Kreis Pinneberg. Immer mehr Familien zieht es ins Hamburger Umland. Preise für Neubauten im „Speckgürtel“ steigen. Immobilienmarkt-Atlas veröffentlicht.
Die kleine Emilia steigt aufs Dreirad. Und radelt los. Prima Untergrund, dieses frisch gegossene Fundament. Wo die Vierjährige jetzt noch sichtlich vergnügt ihre Runden dreht, soll in wenigen Monaten ein Haus stehen. Das Haus, in dem das Mädchen aufwachsen wird. Die Familie um Vater Artur Kraft ist eine der ersten, die ihr Eigenheim auf dem Areal der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne in Pinneberg beziehen wird. „Wir wollen das nächste Weihnachtsfest im neuen Zuhause feiern“, sagt der Immobilien-Ökonom. Seinen Traum lässt er sich einiges kosten. Mehr als 300.000 Euro blättert Kraft für Leben im Grünen unweit der Grenze zu Hamburg hin.
Die Preise im Umland der Elbmetropole ziehen an. Das geht aus dem Immobilienatlas der LBS für das Jahr 2016 hervor. Neue, voll erschlossene Ein- und Zweifamilienhäuser etwa sind im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 7,2 Prozent teurer geworden. Besonders kräftig wird in Schenefeld zugelangt. Dort müssen Häuslebauer bis zu 4000 Euro pro Quadratmeter hinblättern. In Wedel und Holm werden immerhin noch bis zu 3000 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Pinneberg, Uetersen und Quickborn rangieren mit bis zu 2250 Euro pro Quadratmeter dahinter. Weitaus günstiger kommen Bauherren davon, wenn sie sich Richtung nördlicher Grenze des Kreises Pinneberg orientieren. Wer mit seiner Familie nach Elmshorn ziehen und dort investieren will, der kommt mit bis zu 2000 Euro pro Quadratmeter davon.
Häuser im Bestand (Preise pro Quadratmeter)
Ab in den günstigeren Norden? Das kam für den gebürtigen Kreisstädter Artur Kraft nicht infrage. Für ihn musste es Pinneberg sein. „Ich arbeite in der hektischen Hamburger City, die ich von hier aus schnell erreichen kann. Und das Umfeld verspricht einen Ausgleich“, sagt der Vater einer vierköpfigen Familie, zu der neben Emilia noch Mutter Olga und der siebenjährige Sohn Leonard gehören. Das Trikot seines VfL Pinneberg zieht der Filius ungern aus. Da trifft es sich gut, dass es wenige Meter entfernt Fußballplätze gibt. „Auch das passt“, sagt Artur Kraft, der sich sein Wunschgrundstück nicht einfach so aussuchen konnte. Zu groß war die Nachfrage, die auch den derzeit historisch günstigen Zinsen geschuldet sein dürfte.
Vier Bewerber pro Bauplatz gab es in Eggerstedt. Letztlich musste sogar das Los entscheiden. „Wir haben Glück gehabt“, sagt Kraft mit Blick aufs Fundament, das am Rande der Parkstadt gegossen wurde. Von der Terrasse wird die Familie ins Grüne blicken. Als weiteres Argument für den Wohnort Parkstadt Eggerstedt nennen die Krafts Investitionen in die Bildungslandschaft, Nicht weit von ihrem neuen Zuhause entfernt baut der Hamburger Träger Wabe derzeit eine Privatschule. Zudem gibt es mehrere Kindertagesstätten und öffentliche Schulen jedweder Couleur.
Eigentumswohnungen (Preise pro Quadratmeter):
Ein Grundstück weiter ziehen Generalunternehmer in Windeseile Zweifamilienhäuser zum Komplettpreis hoch. Kraft hat bewusst darauf verzichtet, den Neubau seines Eigenheims in die Hände eines solchen Anbieters zu legen. Er vergibt Aufträge an die verschiedenen Gewerke selbst, obwohl das etwas mehr Zeit verschlingt. „Weil ich Ahnung von der Materie habe und Wert auf Qualität lege.“
Experten gehen von einem anhaltenden Zuzug ins südliche Schleswig-Holstein aus. Das ist Tenor einer weiteren Prognose, die die Allianz-Versicherung gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Prognos erstellt hat. Die nahe Großstadt Hamburg entfalte eine Sogwirkung. Es sei davon auszugehen, dass die Bevölkerung im Speckgürtel der Hansestadt in den nächsten 30 Jahren um rund 20 Prozent wachsen werde.
In der Kreisstadt Pinneberg reagiert man auf diesen Druck. Die Parkstadt Eggerstedt ist das größte Wohnbauprojekt in Pinneberg. 250 Wohneinheiten entstehen dort, wo bis 2004 Soldaten marschierten. Aktuellen Planungen zufolge könnten auf dem Areal der früheren Ilo-Motorenwerke in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs weitere 330 Einheiten hochgezogen werden. Auch das zwischen Fahlt und Thesdorf gelegene Rehmenfeld wird überplant. Es ist nicht zu übersehen: Pinneberg wächst.
Für Stefan Krappa, der in der Stadt für Wirtschaftsförderung zuständig ist, gehört die Versorgung mit Turbo-Internet zu den wichtigsten Standortfaktoren. Im Bereich der insgesamt 37 Hektar großen Ex-Kaserne, auf der auch Gewerbebetriebe eine neue Heimat finden sollen, seien unter allen Straßen Leerrohre verlegt worden. Krappa: „Für jedes neue Gebäude ist Glasfaser verfügbar.“