Pinneberg. 15-jähriger Flüchtling aus Afghanistan verblüfft im Jugendtreff mit seinen Zaubertricks. Elias Sahabi setzt sich hohe Ziele.

„Da kann einer zaubern!“ rief ein Besucher des Club Nord. Orke Schwänke, Leiter des Jugendtreffs zeigte sich nur mäßig interessiert. Immer wieder einmal kommen Jugendliche in den Treff und behaupten, über magische Fähigkeiten zu verfügen. Beweisen können sie das nicht wirklich. Doch dieser junge Mann mit dem dunklen Teint und den schwarzen Haaren war anders. Schnell, geschickt und ohne dass die Zuschauer ihn durchschauen konnten, führte der
15-Jährige seine Kunststückchen vor.

Elias Sahabi kam vor einem halben Jahr unter abenteuerlichen Umständen als Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland, zusammen mit seiner Schwester, dem Schwager und deren zweijähriger Tochter.

Als Zwölfjähriger erlebte der damals in Herat lebende Junge seine künstlerische Offenbarung: Im afghanischen Fernsehen trat Criss Angel auf. Der Zauberer, Illusionist, Hypnotiseur und Entfesselungskünstler gehört zur neuen Generation der jungen Magier. Er geht andere Wege, kooperiert etwa bei seiner Las-Vegas-Show mit Zirkusexperten von Cirque du Soleil und hat eigene Rock-CDs aufgenommen.

Elias Sahabi faszinierte nicht nur, was der Amerikaner mit griechischen Wurzeln vorführte. Er beobachtete auch genau, wie Criss Angel das Publikum in seinen Bann zog. Doch das Handwerk zu erlernen, war schwieriger als anfangs gedacht. Es gab keine Tricks und Bücher über die Zauberei zu kaufen. Zudem haftet für manchen Afghanen am Zaubern der Geruch schwarzer Magie. Sein Schwager schaffte es schließlich über geschäftliche Kontakte, eine Anleitung aus dem Iran zu besorgen. Die war zwar in Persisch geschrieben, doch Elias Sahabi konnte es entziffern. Und so entwickelten sich seine Fähigkeiten so rasant, dass er bald auftreten konnte – mit ziemlich viel Lampenfieber, wie er zugibt.

Doch mit der Flucht endeten vorerst seine Ambitionen. Fast alle Zauberutensilien musste der junge Mann zurücklassen. Nur drei Würfel und einen Satz Spielkarten brachte er mit.

In Deutschland angekommen, wurde die Familie in Prisdorf untergebracht. Im Pinneberger Schulzentrum Nord ging Elias Sahabi in eine Klasse „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ). Und er beeindruckte seine Mitschüler sowie Gäste und Sozialarbeiter im Jugendtreff. Schwänke kümmerte sich um ihn und förderte ihn, wo er nur kann. Für seinen ersten Auftritt während einer Show für Nachwuchskünstler im Geschwister-Scholl-Haus wurde etwa eine Zauberkiste zusammengezimmert. Elias Sahabi schaffte es auf Anhieb zum Top-Act der Veranstaltung.

Der junge Mann mit dem freundlichen Lächeln ist mittlerweile aus der DaZ- in die 9. Klasse des Schulzenturms Nord gewechselt. Wer sich mit ihm unterhält, muss sich auf eine Mischung aus gutem Englisch und noch ausbaufähigem Deutsch einstellen.

Wenn Elias Sahabi heute in den Jugendtreff kommt, kann er sich der Aufmerksamkeit der anderen sicher sein. „Zeig’ uns noch mal einen Trick“, betteln die Kids. Er macht ihnen natürlich die Freude. „Elias kann etwas“, erklärt Schwänke, „und über seine Fähigkeiten integriert er sich.“ Reichlich Unterstützung bekommt er von anderen Zauberern aus der Region, die von dem großen Talent gehört haben. Sie unterstützen ihn, indem sie ihm Tricks schenken.

Pro Tag trainiert Elias Sahabi mindestens zwei Stunden. Sein großes Ziel ist das Diplom der „International Magicians Society“ (IMS), der größten Zauberer-Vereinigung weltweit. Seine Fähigkeiten haben sich schnell herumgesprochen. Ein NDR-Fernsehteam hat ihn besucht, und er bekommt reichlich Auftrittsangebote. So wird er beispielsweise mit seinen Künsten während der Jahreshauptversammlung des Heidgrabener Sozialverbands dafür sorgen, dass die trockene Abarbeitung der Tagesordnung etwas lockerer vonstatten geht.

Mit den Aufträgen hat sich jedoch ein neues Problem aufgetan. Elias Sahabi darf zwar als abhängig Beschäftigter tätig sein, etwa im Auftrag einer Agentur. Doch die hat er nicht. Als selbstständiger Zauberer kann er nicht arbeiten. Eine Lösung ist angesichts der bürokratischen Hürden schwierig. „Wir arbeiten daran“, so Schwänke.