Kreis Pinneberg. Einrichtung ringt mit Platzproblem. Helfer bringen zahlreich unterernährte Tiere. Aufnahmestationen in Tornesch und Appen geschlossen.

Aus der provisorisch installierten Box schmatzt es gewaltig. Fütterungszeit. Zahlreiche kleine Igel machen sich über das Gemisch aus Katzenfutter, Pellets und Hundefutter her. Es scheint zu munden. Muss es auch. Die in der Wildtierstation aufgenommenen Tiere sind deutlich untergewichtig und müssen zunehmen, wenn sie den Winter überstehen wollen. Manche wiegen unter 100 Gramm, dabei müssten sie jetzt etwa das Dreifache auf den Rippen haben. „Die Gärten sind einfach zu aufgeräumt. Die Tiere finden so nichts zu fressen“, erklärt Christian Erdmann. Er ist Chef der Wildtierstation in Klein Offenseth-Sparrieshoop, die derzeit rund 30 Tiere beherbergt.

Viel zu viele für diese Jahreszeit und für die Station, die sich aus Spendengeldern finanziert und zahlreichen Wildtieren Obhut bieten will. Es könnten sogar noch viel mehr Igel sein. Denn Erdmann musste bereits Finder mit Tieren abweisen. „Wir nehmen nur noch Igel auf, die unter 100 Gramm wiegen. Sonst hätten wir hier Hunderte Tiere, und wir sind ja keine Igelstation“, erklärt Erdmann.

Dass überhaupt derzeit eine Flut an unterernährten Igeln aus dem Kreis Pinneberg in Klein Offenseth-Sparrieshoop strandet, liegt nicht nur an den ordnungsliebenden Gärtnern, sondern auch an fehlenden Alternativen. Die Stationen in Appen und Tornesch, die von privaten Igelfreunden betrieben wurden, gibt es nicht mehr. Das eine Ehepaar ist laut Erdmann verstorben, die anderen hörten aus Altersgründen auf. Sprich: Es wird dringend Nachwuchs gesucht.

In diesen provisorischen Gehegen werden die Igel aufgepäppelt. Azubi Darja Mahler sorgt für frisches Stroh
In diesen provisorischen Gehegen werden die Igel aufgepäppelt. Azubi Darja Mahler sorgt für frisches Stroh © HA | KatyKrause

Bis sich neue Igelhelfer finden, muss das Team der Wildtierstation aber bei den strengen Richtlinien bleiben. Eine Gewichtsausnahme machen die Mitarbeiter nur, wenn die gebrachten Igel krank oder verletzt sind. Das hört man. Während der Schmatz- und Fressparty keucht und hustet es manchmal aus dem Stroh des Geheges. „Lungenwürmer“, kommentiert Erdmann. Alle Tiere werden behandelt, die Kosten trägt ebenfalls die Station, die außer den Igeln derzeit 170 Tiere pflegt, darunter ein verletzter Storch, drei Mufflonschafe, Eulen und Greifvögel. Auch zwei enthüpfte Kängurus aus Niedersachsen kamen in Klein Offenseth-Sparrieshoop kurzfristig unter. Heute leben sie im Tierpark Wingst.

Die Igel sollen schnell aufgepäppelt werden und dann rechtzeitig vor dem Winter(schlaf) wieder möglichst dort, wo sie gefunden wurden, ausgesetzt werden. Denn der Nebenraum der Wildtierstation, in dem das provisorische Gehege nun steht, wird gebraucht. „Hier soll unsere Quarantänestation für Seehund-Heuler entstehen“, erklärt Erdmann. 2015 wurden bereits zweimal Heuler aus der Elbe aufgenommen. Weil der Transport bis in die Seehundstation Friedrichskoog für die kranken Tiere beschwerlich sei und auch erst einmal organisiert werden müsse, sollen sie in dem Quarantänebereich kurzfristig bleiben können.

Um Igelhelfer zu finden und damit die Wildtierstation zu entlasten, plant Erdmann einen Stammtisch. Eine erste Informationsveranstaltung soll es im Hamburger Franziskus-Tierheim an der Lokstedter Grenzstraße geben. Weitere sollen im Kreis Pinneberg folgen. Die Termine stehen noch nicht fest, sie werden laut Erdmann auf der Homepage unter www.wildtierstation-hamburg.de veröffentlicht.

Wer nicht gleich eine Igelstation eröffnen möchte, kann trotzdem helfen. Erdmann rät dazu, im Garten Gehölz- und Laubstapel zu errichten oder sie nicht wegzuräumen. Wer einen unterernährten Igel im November im Garten statt im Winterschlaf entdeckt, sollte ihn nicht in der Wohnung unterbringen. „Das stinkt enorm“, so Erdmann. Eine kleine Holzbox mit Stroh im Gartenhaus oder Keller sei besser. Tipps gibt’s unter www.pro-igel.de.