Schenefeld . Riesiger Andrang bei städtischen Veranstaltungen. In Schenefeld debattieren mehr als 400 Interessierte während eines Infoabends.

Kurz vor 19 Uhr. Der Bürger- und Kultursaal ist voll. Die Menschen drängen sich vor der Tür bis nach draußen in den Schulhof. Das Interesse an diesem Infoabend der Stadt in Schenefeld zum Thema Flüchtlinge ist enorm. Die Verwaltung muss umplanen, die Menschenmasse umsiedeln. Doch sogar der größte Raum der Stadt, das nahegelegene Forum mit 400 Sitzplätzen, kann die große Besucherzahl an Mittwoch nicht fassen. Eine politische Veranstaltung der Stadt, mitten in der Arbeitswoche, die so viele Interessierte anlockt? Es ist kein Wunder, dass das die Stadtverwaltung überraschte. Denn so etwas hat es in Schenefeld in den vergangenen Jahren nicht geben.

Bereits Anfang der Woche hatten mehr Pinneberger als erwartet eine ähnliche Veranstaltung besucht. Etwa 300 Teilnehmer kamen zur Versammlung der Stadt zum Thema Willkommenskultur in Pinneberg. Auch hier war der ausgewählte Raum zu klein. Nun zählt Schenefeld deutlich weniger Einwohner als Pinneberg und das Thema des Abends mit dem Titel „Unterbringung von Flüchtlingen in Schenefeld“ klang deutlich nüchterner.

Und doch waren am Mittwochabend fast alle da. Der Mikromus Schenefelds. Politiker, Vorsitzende von Vereinen und Verbänden, Flüchtlinge, Kritiker, Verängstigte, Anwohner, Neugierige, engagierte freiwillige Helfer und diejenigen, die es werden wollen, sowie deutlich Rechtsangehauchte: Alle vereint in einem Raum. Die Stimmung war aufgeladen. Schenefelds Bürgermeisterin Christiane Küchenhof angespannt. Am Ende war es unnötig.

„Integration in die Gesellschaft ein wichtiger Bestandteil“

Die Stimmung kippte nicht. Es wurde ruhig und besonnen debattiert. Es herrschte relative Einigkeit darin, dass man das, was da wohl kommt, gemeinsam so gut wie irgendmöglich meistern will. Auch wenn das nicht unbedingt einfach wird.

„Wir können nicht sagen, wie sich die Zahl der Flüchtlinge entwickeln wird und ob die jetzt geplanten Unterkünfte ausreichen werden“, so Küchenhof. Klar sei, dass die Integration der Flüchtlinge in die Gesellschaft ein wichtiger Bestandteil der Aufgabe wäre, „und dazu kann jeder beitragen“, so Küchenhof. Und es wird schon viel gemacht: Sprachkurse gesponsert mit Spendengelder, Sportangebote von Blau-Weiß 96, Essensausgaben der Tafel, Kleider dank des Glücksgriffs und ein Willkommenscafé dank derzeit 47 ehrenamtlicher Helfer. Weitere meldeten sich am Mittwoch.

Schenefelds Bürgermeisterin Christiane Küchenhof
Schenefelds Bürgermeisterin Christiane Küchenhof © Katy Krause | Katy Krause

Das wohl umstrittenste und auch heikelste Thema des Abends: die Sicherheit. Reicht die Zahl der Polizisten in Schenefeld? Gibt es einen Wachdienst für größere Notunterkünfte? Wie wirken sich die Flüchtlinge auf die Kriminalität in der Stadt aus? Gut, dass der neue Stationsleiter der Schenefelder Wache vor Ort war. Denn Jan Wittig ist ein Mann klarer Worte. Er berichten von seinen Erfahrungen in der Einsatzleitstelle Elmshorn.

„Die Zahl der Einsätze bei denen Flüchtlinge eine Rolle spielten geht gegen Null. Da verursacht jeder Jahrmarkt und jedes Schützenfest mehr Arbeit“, so Wittig. Allein in Erstaufnahmeeinrichtungen gäbe es Ärger – allerdings oft nur, wenn es um die Essensausgabe ginge. „Da herrscht die Angst vor, nichts mehr zu bekommen“, erklärte Wittig. Wenn sich bei den Neuankömmlingen herumgesprochen habe, dass es genug gebe, sei alles gut. Weil in Schenefeld keine Erstaufnahmeeinrichtung geplant sei, gebe es aus Wittigs Sicht keine sicherheitsrelevanten Probleme.

Küchenhof ergänzte, dass für die größeren Notunterkünfte angefangen mit der Post Wachdienste geplant sind. Allerdings um die Flüchtlinge vor Übergriffen zu schützen und nicht umgekehrt. Dass von den Flüchtlingen keine Gefahr ausginge, betonten anschließend viele. „Hat denn hier keiner Angst vor dieser Flut an Menschen, was, das für uns und unserer Volk bedeuten könnte“?“, wollte eine Frau aus der hinteren Reihe wissen. Schenefelds Antwort war laut: „Nein!“

Die Flüchtlingssituation in Schenefeld

Die Fakten: Derzeit leben in Schenefeld etwa 250 Flüchtlinge, 161 davon in städtischen Unterkünften, die Übrigen bei Freunden und Verwandten. 25 Prozent stammen aus Syrien, 17 Prozent aus Afghanistan, 27 Prozent aus sicheren Herkunftsländern.

Die Unterkünfte: Die Verwaltung hat bislang versucht, die zugewiesenen Flüchtlinge dezentral unterzubringen. Es gibt derzeit Notunterkünfte an 21 Standorten. Angesichts der hohen Zahl an Flüchtlingen reicht das nicht mehr aus. Derzeit wird deshalb das alte Postgebäude am Heisterweg umgebaut. Ab Dezember sollen bis zu 75 Männer einziehen. Pro Person stehen hier vier Quadratmeter zur Verfügung. Am Dienstag, 1. Dezember, können Interessierte von 17 bis 19 Uhr die Notunterkunft ansehen.

Geplante Standorte: Die Stadt hat sich von der dezentralen Unterbringung verabschiedet. Um schnell genug Wohnraum für die Ankömmlinge zu schaffen, plant die Stadt eine dreigeschossige Notunterkunft auf dem Parkplatz der ehemaligen Spargruppe für etwa 230 Personen. Kostenpunkt: 2,1 Millionen Euro. Das Grundstück am Osterbrooksweg im Besitz der Stadt erstreckt sich bis Hasselbinnen. Dort gibt es eine weitere Fläche, auf der eine Notunterkunft für weitere 230 Personen entstehen könnte.

Zukunft: In Schenefeld-Dorf wurden Grundstücke am Wiesengrund zudem ins Auge gefasst. Hier könnten bei Bedarf zwei Unterkünfte für je 70 Personen entstehen.

Von der Nutzung des IVG-Bürogebäude am Osterbrooksweg für 400 Personen hat die Stadt wegen der Sanierungskosten Abstand genommen. krk

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