein Bewohner aufhält, weil kein Licht brennt. Eine erste Bilanz ziehe ich dabei nicht aus der Kriminalitätsstatistik, die am Ende der Ermittlungen erstellt wird, sondern aus unserer Eingangsstatistik, die die aufgenommen Strafanzeigen am Beginn eines Falles abbildet. Dabei stelle ich fest, dass wir im Kreis Pinneberg in der Saison 2015/2016 insgesamt 746 Strafanzeigen aufgenommen haben und 2016/2017 bis zum 22. März 440 Strafanzeigen. Das ist ein Rückgang von knapp 40 Prozent. Wir dürften daher eines unserer Ziele, nämlich die Reduzierung der Fallzahlen, erreicht haben. Der Blick auf die Anzahl der aufgeklärten Straftaten ist in der Eingangsstatistik nicht möglich, da die Mehrheit der Fälle noch aktiv bearbeitet wird. Ziehe ich hier aber unsere vor Kurzem veröffentlichte Kriminalitätsstatistik heran, dann muss ich feststellen, dass wir unser Ziel der Erhöhung der Aufklärungsquote noch nicht erreicht haben. Sie liegt weiterhin mit 6,3 Prozent nur im einstelligen Bereich.
Meine Bilanz fällt trotzdem positiv aus, denn wir konnten die Zahl der Einbrüche reduzieren, das heißt, es gibt weniger Geschädigte und damit auch weniger Opfer.
Wenn Sie diese Zahlen mit denen des Winters 2015/16 vergleichen – welche Unterschiede sind auffällig?
Im Kreis Pinneberg ist festzustellen, dass die Orte stark betroffen sind, die auch besonders dicht an Hamburg grenzen. In dieser deutlichen Form konnte wir das in der Vorsaison nicht feststellen. Das hat dann auch zur Folge, dass wir im Bereich Elmshorn und Umgebung einen deutlichen Rückgang verzeichnen konnten. So reduzierten sich die Fallzahlen von 138 auf 58 um mehr als die Hälfte. Aber auch der unmittelbare Hamburg-Rand, also die Orte Schenefeld, Halstenbek, Rellingen, nahm um knapp 140 Fälle ab, liegt mit 195 Fällen aber immer noch auf hohem Niveau.
Wie erklären Sie diese Entwicklungen?
Die Entwicklungen hängen stark von der Aktivität der unterschiedlichen Gruppen oder Banden ab, die Einbrüche begehen. So stellen wir fest, dass nach Großkontrollen für einige Tage bis hin zu einer Woche in den Kontrollbereichen kaum Wohnungseinbrüche zu verzeichnen sind. Ebenso haben erfolgreiche Festnahmen zumindest teilweise ebenso Einfluss auf regionale Belastungen. Wird der Druck da zu hoch, dann weichen Täter auch auf andere Bereiche aus. Gerade Hamburg und Niedersachsen intensivieren bekanntermaßen ihre Anstrengungen – wie wir ja auch.
Mit welchen Konzepten reagiert die Polizei auf die seit Jahren sehr hohe Zahl an Einbrüchen in der Region?
Wir konzentrieren eigens dafür Kräfte aus den Revieren und Ermittlungsdienststellen, die sich ausschließlich mit dem Phänomen auseinandersetzen. Dazu gehören eine Erhöhung der Fahndungskräfte ebenso wie die konzentrierten Ermittlungen. Zwei aus meiner Sicht sehr wichtige Komponenten sind aber auch die Prävention und die Öffentlichkeitsarbeit. Schaffen wir es, die Bürger mehr dafür zu sensibilisieren, dann wird auch die Zahl der erfolglosen Einbrüche zunehmen und die Zahl der vollendeten Einbrüche sinken. Hier liegt die Quote derzeit bei etwa 40 Prozent. Technische Sicherungen, aber auch richtiges Verhalten beeinflussen diese Quote. Hier sind wir mit Informationsveranstaltungen sehr stark präsent und informieren. Daneben suchen wir im Rahmen von Präventionssteifen die Bürger zu Hause auf und weisen auf Defizite hin. Das sind Schlüssel die von außen auf der Haustür stecken, Fenster die auf Kipp stehen, obwohl keiner zu Hause ist, wie auch der Klassiker des überlaufenden Briefkastens. Ohne die Hilfe der Bürger können wir nicht erfolgreich sein. Daher gilt es, die Bürger transparent und offen zu informieren. Das dient auch dazu, die Bürgerinnen und Bürger zu ermuntern, verdächtige Wahrnehmungen sofort der Polizei mitzuteilen.
