Halstenbek/Pinneberg. Halstenbeker Schülerinnen kreieren Netzwerk, um das interkulturelle Miteinander zu fördern. Pinneberg setzt auf ein Willkommenscenter.

Die 17-jährige Carina Kopf nimmt Platz. Ihre Mitschülerinnen drängen sich neben sie. Das Sofa im Halstenbeker Jugendzentrum JuBa 23 ist nicht allzu groß. Der Schulterschluss tut Not. Und das passt ziemlich gut zum Projekt der Schülerinnen, die Platz genommen haben, um vom interkulturellen Mitein-ander zu berichten, zu dem sie in ihrer Heimatgemeinde maßgeblich beitragen. Die Mädchen, die allesamt das Wolfgang-Borchert-Gymnasium oder die Gemeinschaftsschule An der Bek besuchen, werkeln derzeit an einem Netzwerk, das die Integration von Asylbewerbern voranbringt. Sie kümmern sich in ihrer Freizeit um gleichaltrige Flüchtlingsmädchen. Das ist fraglos ein soziales Engagement. Vor allem aber bereitet es den Schülerinnen aus Halstenbek Freude – und erweitert ihren eigenen Horizont.

Ortsjugendpflegerin Daniela Spitzar unterstützt das Projekt. Die regelmäßigen Treffen erleichterten jungen und womöglich traumatisierten Mädchen aus fremden Kulturen den Einstieg in die deutsche Gesellschaft. Und gibt ihnen Gelegenheit, sich zumindest für Stunden von den Gedanken an ihre Flucht loszusagen: „Sie können unter Gleichaltrigen endlich mal nur Mädchen sein“, sagt Spitzar.

Laut Jessica Thomsen, die das Halstenbeker Jugendzentrum an der Bahnhofstraße leitet, schlägt sich der wachsende Zustrom an Asylbewerbern in dem Haus, das der Gemeinschaftsschule angeschlossen ist. immer deutlicher nieder. Bis zu 30 Flüchtlinge täglich kämen ins JuBa 23, in dem zwei Vollzeitkräfte beschäftigt sind und das über eine Küche sowie einen stark frequentierten Fitnessbereich verfügt. „Die Jungs kommen häufig nur, um sich beim Sport auszupowern, es ist uns wichtig, auch den Mädchen ein Angebot zu unterbreiten.“ Diesen „Job“ übernehmen nicht zuletzt Carina und ihre Mitstreiterinnen. Bei den regelmäßigen Treffen werde darauf geachtet, der kleinen Gruppe einen geschützten Raum zu bieten. so Thomsen. Ohne Jungs.

Zwölf Schülerinnen aus Halstenbek gehören zum Kreis, der sich seit dem September nicht nur im JuBa 23 trifft. „Wir besuchen uns untereinander mehrmals in der Woche“, weiß Carina Kopf zu berichten. Ausfahrten stehen ebenfalls auf dem Programm. Es werde gemeinsam gekocht. „Wir singen und tanzen viel, denn dafür braucht es keine gemeinsame Sprache.“ Aus Flüchtlingsmädchen würden Freundinnen. Rama aus Syrien ist eine von ihnen. Als sie den Raum betritt, sind erstmal Umarmungen fällig. „Ich fühle mich wohl in Halstenbek“, sagt die junge Frau aus Damaskus, die ein wenig Deutsch spricht. Nur von landestypischen Speisen hat sie sich bisher ferngehalten. Kartoffeln habe sie noch nicht gegessen.

Für den Januar ist eine Tour auf die Eisbahn geplant, zudem wird ein Konzert in der Hamburger Laiezhalle besucht. Bei aller Planung ist Behutsamkeit gefragt: „Wir müssen aufpassen, die Mädchen nicht zu überfordern“, schildert Carina Kopf ihre Erfahrungen. „Manchmal reicht es völlig aus, sich hinzusetzen, Tee zu trinken und zu reden.“ Letzteres ist oft nur mit Händen und Füßen möglich. Und mit elektronischen Übersetzern in den Handys. „Die Kommunikation fällt den jungen Menschen aber deutlich leichter als Erwachsenen“, hat Spitzar beobachtet.

Auch in der Kreisstadt Pinneberg, in der Ende dieses Jahres 540 Asylbewerber untergebracht sein werden, gibt es derzeit etwa 100 ehrenamtliche Flüchtlingshelfer. Im Vergleich zu Halstenbek oder Rellingen gibt es bei der Koordination noch Luft nach oben, wie Rathaussprecher Marc Trampe unumwunden einräumt. Das solle sich jedoch ändern. Wie Trampe am Mittwoch bestätigte, ist der Mietvertrag für das erste Obergeschoss der ehemaligen Privathochschule Akad mittlerweile unterschrieben. In den Räumen am Rathaus werde eine Art Willkommenscenter entstehen, in dem Helfer einen Anlaufpunkt fänden. Laut Trampe wird dort auch eine Kleiderkammer ihre Türen öffnen. „Für Anfang Januar planen wir einen Info-Abend zum Thema“, so der Rathaussprecher. Auch Pinneberg plant den Schulterschluss, wenn es um Flüchtlingshilfe geht.