Borstel-Hohenraden. Digitalisierung in der Landwirtschaft: Landwirt Maik Bornholdt sieht via App auf seinem Smartphone, wie es den Tieren geht.

Selbst auf der anderen Seite des Globus könnte Maik Bornholdt stets genau beobachten, was in seinem Kuhstall in Borstel-Hohenraden passiert – wie es seinen Tieren geht und wie viel Milch sie liefern. Einzige Voraussetzung: In der Nähe muss ein Funkmast stehen. Denn auf seinem Smartphone befindet sich eine App, über die er sämtliche Daten einsehen kann. „Ich gewinne dadurch nicht nur Freizeit, sondern kann auch früher Probleme erkennen, etwa wenn die Tiere krank sind“, sagt Maik Bornholdt.

Möglich macht die bessere Kontrolle des Kuhstalls ein Melkroboter, der 2011 angeschafft wurde. Die dort gewonnenen Daten werden nicht nur auf seinem PC gespeichert, sondern sind auch über die App einsehbar. Gut 120.000 Euro hat der Bauer in die Anlage investiert.

Weil es in dem Melkroboter leckeres Kraftfutter gibt, gehen die Tiere gern hinein. Das Euter wird vollautomatisch gesäubert, anschließend mit Hilfe von optischen Sensoren der richtige Sitz des Melkgeräts ausgemacht. Der Roboter misst dann nicht nur Ertrag und Qualität der Milch. Aus den Daten lässt sich auch auf mögliche Erkrankungen schließen. Mittels einer Alarmfunktion in der App wird der Bauer über sein Smartphone bei besonderen Vorkommnissen gewarnt.

Allerdings können die Tiere nicht immer wieder in den Melkroboter einsteigen, um an das wohlschmeckende Futter zu kommen. Die Maschine misst, wie viel gefressen wird. Ist die Höchstgrenze erreicht, bekommt das Tier nichts mehr.

© HA | Thomas Pöhlsen

Wichtiges Instrument bei der Datenerfassung ist ein Halsband, das alle Vierbeiner im Stall von Maik Bornholdt tragen. Die Daten werden bei jedem Besuch im Melkroboter ausgelesen. Eingebaut ist in das Halsband zum Beispiel ein Mikrofon, das die Widerkaugeräusche misst. Käut die Kuh weniger wider, ist das ein Hinweis auf eine mögliche Erkrankung.

Der Rechner meldet dem Landwirt auch, wenn eine Kuh brünstig ist. In diesem Zustand wandert sie mehr durch den Stall als gewöhnlich. Das weibliche Tier ist eben auf der Suche nach „Mr. Right“. Diese vermehrten Aktivitäten werden mit dem Halsband gemessen. „Manche Kühe sind nur zwei Stunden brünstig“, erklärt Bornholdt. Schnelligkeit kann also entscheidend sein.

Jedoch wird nicht jedes Mal der Besamer gerufen, wenn die App die Brünstigkeit einer Kuh anzeigt. Bornholdt lässt den Kühen 100 bis 120 Tage nach dem Abkalben Zeit.

Kuhkomfort wird bei den Bornholdts groß geschrieben, denn zufriedene Tiere bringen mehr Milchleistung. Das Gebäude ist zu den Seiten offen. Es herrscht ein naturnahes Klima. Die Tiere können sich nicht nur frei im Stall bewegen, sondern haben nach der Visite in der Melkstation auch die Möglichkeit, auf das Freigelände zu gehen. Ab 20 Grad Celsius meiden sie jedoch den Außenbereich und bleiben lieber im Stall. „Bei hohen Temperaturen sinkt die Milchleistung, während Minusgrade sich praktisch nicht auswirken“, sagt Peer Jensen-Nissen, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes.

Zeit spart der Landwirt, weil er morgens und abends nicht mehr melken muss. Zwar hat Maik Bornholdt zusätzlich zu dem Computerprogramm noch eine Kamera installiert, die ihm jederzeit einen Blick in den Stall ermöglicht. Allerdings gehören regelmäßige Kontrollgänge durch die Reihen der Tiere immer noch zum Arbeitsalltag. „Ich brauche den täglichen Eindruck, um zu wissen, wie es ihnen geht“, sagt er.

Jensen-Nissen schätzt, dass ein halbes Dutzend Landwirte im Kreis ihren Kuhstall via modernster Technik kontrollieren. Die sind in der Regel deutlich größer als der Bornholdt-Hof mit seinen 70 Milchkühen und dem Futteranbau auf 58 Hektar. Maik Bornholdt leitet den Familienbetrieb in dritter Generation. Als er den Hof 2004 von seinem Vater Werner übernahm, stellte sich die Fragen nach der zukünftigen Ausrichtung. „Landwirtschaftliche Betriebe müssen wachsen“, sagt er. Doch er wollte nicht um jeden Preis diesem Druck nachgeben. Sein Vater hilft ihm auf dem Hof. Weitere Mitarbeiter sollte es nicht geben. So kam der heute 40-Jährige auf die Idee, die moderne Technik zu Hilfe zu nehmen.