Schenefeld . Gutachten liegt vor: Vier Millionen Euro wären nötig, um die Ex-Sparzentrale in Schenefeld für 400 Flüchtlinge herzurichten.

In Hamburg ist es bereits an der Tagesordnung. Seitdem die Stadt leer stehende Gewerbeimmobilien beschlagnahmen darf, ziehen bereits Hunderte Flüchtlinge in leere Büros der Hansestadt ein – einer Stadt, die bereits Flüchtlingslager für bis zu 4000 Menschen plant. Ein paar Meter entfernt von der Landesgrenze herrschen andere Verhältnisse. In Schenefeld konnte bis jetzt die dezentrale Unterbringung trotz der steigenden Zahl an Flüchtlingen und dem knapper werdenden Wohnraum durchgehalten werden. Doch auch in Schenefeld brechen andere Zeiten an.

In der Kleinstadt vor den Toren Hamburgs wird erstmals eine große Notunterkunft geplant. In Schenefeld könnten Flüchtlinge bald in Büros einziehen. Denn auf der Suche nach einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit ist die ehemalige Spar-Zentrale am Osterbrooksweg ins Visier der Planer geraten. Seitdem der Unternehmensstandort in Schenefeld 2011 dichtgemacht wurde, steht der vierstöckige Bürokomplex leer. Das soll sich ändern.

Für vier Millionen Euro könnte das Gebäude innerhalb von 14 Monaten so hergerichtet werden, dass dort bis zu 400 Asylsuchende Platz fänden. Das geht aus dem Gutachten hervor, das vom jetzigen Eigentümer, der IVG Immobilien AG, in Auftrag gegeben wurde und seit Kurzem der Pinneberger Kreisverwaltung vorliegt.

Kreis und Stadt haben Interesse am Objekt

Sowohl die Stadt Schenefeld als auch der übergeordnete Kreis Pinneberg haben Interesse an dem Objekt. Kurzzeitig liebäugelte sogar das Land Schleswig-Holstein mit einer Anmietung der Immobilie, um hier eine Erstaufnahme einzurichten, wie es in anderen Landkreisen bereits geschehen ist.

Davon ist man aber wieder abgerückt, wie Bernd Olbrich als Sprecher der neuen Stabsstelle zur Unterbringung von Flüchtlingen auf Abendblatt-Nachfrage erklärt. „Der starke Zustrom von Flüchtlingen nach Schleswig-Holstein erfordert die Bereitstellung weiterer Unterbringungsplätze. In diesem Zusammenhang sind auch ein Grundstück im Gewerbepark in Schenefeld und das Bürogebäude einer ehemaligen Sendefunkstelle in ersten Augenschein genommen worden, aber nicht als Landesunterkunft für Flüchtlinge vorgesehen“, sagt Olbrich, der sich zu weiteren Details nicht äußert. Bei der Sendefunkstelle handelt es sich um eine Immobilie in Klein Offenseth-Sparrieshoop an der Grenze zu Elmshorn.

Vonseiten der Kreisverwaltung Pinneberg ist dagegen bislang nichts ausgeschlossen. „Das Gutachten liegt uns vor. Wir werden es jetzt prüfen“, erklärt Oliver Carstens als Pressesprecher des Kreises Pinneberg. Der Brandschutzexperte des Kreisverwaltung war bereits am Mittwoch vor Ort, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Grundsätzliches Interesse, dem Gebäude wieder Leben einzuhauchen und es dafür beispielsweise an den Kreis Pinneberg als Notunterkunft zu vermieten, hat der Eigentümer weiterhin. Das bestätigt Jürgen Herres als Pressesprecher der IVG. Er weist aber darauf hin, dass es noch viele ungeklärte Fragen gibt.

Immobilie nur bedingt als Notunterkunft nutzbar

Außer den erheblichen Investitionen von vier Millionen Euro in die Gebäudesanierung sowie in eine neue Heizungsanlage, einen zweiten Fluchtweg – unter anderem durch den Einbau einer neuen Treppe – und die Trinkwasserversorgung müssten Sicherheitsfragen geklärt werden. „Es besteht ein Unfallrisiko für die Bewohner durch den Schwerlasttransport der angrenzenden Gewerbeunternehmen“, so Herres. So führt direkt am Eingang des Bürogebäudes eine Zufahrt für die dahinter liegenden Logistikhallen vorbei. Deshalb kommt der Gutachter zum Ergebnis, dass die Immobilie nur bedingt als Notunterkunft nutzbar wäre, so Herres. „Dafür muss eine Lösung gefunden werden.“

Der Gutachter geht zudem aufgrund der Personenzahl – mit 400 Flüchtlingen wäre es die größte Notunterkunft im Kreis Pinneberg – von einem 24-Stunden-Sicherheitsdienst aus. Die Personalkosten von etwa einer Dreiviertelmillion Euro pro Jahr kämen zu den Mietkosten hinzu. In welcher Höhe die ausfallen, ist offen. Die IVG rechnet deshalb damit, dass die Verhandlungen über die Vertragsbedingungen samt Umbaukosten noch einmal bis zu drei Monate Zeit kosten.