Bönningstedt . In der Abendblatt-Serie „Gründer starten durch“ stellen wir Existenzgründer vor. Viktor Wedel hat sein eigenes Fotostudio eröffnet.

Die Musik im Bönningstedter Studio ist voll aufgedreht. Aus den Boxen in der hinteren Ecke des Raumes dröhnen Rock- und Popsongs. Seit Juni dieses Jahres dürfen die Nachbarn mithören, wenn Viktor Wedel in seinem 62 Quadratmeter großen Fotostudio als selbstständiger Fotograf arbeitet. Bei seinen Shootings kommt der Neugründer nicht ohne die Band „OneRepublic“ oder die „Söhne Mannheims“ aus, dafür kann er gut auf Models verzichten. Der 45-Jährige fotografiert ausschließlich Produkte, Stillleben und Essen. Freie Arbeiten und 360 Grad-Bilder gehören ebenfalls zu seinem Portfolio. „Ich bin sehr detailverliebt“, sagt der Neugründer. „Ich möchte keine Masse machen, sondern Klasse und Qualität.“

Viktor Wedel platziert eine Weinflasche und ein halb gefülltes Glas in die Mitte einer weißen Unterlage. „Erst muss überlegt werden, wie das Produkt in Szene gesetzt werden kann“, sagt der ausgebildete Fotograf. „Ich versuche den Gegenstand aus einer anderen Sicht darzustellen.“ Bevor der Profi auf den Auslöser drückt, achtet er genau darauf, ob der Bildaufbau stimmt und das Licht richtig gesetzt ist. „Bei einem Produkt ist es ganz wichtig, dass alles leserlich ist“, sagt der Neugründer. „Bilde ich ein Stillleben ab, kommt es darauf an, dass die Intention passt, die man mit dem Foto transportieren möchte.“ Bis das perfekte Bild auf der Speicherkarte der Kamera ist, braucht der Fotograf schon mal einen halben Arbeitstag. Qualität koste eben seine Zeit, so der 45-Jährige. „Ich bin Existenzgründer, kein Neuling.“

Die 3D-Kugel gehört zu Viktor Wedels freien Arbeiten
Die 3D-Kugel gehört zu Viktor Wedels freien Arbeiten © Viktor Wedel | Viktor Wedel

Viktor Wedel arbeitet täglich bis zu zehn Stunden in seinem Studio. Es sei denn, ein Kunde wünscht Fotografien von großen Möbelstücken oder Räumen, dann verlässt der Fotograf auch mal seine vier Wände und fährt mit Kamera und Stativ im Gepäck zum Auftraggeber. Die Bilder erscheinen am Ende in Katalogen, werden auf Unternehmensflyern abgedruckt oder im Onlineshop veröffentlicht.

15 Aufträge konnte der Unternehmensgründer bis jetzt für sein Label Fotografie Viktor Wedel akquirieren. Pro Bild kassiert der Bönningstedter zwischen 40 und 450 Euro, je nach Aufwand und Produkt. „Davon kann ich derzeit noch nicht leben“, sagt der Neugründer. „Für mich als Alleinverdiener ist das ein großes Risiko.“ Momentan ist der Fotograf noch auf den Zuschlag vom Arbeitsamt angewiesen, auch weil der Kredit bei der Bank monatlich abgezahlt werden muss. „Die Existenzgründung hat mich rund 50.000 Euro gekostet“, sagt Wedel. „Zu Anfang musste ich Equipment und Mobiliar anschaffen und aus diesen Räumen ein Studio erschaffen.“ Vor seinem Einzug in das Büro an der Kieler Straße wurden dort Menschen mit schlechten Zähnen behandelt. Ein Zahnarztstuhl im Nebenraum des Studios zeugt von der einstigen Zahnarztpraxis. „Zum Glück konnte ich den größten Teil der Anschaffung einem Kollegen aus Bielefeld abkaufen“, erzählt Wedel.

© Viktor Wedel | Viktor Wedel

Trotz der Sorge, nicht über die Runden zukommen, findet es der Fotograf großartig, sein eigenes Unternehmen zu führen. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Jetzt weiß Viktor Wedel genau, wofür er jeden Morgen aufsteht und arbeiten geht. „Die Selbstständigkeit gibt mir eine riesengroße Freiheit“, sagt der 45-Jährige. „Sicherlich arbeite ich mehr, aber ich bin wesentlich flexibler, in meiner Situation ist das großartig.“ Zu Hause nach der Arbeit warten auf Viktor Wedel zwei Jungs. Der Neugründer zieht seine Söhne seit fünf Jahren alleine groß. „Ich wollte mir nie vorwerfen müssen, den Schritt in die Selbstständigkeit nicht gewagt zu haben“, sagt er. „Es kann immer schief gehen, aber dann habe ich es wenigstens probiert.“

Sollte es mal vorkommen, dass die Existenzängste überhand nehmen, hilft vielleicht „Das hat die Welt noch nicht gesehen“ von den Mannheimer Musikern der Inspiration von Viktor Wedel. Das nächste perfekt inszenierte Foto wird bestimmt nicht lange auf sich warten lassen.

Tipps für Gründer

Hilfe bei der Existenzgründung gibt es im Kreis Pinneberg unter anderem bei folgenden Anlaufstellen:

WEP, Wirtschaftsförderungs-und Entwicklungsgesellschaft des Kreises Pinneberg, Ansprechpartnerin: Gudrun Kellermann, WEP, Lise-Meitner-Allee 18, Tornesch, Telefonnummer: 04120/ 707 70.

HWK, Handwerkskammer Lübeck, Ansprechpartner: Lars Lüthje, Berufsbildungsstätte Elmshorn, Ramskamp 6. Telefonnummer: 04121/473 96 16.

IHK, Industrie- und Handelskammer Elmshorn, Kaltenweide 6, Kontakt unter Telefonnummer: 04121/487 70. stol

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