Kreis Pinneberg. Kommunen geben Millionen aus, um Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu schaffen. Nicht überall gelingt dies.

Die Zahl ist gigantisch. 3278 Asylbewerber hat das Landesamt für Ausländerangelegenheiten dem Kreis Pinneberg 2015 zugewiesen. 3278 Menschen, die von den Kommunen unterzubringen waren. Die Flüchtlingskrise ist in den 49 Städten und Gemeinden das Thema des Jahres – und wird es wohl auch 2016 sein.

Zu den 3278 Zuweisungen müssen noch weitere Personen hinzugezählt werden, die sich bereits länger hier aufhalten, deren Asylverfahren jedoch noch läuft. So leben insgesamt 3522 Menschen, über deren Asylbegehren noch nicht entschieden worden ist, derzeit im Kreis Pinneberg. Dass sie alle menschenwürdig untergebracht werden können, ist ein großer Verdienst der Kommunen, die dafür mehrere Millionen Euro aufwenden müssen. Fast alles geht überwiegend geräuschlos vonstatten – mit Ausnahme von Pinneberg, wo es sich die Stadt Mitte des Jahres nicht nehmen lässt, diversen Flüchtlingen Gerichtsvollzieher sowie Mahnschreiben ins Haus zu schicken, um Kosten für die Unterbringung einzutreiben. Hintergrund ist ein Streit zwischen der Stadt und dem Kreis über die Höhe der Kosten.

„Paradiesische“ Zustände in Halstenbek

Dass sich nahezu überall Ehrenamtliche gefunden haben, die Betreuungsaufgaben übernehmen, ist von unschätzbarem Wert. Als „paradiesisch“ beschreibt etwa ein Asylbewerber gegenüber Ehrenamtskoordinatorin Miriam Utz die Situation in Halstenbek, die er mit den Zuständen in Hamburg vergleicht, wo Flüchtlinge zu Hunderten in ehemalige Baumärkte gezwängt werden. Auch die umfangreiche und stets freundliche Begleitung durch die ehrenamtlichen Helfer hebt der Flüchtling hervor.

Halstenbek etwa hat mehr als eine halbe Million Euro investiert, um das ehemalige Jugendzentrum und VHS-Gebäude am Neuen Weg in ein Flüchtlingswohnheim mit sieben abgetrennten Bereichen zu verwandeln. Dort, wie in allen anderen Kommunen des Kreises, setzen die Verantwortlichen auf dezentrale Unterbringung. Wohnungen werden angemietet, im Fall des Falles auch Containerstandorte geschaffen. Selbst eine ehemalige Schlachterei wird zur Wohnstätte für Flüchtlinge.

Im Nachbarort Rellingen erwirbt die Gemeinde das insolvente Altenheim Haus Rügen, wo in diesen Tagen die ersten Asylbewerber einziehen sollen. Auch Wedel hat mit dem ehemaligen Haus Sonnenschein ein Altenheim im Visier. Hier verzögern sich die Umbauarbeiten, so dass mit einer Belegung nicht vor Februar gerechnet werden kann.

Streitfall: Das DRK-Heim in Pinneberg

In Pinneberg wiederum gibt es ein beispielloses Gezerre um das ehemalige DRK-Heim am Rehmen. Während die Stadt die im März vorgelegte Offerte des Roten Kreuzes zunächst ablehnt und stattdessen einen juristischen Streit um die Rückgabe des einst in Erbbaupacht an das DRK abgetretene Grundstück vom Zaun bricht, geht die Verwaltung angesichts steigender Flüchtlingszahlen später doch auf das Angebot ein. Es sieht vor, dem DRK 750.000 Euro für das rund 50 Jahre alte Gebäude zu zahlen. Das lehnt die Politik jedoch ab, weil noch Umbaukosten in erheblicher Höhe hinzkommen würden. Weil das DRK wiederum Nachverhandlungen ausschließt, wird im Dezember der Plan, dort 150 Asylbewerber unterzubringen, aufgegeben.

Nicht aufgeben will der Kreis seinen Plan, im Bleekerstift in Uetersen eine eigene Flüchtlingsunterkunft einzurichten, um die Kommunen zu entlasten. Im Dezember beschließt die Uetersener Ratsversammlung, die auf dem Ex- Gelände der Regio Kliniken das Wohnprojekt eines Investors bevorzugt, eine Veränderungssperre und bremst damit den Kreis aus.

Kritik an Flüchtlingsunterkünften gibt es auch in Heidgraben, wo sich Anwohner des Eichenweges im Oktober gegen die Aufstellung von mobilen Ferienhäusern wehren, sowie in Wedel, wo Ende November ein Bürgerentscheid für den Erhalt einer Grünfläche und gegen einen geplanten Containerstandort scheitert.