Kreis Pinneberg. Pilotprojekt der Kreisberufsschule mit deutsch-iranischem Akademikerbund. Hilfe für junge Flüchtlinge auf dem Weg ins Berufsleben.

170 jugendliche Migranten unterrichtet die Kreisberufsschule in Pinneberg mittlerweile. Jetzt organisierte sie erstmals ein Bildungsforum für die überwiegend afghanischen und arabischen jungen Flüchtlinge. In Kooperation mit dem deutsch-iranischen Akademikerbund, der die Dolmetscher für die Sprachen Darsi, Farsi und Arabisch stellte, informierten Mitarbeiter aus dem Bildungsministerium, der Arbeitsagentur und des Jobcenters die jungen Menschen über das hiesige Berufsschulsystem und die verschiedenen Möglichkeiten, einen Beruf zu erlernen.

„Sinn dieser Veranstaltung ist, die jungen Migranten anzuregen, an ihre berufliche Zukunft zu denken“, erklärt Berufsschulleiter Ulrich Krause. „Bett und Brot reicht jetzt nicht mehr aus. Um diese jungen Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren, müssen wir einen Schritt weitergehen und ihnen neben dem Spracherwerb so früh wie möglich die Wege aufzuzeigen, wie sie hier eine Ausbildung anfangen und in den Beruf einsteigen können.“ Der Bedarf der Wirtschaft sei enorm. „Bis 2030 werden den Betrieben im Kreis Pinneberg 10.000 Fachkräfte fehlen.“

Dabei sei den meisten Migranten das duale Ausbildungssystem mit Berufsschule und Lehrbetrieb in Deutschland völlig fremd, erläutert Kamyar Sarshar vom deutsch-iranischen Akademikerbund. Der Professor für Wirtschaftsinformatik an der Uni Hamburg hat im vorigen Jahr mit 180 gebürtigen Iranern, die seit vielen Jahren hier leben und Ärzte, Architekten und andere Akademiker sind, diesen Bund gegründet, um jungen Migranten bei der Berufsorientierung zu helfen. Die Kooperation mit der Berufsschule Pinneberg ist das erste und einzige Projekt dieser Vereinigung in Schleswig-Holstein.

So seien die meisten Migranten, die nach Deutschland kämen, auf ein Studium fixiert, erklärt Sarshar. Jeder vierte der etwa 150.000 aus dem Iran stammenden Menschen sei Akademiker – ein Anteil, der höher sei als bei den Deutschen. Dafür liege der Anteil jener, die nach deutschen Maßstäben keine anerkannte Berufsausbildung hätten, mit fast der Hälfte sehr viel höher als im Durchschnitt. Das zeige, wie wichtig es sei, den jungen Menschen frühzeitig zu erklären, wie hier die Berufsausbildung funktioniere.

Das Interesse der jungen Migranten sei sehr groß, sagte Marvie Vernal von der Berufsagentur, die ihnen mit ihren Kollegen vom Jobcenter erläuterte, welche Berufe es gibt, welche Anforderungen dafür notwendig sind und wie sie an Berufspraktika herankommen könnten. „Wir wollen dieses Bildungsforum möglichst alle zwei Monate wiederholen“, kündigte Antje Reese von der Kreisberufsschule an. Denn die Zahl jugendlicher Flüchtlinge, die in den Kreis Pinneberg größtenteils ohne Eltern und Verwandte kämen, steige weiter an. Zurzeit seien es 360.

Louay Alshehmeh, 18, der erst vor drei Monaten aus Syrien hierher gelangte, hat die Informationen regelrecht aufgesogen. „Ich möchte so gerne Bauingenieur werden. Dafür werde ich studieren müssen“, sagte der junge Mann, der bereits recht gut Deutsch gelernt hat. Und der Palästinenser Mohammed Nousair, der in Hamburg Islamwissenschaften studiert und den Migranten die Vorträge und Antworten simultan übersetzte, sagte: „Das waren sehr viele Infos auf einmal. Die spezifischen Fragen der jungen Leute muss man in Einzelgesprächen klären.“