Uetersen. Die neue Abendblatt-Serie „Gründer starten durch“ stellt mutige Gründer aus dem Kreis Pinneberg vor, die ihren Traum realisiert haben
Tschüss Helsinki, hallo Uetersen! Jan und Danila Klüver sind sich sicher: Hier, in der knapp 18.000 Einwohner großen Stadt, wird ihr Traum von der Selbstständigkeit, der Traum von einer eigenen Schokoladenmanufaktur in Erfüllung gehen. Das Ehepaar stellt seit drei Monaten in dem kleinen Gewerbehof an der Kuhlenstraße handgemachte Pralinen, Bruchschokolade und Schokoladenkonfekt her.
Zuvor waren sie gescheitert. Mit ihren Erfahrungen als deutsche Konditoren zog das Ehepaar vor vier Jahren nach Finnland, eröffnete zusammen mit Jans Vater und dessen Ehefrau ein Café in Helsinki. Ein entspanntes und sorgenfreies Leben sollte es werden, doch die Realität holte die Klüvers schnell ein. Zu viel Arbeit, zu viel Druck, kein sozialer Kontakt. Voriges Jahr fiel der Entschluss: zurück in die Heimat. Jetzt startet das Ehepaar als Unternehmensgründer wieder durch – mit neuen Ideen und einer süßen Überraschung für ihre Kunden: „Bei Daja Chocolate kann der Kunde den Inhalt und die Größe seiner Pralinenschachtel selbst bestimmen, sowohl online als auch bei uns vor Ort im Geschäft“, sagt die 28 Jahre alte Danila Klüver.
Aus der Schokomanufaktur zieht ein leichter, lieblicher Duft. Auf den großen Backblechen türmen sich Pralinen über Pralinen, überzogen mit weißer Schokolade, Haselnüssen, Baileys, Mandelnougat oder Mascarpone-Erdbeeren-Creme. Die Versuchung ist groß. Ein Handgriff nach rechts, und eine der perfekt geformten, mit dunkler Schokolade gegossenen Kugel wäre in Jan Klüvers Mund. Doch der 31 Jahre alte Konditor-Meister lässt die Finger von der Schokolade. Die süße Pracht ist für die Kunden bestimmt. Rund 9,46 Kilogramm Schokolade hat der Deutsche laut Statistik im vorigen Jahr verzehrt. Die Klüvers hoffen, ein Stück von diesem großen Kuchen abzubekommen.
Das Motto von Daja Chocolate lautet Qualität. „Schokolade ist nicht gleich Schokolade“, sagt Danila Klüver. „Jedes Anbaugebiet hat seine eigene Aromen-Vielfalt, und jeder einzelne Arbeitsschritt auf dem Weg von der Kakaobohne zur Schokolade hat Auswirkungen auf den Geschmack des Endprodukts.“ Und da die Geschmäcker der Kunden so unterschiedlich sind, lassen sich auch viele unterschiedliche Produkte herstellen, sagt Jan Klüver. „Wir können unheimlich viel spielen, unserer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, ergänzt seine Ehefrau.
Die Uetersener Neugründer bieten neben der Vielfalt an Pralinen auch Trinkschokolade, Konfitüre und Geschenkkörbe an, die die Kunden selbst zusammenstellen können. Demnächst sollen sie in der Backstube von Daja Chocolate selbst mit anpacken können. „Wir wollen zeigen, wie Schokolade hergestellt wird und unser Hintergrundwissen zum Anbau von Kakao weitergeben“, sagt die 28-Jährige.
Um ihre Ideen umzusetzen, nimmt das Ehepaar 25.000 Euro in die Hand. Außer Anschaffungen von Maschinen und Möbeln muss die monatliche Miete finanziert werden. Bevor die Klüvers in Daja Chocolate investierten, ließen sie sich von einer Bank beraten. Bis zum erhofften Durchbruch halten sie sich mit Rücklagen über Wasser. Danila Klüver gesteht: „Miete und Essen können wir zahlen, für mehr reicht es momentan nicht.“
Der Businessplan sieht ein strammes Programm vor. „Im nächsten Jahr planen wir, einen Umsatz von über 300.000 Euro zu erwirtschaften“, sagt Danila Klüver. „Mit unserem Online-Shop, Verkaufsladen, Seminaren und Verkäufen an Wiederverkäufer und Großabnehmer wollen wir unsere Ziele erreichen.“ Zunächst will das Ehepaar das Geschäft zu zweit zum Laufen bringen. Zur Weihnachtszeit soll dann die erste Hilfskraft eingestellt werden.
Die Inhaber wissen, dass aller Anfang schwer ist. „Alles passiert gleichzeitig, wir produzieren, verkaufen und akquirieren Großkunden“, sagt Danila Klüver. „Den Papierkram erledigen wir abends nach der Arbeit.“ Aus ihren Fehlern in Finnland wollen sie lernen: Sonntags bleibt der Laden zu, Familie und Freunde sollen trotz Selbstständigkeit nicht zu kurz kommen.
Trotz guter Planung bleiben Ängste. „Die Bedenken, dass Kunden ausbleiben und Kosten nicht gedeckt werden können, sind immer da“, so Danila Klüver. „Doch das Feedback motiviert, die Leute finden unsere Schokolade super.“ Eine Großbestellung über 3500 Pralinen ist schon eingegangen. Es geht voran.