Kreis Pinneberg. In Halstenbek wird eine ehemalige Schlachterei als Herberge für Flüchtlinge genutzt. Das frühere Amt Pinnau könnte bald folgen.
2390 Menschen hoffen derzeit im Kreis Pinneberg auf Asyl. Für deren Unterbringung sind die Kommunen verantwortlich. Kreativität ist gefragt, wenn es darum geht, Massenunterkünfte so lange wie möglich zu vermeiden. Die Stadt Pinneberg, die pro Woche 15 neu zugewiesenen Flüchtlingen eine Herberge bieten muss, liefert ein Beispiel, wie es gehen kann. „Wir halten so lange wie möglich an unserem Ziel fest, Asylbewerber dezentral unterzubringen“, sagt Rathaussprecher Marc Trampe. Die Umwandlung zuvor anders genutzter Gebäude ist Mittel zum Zweck. Stimmt die Pinneberger Politik zu, wird das ehemalige Verwaltungsgebäude des Amts Pinnau an der Elmshorner Straße zur Heimat für 47 Menschen. Andernorts im Kreisgebiet werden Postfilialen und sogar eine Fleischerei genutzt.
Bereits im Dezember könnten Flüchtlinge in die ehemaligen Stuben des Amts Pinnau, das zwischenzeitlich Heimat der Rettungswache war, einziehen. Ein Antrag auf Nutzungsänderung wurde bei der Bauaufsicht gestellt. Als Mietpreis stehen 12.000 Euro pro Monat im Raum. Und Pinneberg hat weitere Gebäude in petto. Etwa an der Ecke Elmshorner Straße/Friedrich-Ebert-Straße. In dem Bau, in dem auch eine Tanzschule ihr Zuhause hat, stehen 280 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung. Das Objekt wäre Mitte November verfügbar, müsste allerdings für drei Jahre angemietet werden. Knapp 5000 Euro monatlich würden fällig. Ebenfalls in den Fokus ist ein Wohn- und Geschäftshaus an der Prisdorfer Straße gerückt. Dort wäre Platz für 20 Menschen.
Mehr als 500 Asylbewerber bis Ende des Jahres in Pinneberg erwartet
Trampe, der sich seit Monaten um die Unterbringung von Flüchtlingen kümmert, macht aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Wir hoffen auf Zustimmung der Politik, somit würden wir ein wenig vor die Zeit kommen.“ Von einem Aufatmen könne jedoch auch dann keine Rede sein. Die Zahl der Asylbewerber im Pinneberger Stadtgebiet wird bis Ende des Jahres voraussichtlich auf mehr als 500 ansteigen. Um dieser Situation Herr zu werden, wird zwischen Nachbarn auch mal der kurze Dienstweg beschritten. „Die Kooperation der Gemeinden ist eine Option, vor allem, wenn es um größere Einheiten geht“, sagt Trampe. Pinneberg habe bereits Gespräche geführt. Vorstellbar ist eine Zusammenarbeit mit Rellingen.
Auch in Halstenbek geht man in der Not neue Wege. So wird die ehemalige Schlachterei der Familie Gahde an der Dockenhudener Chaussee als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Sechs Menschen sind eingezogen, vier bis sechs weitere könnten hinzukommen. „Wir haben das Gebäude komplett gemietet“, bestätigt Fachbereichsleiterin Susanne Dietrich. In Klein Offenseth-Sparrieshoop hat die Gemeinde nach dem Kauf zweier Einfamilienhäuser an der Rosenstraße das Bahnhofsgebäude im Visier. Am Dienstag segnete der Gemeinderat einen Mietvertrag mit der AKN über das 90 Quadratmeter große Haus an den Gleisen ab, in dem bis 1980 der Bahnhofsvorsteher wohnte. Bis 2012 diente es als Jugendtreff.
In Schenefeld verwandelt sich derzeit das alte Postgebäude am Heisterweg zur Flüchtlingsunterkunft. Dort sollen bis zu 80 Asylsuchende unterkommen. Die Betten und weitere Ausstattung hat die Verwaltung bereits angeschafft – aus Angst, dass es bei Möbelherstellern zu Engpässen kommt, wie Fachbereichsleiter Axel Hedergott erklärt. Die Betten lagern in einem benachbarten Gebäude am Rathaus. Dort hat die Stadt das Erdgeschoss angemietet. Das dort ansässige ehemalige „Kurbad Rossi“ wird auch zur Unterkunft.
Kürzlich war bekannt geworden, dass der Kreis Pinneberg sich die Traditionsherberge Krögers Gasthof in Tornesch gesichert hat. Dort sollen 20 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge vorübergehend eine Heimat finden.
Bei allem Erfindungsreichtum der Kommunen geht Pinnebergs Rathaussprecher Trampe nicht davon aus, dass dauerhaft auf Massenunterkünfte verzichtet werden kann. „Der Zustrom von Menschen wird nicht mit dem Jahresende enden“, sagt er. Daher bleibe die Option der Umwidmung eines früheren Seniorenwohnheims am Rehmen sowie einer Halle auf dem Areal der früheren Eggerstedt-Kaserne im Gespräch. Auch Gewerbe- und Industriegebiete rückten ins Blickfeld. Das Land habe Festsetzungen für diese Areale wegen der Flüchtlingskrise gelockert, so Trampe. Bis zu drei Jahre können Industriegebiete für die Unterbringung genutzt werden, Gewerbegebiete sogar fünf Jahre. Vor allem aber müsse es darum gehen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Stadt behält sich vor, künftig auch einzelne Zimmer anzumieten. Das Prinzip der Wohngemeinschaft sei beispielhaft , so Trampe.