Kreis Pinneberg/Uetersen. Zwei Millionen Euro für Kauf, Umbau und Ausstattung bewilligt. Treffen mit Regio Kliniken am Montag. Kritik von Uetersens CDU.
Das vor zehn Jahren geschlossene Uetersener Krankenhaus wird zur ersten Sammelunterkunft des Kreises. Es soll voraussichtlich 2016 bis zu 200 Flüchtlinge aufnehmen. Das beschloss der Kreistag am Mittwochabend mit den Stimmen aller Fraktionen. Zugleich bewilligte er dafür zwei Millionen Euro Investitionskosten. Der Kreis fordert zudem vom Land, die steigenden Ausgaben für die Flüchtlingshilfe bei der Genehmigung der kommunalen Haushalte außen vor zu lassen.
In Uetersen stießen die Pläne für das Bleekerstift auf scharfe Kritik bei der CDU. Fraktionschef Andreas Stief warnte vor einer Überforderung der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen. „Alle Städte und Gemeinden werden bald zusammenbrechen, denn Geld alleine hilft nicht. Aus einem ‘Wir schaffen das’ kann dann schnell ein ‘Wir sind geschafft’ werden.“ Dafür erntete er Kritik auf Orts- und Kreisebene.
Kreisfraktionschef Thomas Giese von den Grünen sagte: „Wir wissen, dass Uetersen sich nicht immer dem Kreis zugehörig fühlt. Aber was die CDU da fordert, ist eine Obergrenze für Flüchtlinge auf Ortsebene. Das müsssen wir aufs Schärfste verurteilen.“ Die Grünen im Uetersener Rat warfen der CDU vor, das Grundrecht auf Asyl in Frage zu stellen.
Meinungen im Kreistag gehen auseinander
Auch im Kreistag gehen bei der Flüchtlingsfrage die Meinungen zum Teil auseinander. So stimmten zwar fast alle Abgeordneten der Resolution zu, die Mehrausgaben für die Flüchtlingshilfe – sechs Millionen Euro 2015 und wohl zwölf Millionen Euro für die 200 erwarteten unbegleiteten Jugendlichen 2016 – nicht die sozialen Leistungen für die Bürger im Kreis Pinneberg einschränken dürfen. Dies wäre der Fall, wenn der Kreis wieder Rettungsfall würde und keinerlei Investitionen tätigen dürfte. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Flüchtlinge gegen die Bürger des Kreises ausgespielt werden“, warnte SPD-Kreisfraktionschef Hannes Birke.
Die Kreis-CDU verlangte darüber hinaus, das Land aufzufordern, gesonderte Unterkünfte für Asylbewerber „ohne Bleibeperspektive“ – zum Beispiel aus EU-Mitgliedsstaaten, aus sicheren Herkunftsländern und dem Westbalkan – zu schaffen. Das lehnten die anderen Fraktionen einmütig ab. „Eine Stigmatisierung der Flüchtlinge ist mit uns nicht zu machen“, sagte Pirat Sven Lange und gab zu bedenken, dass der NSA-Whistleblower Edward Snowden auch aus einem angeblich so sicheren Herkunftsland kam. KWGP-Abgeordneter Burghard Schalhorn, der als einziger die Resolution und den Kauf des Bleekerstiftes ablehnte, vertrat die Einzelmeinung, dass die Migranten sich sowieso nicht integrieren lassen und hier in einer Parallelgesellschaft leben wollten.
Die zwei Millionen Euro für die geplante Sammelunterkunft beinhalten den Kauf sowie notwendige Umbau- und Einrichtungskosten. Als Kaufpreis sind 900.000 Euro im Gespräch. Kreis und Eigentümer Regio-Kliniken treffen sich nächste Woche zum Gespräch. Mit der Vertragsunterzeichnung wird nicht vor November gerechnet.
CDU Uetersen heißt Entwicklung nicht gut
Eine Entwicklung, die die CDU in Uetersen nicht gutheißt. Probleme müssten offen und ehrlich angesprochen werden, wenn eine Integration der Flüchtlinge gelingen soll, fordert Fraktionschef Stief. Das bedeute auch, dass über die Aufnahmekapazitäten der Kommunen offen und ehrlich gesprochen werden müsse. Der Wille zur Aufnahme sei da, doch die Ressourcen begrenzt.
In Uetersen könnte dieses der Fall sein, wenn das Bleekerstift zur zentralen Flüchtlingsunterkunft wird. Die Stadt müsse dann die der Stadt zugewiesenen Flüchtlinge und auch die des Kreises beherbergen und mit versorgen. Stief wirft dem Kreis Pinneberg daher vor, gegen das Fairnessgebot zu verstoßen. „Eine zentrale Unterbringung wurde politisch abgelehnt und nun kommt sich doch?“, wundert sich Stief. Er rät der Stadt, ihr Vorkaufsrecht für das Bleekerstift zu nutzen, damit dort, wie in den städtischen Fachausschüssen beschlossen, neue Wohnungen errichtet werden könnten. Wie dies allerdings mit dem Konsolidierungsvertrag mit dem Land vereinbar sei, der jetzt gerade verlängert wurde und den Investitionen der Stadt enge Grenzen setzt, erklärte Stief nicht.
Thorsten Berndt von den Grünen kann dem Ansinnen der CDU nichts abgewinnen. „Die Basis, um die es hier geht, ist das Grundrecht auf Asyl, also die Genfer Konvention. Daher können wir Diskussionen über Aufnahmelimits gar nicht führen“, urteilt er. Alle Kommunen in Deutschland würden grundsätzlich die gleiche Last tragen. Konflikte seien zu erwarten und die Lage müsse auch nicht schöngeredet werden. Doch wenn in Uetersen seit Jahren leer stehende Räume da sind, dann sei es legitim und eine gute Entscheidung, diese anzumieten, um Flüchtlingen eine erste Unterkunft zu bieten. „Das Bleekerstift ist besser, als Zelte, gerade jetzt, wo der Winter ansteht. Deshalb stellen wir uns als Grüne der Aufgabe“, sagt Berndt.
Rückendeckung erhielten die Grünen von SPD-Fraktionschef Ingo Struve. Auch er erteilte der Idee, Aufnahmegrenzen festzulegen, eine Absage. Das werde es mit der SPD nicht geben. Eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen sei zwar zu begrüßen, „aber die Entwicklungen haben uns eingeholt, auch weil einige CDU-Politiker in den Marsch-Dörfern Flüchtlinge nicht so gerne bei sich haben wollen.“ Die Angst vor einer Überfremdung sei gerade in Uetersen, wo zahlreiche Nationalitäten lebten, völlig absurd.