Die Statistik
Braucht die Polizei im Kampf gegen die Einbruchskriminalität mehr Befugnisse? Haben Sie genug Personal?
Wir verfügen bereits über eine Vielzahl von Möglichkeiten, um den Kampf, wie Sie es nennen, aufzunehmen. Diese Befugnisse hängen aber zunächst immer davon ab, welcher Straftatbestand vorliegt. Bestimmte Befugnisse der Strafprozessordnung sind uns erst zugänglich, wenn wir begründen können, dass die Einbrüche durch Banden oder gewerbsmäßig begangen werden. Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit aller Einbrüche eher banden- und gewerbsmäßig begangen wird. Das müssen wir aber erst einmal mit Tatsachen beweisen. Dies gelingt uns zum Beispiel auch, wenn Täter gestört werden und mindestens drei Personen flüchten, da man dann von einer Bande ausgehen kann. Bei den meisten Taten werden die Täter aber nicht gestört. Da würde ich mir ein Überdenken der Norm schon wünschen. Der aktuellen Diskussion um die Personalstärken kann hier ja schon entnommen werden, dass da ein Mehr an Personal offensichtlich angezeigt ist. Ich würde dem nicht widersprechen.
Warum bevorzugen Einbrecher die Städte und Gemeinden im Hamburger Randgebiet?
Weil der Hamburger Rand über eine gute Infrastruktur verfügt. Hier fahren Busse und Bahn, kreuzen sich diverse Bundesautobahnen. Die Beschäftigungsquote ist hoch und damit auch das entsprechende Einkommen. Auf dieser Grundlage entstehen Wohnbezirke, die für Einbrecher natürlich ideal sind.
Welche Orte sind besonders betroffen?
Norderstedt, Halstenbek, Pinneberg, Rellingen, Quickborn und Kaltenkirchen. Hier konzentriert sich der Hamburger Rand noch einmal auf die unmittelbare Grenze an Hamburg.
Die Aufklärungsquote bei allen im Kreis Pinneberg begangenen Straftaten des Jahres 2016 hat sich im Vergleich zu 2015 um 1,6 auf 48 Prozent erhöht. Bei den Einbrüchen liegt die Quote jedoch nur bei 6,3 Prozent und damit unter dem Landesdurchschnitt. Warum ist die Aufklärung von Einbrüchen im Kreis Pinneberg so schwierig?
Wir erfassen in der Statistik nur die Fälle als aufgeklärt, bei denen wir von einer gerichtsfesten Beweislage ausgehen. Tatsächlich sind wir überzeugt davon, dass die Täter, die von uns ermittelt werden, auch für sehr viele weitere Fälle verantwortlich sind. Reicht die objektive Beweislage aber nicht aus, um diese Überzeugung auch zu belegen, dann sind diese Fälle weiter ungeklärt. Tatsächlich gehe ich davon aus, dass unsere Täter für eine Vielzahl von Taten verantwortlich sind, auch wenn wir ihnen manchmal nur einige wenige Taten gerichtsfest nachweisen können.
Viele Menschen verkraften einen Einbruch in die Wohnung und damit das Eindringen in ihre Privatsphäre nur schwer. Wohin sollten sich die Opfer wenden?
Uns ist bewusst, dass ein Einbruch nicht nur einen finanziellen Schaden verursacht, sondern viele Betroffene auch unter der Verletzung der Privatsphäre und einer Verminderung des Sicherheitsgefühls leiden. In Einzelfällen wechseln Opfer sogar ihren Wohnsitz. Die Betreuung der Opfer liegt uns daher auch sehr am Herzen. So weisen wir zum Beispiel auf den Weißen Ring hin, der durch menschlichen Beistand und persönliche Betreuung Hilfe leisten kann.