Rellingen. Uraufführung für ein etwas anderes Weihnachtsoratorium von Christine K. Brückner in der Rellinger Kirche. Vorverkauf ab Freitag.

Christine K. Brückner ist eine leidenschaftliche Musikerin und Komponistin. In ihrer Arbeit verknüpft sie die verschiedensten Musikströmungen mit klassischer Kammermusik, Opern, Chor- und Gesangsstücken zu einem harmonischen Ganzen. Mit diesem breiten Spektrum hat die Halstenbekerin sich einen Namen gemacht. So wurde eine ihrer Opern bereits an der Semperoper in Dresden und im Opernhaus Kiel aufgeführt.

Nun hat sie ein neues Werk komponiert, ein modernes Weihnachtsoratorium, das in der Rellinger Kirche uraufgeführt werden soll. Kantor Oliver Schmidt freut sich schon darauf, „dieses Stück leiten zu dürfen“, das Elemente der Weihnachtsgeschichte mit Gegenwartsthemen in Bezug setze. „Es ist besetzt für gemischten Chor, Gesangssolisten und im Grunde eine Kammerbesetzung“, so der Kantor. Spannend sei die größtenteils tonale Klangsprache, die im harmonischen Teil bleibe und somit einen leichten Zugang für Zuhörer biete. „Es wird nicht eine gezielte Dissonanz zum Mittelpunkt erhoben.“

Komponistin spielt selbst bei Uraufführung mit

Christine K. Brückner wird selbst den Klavierpart bei der Aufführung übernehmen. „Das Stück hat kleine intime, aber auch süffige Teile, etwas, das Menschen sehr ansprechen kann. Man hat vorher die Hauptstimme im Kopf laufen, aber die Nebenstimmen nimmt man erst in den Proben wahr.“ Nach der instrumentalen Anlegung habe sie sich zunächst um die Sprache gekümmert und da ganz bewusst das alte Luther-Deutsch gewählt. Eine weitere Entscheidung habe die einzigen Agierenden in der Lukasweihnachtsgeschichte, die Engel, betroffen, so Brückner. „Sie reden altes Griechisch.“ Damit wolle sie die Trennung von Engels- und Menschensprache verdeutlichen. „Außerdem ist es eine poetische Sprache, die ich für die Engel benutze.“ Der Erzähltext klinge wie altertümlicher gregorianischer Mönchsgesang. Zum besseren Verständnis werde beim Konzert eine Übersetzung des griechischen Textes für Besucher vorliegen.

Sie habe darstellen wollen, was auf der Reise zur Geburt des Messias passiere. Dieser Part sei sowohl Oliver Schmidt als auch ihr selbst im Luthertext immer sehr kurz vorgekommen. So überlegte sie, wie das Geschehen so dargestellt werden könnte, dass es wie ein Film ablaufe. Zu diesem Zweck integrierte sie zwei Verkündigungstexte in den Lukastext. „Der Text, der sich an Maria wendet, wird wie eine Traumsequenz eingefügt“, beschreibt sie ihr Vorgehen. Der zweite sei an Josef gerichtet, er soll darin davon abgebracht werden, Maria zu verlassen.

Das Weihnachtsoratorium ist nicht von ungefähr „La Pavane – eine Weihnachtsgeschichte“ betitelt. Brückner erläutert, dass „la pavane“ mit „der Pfau“ übersetzt wird. Der wichtigste Engel der jesidischen Religion werde in der Gestalt eines blauen Pfaus dargestellt. Das sei ein Grund, warum die Terrorgruppe Islamischer Staat die Jesiden verfolge, versklave und töte. Für den IS beten Jesiden mit dem Engel eher eine Art Teufel an, da dieser sich Gott widersetzte. Besonders die Verschleppung von etwa 5000 jesidischen Mädchen und Frauen durch den IS im Nordirak ab August 2014 ließ Christine K. Brückner nicht mehr los.

„Es begab sich aber zu der Zeit ...“

So fand das aktuelle politische Geschehen in stilisierter Form Eingang in ihr neues Werk. „Ich habe versucht, die menschliche Komponente mit hineinzunehmen“, sagt Brückner. Diese sei in diesem Fall eine Komponente der Düsternis, des Schattens einer Geschichte. Sie werde zu Anfang des Stücks fokussiert – durch ein paar geflüsterte und gesprochene Worte, die den Bezug zur Jetztzeit aufgriffen. Danach erfolge der Übergang zur eigentlichen Weihnachtsgeschichte mit den bekannten Eröffnungsworten „Es begab sich aber zu der Zeit ...“. In ihr keime die Hoffnung auf in die Menschlichkeit der Einzelpersonen, hier Maria und Josef. Die Parallele im Verlauf des Musikwerkes zu dem, was den jesidischen Verschleppten widerfahren sei, liege im Verlassensein, einem Element, das bei Maria nur am Rande zart aufscheine. Im Vordergrund stehe dann vielmehr: „Was geht bei Maria und Josef ab? Und was während der Reise?“, konkretisiert Christine K. Brückner. „Es war einfach damals gar kein Spaß, unterwegs zu sein. Das können wir uns heute gar nicht so vorstellen.“

„Der wuppige Dreiertakt bei der Hirtenszene ist ein türkisch-arabisch anklingender Tanzteil“, beschreibt Brückner einen Part. „Verschiedene Teile fließen ineinander, einige beleuchten das Innere der Reise.“ Das Stück endet mit dem Gesang von Marias Seele. „Es freut mich sehr, dass das Publikum so die Geschlossenheit hat“, sagt Schmidt. Christine K. Brückner ergänzt: „Für mich ist damit das Nonplusultra erreicht. Wenn Maria die Worte in ihrem Herzen bewegt, ist etwas für mich Strahlendes entstanden.“

Die Uraufführung wird am 23. Januar stattfinden. Liturgisch gesehen zähle das Datum noch zur Weihnachtszeit, die de facto erst an Mariä Lichtmess ende. Ein Vorteil sei, dass es im Januar nicht so viele andere Aufführungen gebe, so der Kantor. Er und Christine K. Brückner seien dicht im Dialog und würden auch die Einführung zusammen gestalten. Eröffnet wird das Konzert mit einem Orgelwerk von Bach, darauf folgt das Stück Brückners. Gelegenheit zu Gesprächen gibt es nach der Aufführung.

Karten gibt es im Vorverkauf von Freitag, 4. Dezember, an bei Foto Gaedigk, Am Rathausplatz 17, Telefon 04101/223 21.