Horst. Weiterbau der A 20: Verkehrsminister Meyer setzt auf alte Trasse und mehr Tierschutz. Klagen aus Kollmar 2015 vom Tisch?

Ein roter Flitzer saust von Bad Segeberg aus über die fertige A 20 am Autobahnkreuz zur A 23 vorbei und durch den Elbtunnel bei Kollmar gen Niedersachsen. Autofahrer entkommen so dem Dauerstau auf der A 7. Logistikunternehmen jubeln, und Schleswig-Holstein ist um eine Ost-West-Verbindung reicher. Es ist ein lang gehegter Traum vieler Politiker, Unternehmer und Autofahrer. Doch bislang ist der rote Flitzer nur ein Spielzeugwagen und die fertige Autobahn 20 ein Ausdruck der ursprünglichen Pläne.

Die lagen am Sonnabend bei einem Treffen der SPD-Spitzen aus den betroffenen Kreisen Pinneberg, Segeberg, Steinburg und Dithmarschen in Horst auf dem Tisch. Der Verkehrsminister von Schleswig-Holstein, Reinhard Meyer (SPD), informierte über den aktuellen Stand der Planung, die ins Stocken geraten ist. Dabei wurde deutlich, dass es noch einige Hindernisse zu überwinden gibt, bis ein Bagger rollt und einer der nächsten Abschnitte vollendet ist. Allerdings konnte Meyer den sozialdemokratischen Vertretern aus den Kreisen, die den Autobahnbau alle durchweg befürworten, etwas Hoffnung auf baldigen Fortschritt machen.

Noch in 2015 verspricht sich Meyer einen Durchbruch in den Verhandlungen mit den Klägern aus dem Bereich Kollmar. „Wir sind in intensiven Gesprächen. Wir sollten in diesem Jahr die Klagen durch ein Schiedsverfahren aus der Welt kriegen“, sagte Meyer. So wehrt sich der Kreis Steinburg juristisch gegen den Bau der A 20. Grund ist die bei Kollmar geplante Elbquerung in Form eines Tunnels, für dessen Brandschutz die Freiwillige Feuerwehr des kleinen Ortes sorgen sollte – so die Befürchtung von Kreis und Gemeinde. Laut Meyer sei davon nie die Rede gewesen. Er setzt beim Brandschutz auf die zukünftige Betreibergesellschaft des Tunnels.

Pannen begleiten den Bau der Küstenautobahn

Die Autobahn 20 hat wie so viele Straßenbauprojekte eine lange und immer wieder von Baustopps und Widerstand geprägte Geschichte.

Seit 1992 wird die Ostseeautobahn, die fast von der polnischen Grenze an der Ostseeküste entlang über Lübeck und Bad Segeberg nach Niedersachsen verlaufen und dabei die Elbe queren soll, geplant.

Fertig ist der östliche Abschnitt, kurz vor Bad Segeberg endet der Ausbau. Bis dahin hat das Projekt auf schleswig-holsteinichem Gebiet knapp 150 Millionen Euro gekostet.

Pannen begleiten den Bau: Ende 2004 machte der Fahrbahnbelag als „Brüllbeton“ Negativschlagzeilen, Anwohner klagten über unerträglichen Lärm durch die Fahrgeräusche. Der Belag musste beseitigt werden, Kosten: 3,5 Millionen Euro. Im Sommer 2006 bildeten sich Hitzeblasen, Reparaturkosten: 1,5 Millionen Euro.

Schließlich stoppten die Fledermäuse den Bau, der laut ursprünglicher Planung schon viel weiter sein sollte. Dieses Problem ist inzwischen behoben.

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Ob die aus der Privatwirtschaft kommt oder die Betreibergesellschaft nach dänischem Modell am Ende staatlich ist, wie von Meyer und seinem Kollegen von der niedersächsischen Seite, Olaf Lies, präferiert, ist unklar. Klar sei, dass es Interessenten gebe, die den Bau realisieren und die Kosten durch eine Maut hereinholen wollen. „Es gibt Signale von Unternehmen, die das machen würden“, erklärt Meyer. Allerdings würden diese auch eine Rendite von bis zu acht Prozent zum Ziel haben. „Eine staatliche Realisierungsgesellschaft braucht das nicht.“ Meyer sieht in Sachen Elbquerung den Bund in der Pflicht. Der Vorschlag eines staatlichen Modellprojekts liege seit gut einem Jahr auf dem Tisch. Seitdem werde auf ein Signal aus dem Bundesfinanz- oder aus dem Verkehrsministerium gewartet. „Wir brauchen zudem eine verlässliche Kostenschätzung“, fordert der Minister, der die letzte aus dem Jahr 2012 stammende Schätzung vom Bund in Höhe von 1,2 Milliarden Euro als zu niedrig anzweifelt.

Dabei muss sein Ministerium selbst noch Zahlen nachliefern, damit es mit dem Bau der Küstenautobahn im Bereich Bad Segeberg einmal weitergehen kann. Hier stoppte das Bundesverfassungsgericht die Arbeiten, sah einige Kritikpunkte von Naturschützern als gerechtfertigt an. Dabei ging es um den Schutz der dort angesiedelten Fledermäuse. Das Gericht bemängelte, dass die Tiere schlecht gezählt und zu wenig über Alternativen nachgedacht worden sei. Beides wurde nachgeholt.

2014/15 seien laut Meyer jede Menge Daten erhoben worden. Dabei hätte sich gezeigt, dass die Fledermäuse den Kalkberg größtenteils nördlich verlassen und somit nicht in Richtung der geplanten A 20 liegen. „Wir halten die Trasse deshalb weiterhin für am besten geeignet“, so Meyer. Allerdings wolle man mehr für den Schutz der Fledermäuse tun, sie mithilfe von Netzen und Tönen sicher über die Autobahn lenken. „So eine Art Zebrastreifen für Fledermäuse“, erklärt Meyer. All das soll nun in das Fehlerheilungsverfahren einfließen. 2016 plane man die erneute Auslegung der Unterlagen. Allerdings ist sich der Minister zu hundert Prozent sicher, dass es wieder Klagen geben wird, die einmal mehr Zeit kosten werden. „Einige machen sich ernsthaft Sorgen um den Naturschutz. Andere schieben ihn vor und wollen nur die Autobahn an sich verhindern.“