Elmshorn. Alltagsbegleiter sollen helfen, Qualifikationen von Asylsuchenden früh zu erkennen. Schnellere Einbindung in den Arbeitsmarkt.
Menschen, die Anspruch auf Schutz haben und dauerhaft in Deutschland bleiben, sollen schnell Arbeit finden und sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Wie sich diese politische Forderung in die Praxis umsetzen lässt, darüber sprachen jetzt Vertreter der SPD aus Bund, Land, Kreis und der Stadt Elmshorn mit Arbeitsmarktexperten in der Agentur für Arbeit in Elmshorn.
„Um die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen frühzeitig und zielgerichtet zu unterstützen, werden wir die Mittel für arbeitspolitische Maßnahmen und für berufsbezogene Deutschförderung sowie für qualifiziertes Personal in den Jobcentern entsprechend dem steigenden Bedarf aufstocken“, sagt der SPD-Bundesabgeordnete Ernst Dieter Rossmann.
Derzeit suchen etwa 3000 Flüchtlinge im Kreis Pinneberg Schutz. Von ihnen sind 594 Menschen, deren Asylantrag bewilligt wurde, beim Jobcenter registriert sowie 65 bei der Arbeitsagentur für Arbeit. Das macht lediglich fünf Prozent aller Klienten der Agentur für Arbeit in Elmshorn aus. Die Zahlen werden steigen, so viel ist sicher. Daher will man die derzeit noch ruhige Phase nutzen, sich darauf vorzubereiten.
„Wir sind gut aufgestellt“, sagt Agenturchef Thomas Kenntemich. Es wurden insgesamt 16 zusätzliche Stellen im Jobcenter und zwei in der Agentur für Arbeit in Elmshorn geschaffen, zudem wären die Arbeitslosenzahlen in den vergangenen Jahren gesunken. Dem Arbeitsmarkt in Deutschland fehlten sechs Millionen Fachkräfte. „Wir sehen in den Flüchtlingen eine große Chance, diese Lücke zu schließen. Allerdings sind es nicht die Fachkräfte von morgen, sondern eher von übermorgen.“
Bislang komme ein Erstkontakt mit den Flüchtlingen zustande, wenn ihnen Asyl gewährt wurde und sie sich beim Jobcenter melden müssten. „Die Flüchtlinge, die sich noch im Asylverfahren befinden, haben zunächst keinen Grund, zu uns zu kommen“, sagt Kenntemich. Das soll sich ändern. „Wir möchten Personen mit guter Bleibeperspektive frühzeitig an die Arbeitsagentur heranführen, um deren Qualifikationen feststellen zu können und sie gezielt mit Maßnahmen zu fördern.“ Zudem sollen mögliche Ängste vor dem Amt als „Kontrollorgan“ genommen werden.
Dabei helfen sollen sogenannte Alltagsbegleiter, bestenfalls mit einem Migrationshintergrund, weil sie sich gut in die Lage der Flüchtlinge hineinversetzen können. Sie sollen als Vermittler zwischen Arbeitsagentur und Flüchtlingen fungieren. „Dazu haben wir 35 neue Planstellen im Kreis Pinneberg für den Bereich der Flüchtlingsbetreuung geschaffen, die zum größten Teil aus Bundesmitteln finanziert werden“, sagt Rossmann. Sie sollen ehrenamtliche Projekte in der Flüchtlingsarbeit koordinieren und mit der Arbeit der Willkommensteams verknüpfen.
Viele von ihnen seien Langzeitarbeitslose. Keinesfalls wolle man die Arbeitslosen, die schon lange oder immer in Deutschland leben, gegen die Flüchtlinge ausspielen, da waren sich alle einig. „Alle Maßnahmen die wir für die Integration von Flüchtlingen ergreifen, sind zusätzlich“, sagt Rossmann. Der Bund werde die Integrationskurse für Asylbewerber und Geduldete öffnen und die Mittel entsprechend aufstocken. Möglichkeiten zum Spracherwerb sollen deutlich ausgebaut werden, unabhängig von der Bleibeperspektive. Für qualitativ hochwertigere Sprachkurse sei das Lehrpersonal zu stärken durch Qualifizierungsmaßnahmen und bessere Bezahlung. Er fordert zudem „Arbeitsgelegenheiten“ für Flüchtlinge zu schaffen, die oftmals lange auf ihr Asylverfahren warten müssen. „So können sie der Allgemeinheit etwas zurückgeben und sich etwas dazuverdienen“, sagt Rossmann.
Das dürfe nicht in einen Hilfsjob münden, warnt Ute Beckmann, Vize-Chefin der Agentur für Arbeit Elmshorn. „Es besteht die Gefahr, dass gerade junge Menschen den Deutschkursus nicht mehr besuchen, weil sie schnell Geld verdienen möchten, um ihre Familien zu unterstützen. Wir müssen ihnen die Bedeutung einer Ausbildung in Deutschland klar machen.“ Die Arbeitsgelegenheit sollte deshalb nicht isoliert betrachtet werden, sondern parallel zu Sprachförderung und Qualifizierungsmaßnahmen laufen.
Besonderes Augenmerk liegt auf den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, von denen derzeit 80 im Kreis in Obhut leben. Ihnen sollen verschiedene Praktika in Betrieben ermöglicht werden, um zu sehen, welche Ausbildung geeignet wäre. Man wolle stärker dazu mit den verschiedenen Trägern und Institutionen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, kooperieren, so Kenntemich.