Pinneberg. In der Abendblatt-Serie stellen wir Existenzgründer aus dem Kreis Pinneberg vor. Heute: Das Augenoptiker-Ehepaar Geisler.
Olaf Geisler zeichnet die Form der Brille mit einem Bleistift auf dem Papier vor. Der Kunde ist begeistert. Genau so hat er sich das Gestell vorgestellt. Dass der Käufer demnächst eine exklusive Sehhilfe auf der Nase tragen wird, liegt nicht nur daran, dass der Augenoptikermeister seine Kollektionen selbst designt.
Der Hingucker ist das Material: Denn Olaf Geisler stellt Brillen aus Echtholz her. Mit der Handarbeit hat sich der 48-Jährige vor knapp eineinhalb Jahren selbstständig gemacht. Seitdem verkauft er zusammen mit seiner Ehefrau Petra Geisler, ebenfalls gelernte Augenoptikerin, in ihrem Geschäft „Brille & Kunst“ in der Dingstätte individuelle Brillenfassungen. Mit dem Handwerk kann sich der Pinneberger selbst verwirklichen: „Als Angestellter konnte ich keine Brillen selber bauen“, sagt Olaf Geisler.
Jedes Brillengestell wird individuell angepasst
Zudem habe es den Augenoptikermeister zunehmend gestört, dass die großen Fassungshersteller nur noch eine Brillengröße anbieten. „Das wollte ich ändern.“ Jedes Holzgestell passt der Unternehmensgründer individuell auf die Kopfbreite und die Nasenform des Kunden an. Um eine handgemachte Fassung herzustellen, presst Olaf Geisler für das Mittelstück der Fassung neun Schichten aus Echtholzfurnieren zusammen. Für die Bügel werden nur sieben Lagen benötigt. Das auf Papier gebrachte Design überträgt Olaf Geisler auf den Computer. Eine Fräsmaschine schneidet die gewünschte Form der Brille aus dem Material aus. Zu guter Letzt wird das Gestell mit einem Klarlack beschichtet, um die Sehhilfe wasserfest zu machen – fertig ist die Holzbrille. „Ich bin ein echter Handwerks-Freak“, sagt Olaf Geisler. „Holz ist ein sehr interessantes Material, es lässt sich super verarbeiten.“
Seit zwei Jahren tüftelt der 48-Jährige an der optimalen Herstellung seiner Brillengestelle. Um die Produktionszeit einer Fassung zu verkürzen, fertigt der Augenoptikermeister die Echtholzfurniere auf Vorrat an. Wünscht ein Kunde jedoch eine spezielle Holzkombination für seine Brille, kann die Fertigung schon einmal bis zu acht Wochen dauern. Das Holz müsse schließlich erst richtig durchgehärtet sein, bevor die Form gefräst werden kann, so der Augenoptikermeister.
Das Holz für die Brillen kommt aus Süddeutschland
Das Neugründer-Ehepaar legt großen Wert auf Nachhaltigkeit. „Deshalb verwenden wir kein Tropenholz. Unser Material wird aus Süddeutschland geliefert.“ Außer Holz arbeitet der Pinneberger auch mit Horn. „Das kommt vom Wasserbüffel“, so der Brillenhersteller. „Das ist in Asien ein Nutztier und das Horn ein Abfallprodukt.“ Für den Kunden mag das nach einer teuren Angelegenheit klingen. Doch Olaf Geisler hält dagegen: „Wir wollen unseren Kunden nicht das teuerste Modell verkaufen“, sagt der Neugründer. Der Kunde hat deshalb auch die Möglichkeit, Gestelle von anderen Herstellern bei „Brille & Kunst“ zu kaufen. „Wir beraten gern, auch wenn das Gespräch zwei Stunden dauert“, sagt die Petra Geisler, 47. „Die Brille soll zum Träger passen. Wir hinterfragen, wozu das Gestell genutzt wird.“ Eine Holzbrille kostet im Laden 400 Euro aufwärts.
Außer der Herstellung individueller Brillengestelle übernimmt der Pinneberger typische Dienstleistungen eines Augenoptikers: Er bestimmt Augengläser, bietet Führerschein-Sehtests für die Klassen A, B und M an, repariert in der hauseigenen Werkstatt Gestelle und passt Kontaktlinsen an die Bedürfnisse des Kunden an.
Doch wie kommt der Name „Brille & Kunst“ zustande? „Ich verkaufe als weiteres Standbein im Laden handgefärbte Wolle“, sagt Petra Geisler. Der Begriff Kunst wurde auch deshalb gewählt, weil die Gründer jeden Monat unterschiedliche Werke von Künstlern aus der Region im Schaufenster von „Brille & Kunst“ ausstellen. Im November können Kunden die handgefertigte Glaskunst des Pinnebergers Hartmut Müller bestaunen. „In diesem Laden steckt unheimlich viel Herzblut“, sagt Petra Geisler. „Von der Kleinkunst kann man nicht leben, es ist ein Beiwerk.“ Doch mit ihrem Gesamtkonzept schreiben die Gründer bereits schwarze Zahlen. Die Augenoptiker haben halt den Blick fürs Ganze.