Rellingen/Quickborn/Kaltenkirchen. Bahnexperte aus Rellingen kritisiert Pläne der AKN zur Elektrifizierung mit Oberleitung als zu aufwendig, teuer und umweltschädlich.

Die AKN-Strecke Kaltenkirchen über Quickborn nach Eidelstedt könnte problemlos innerhalb eines Jahres elektrifiziert sein. Mit der Stromschiene wäre dies weniger aufwendig, erheblich kostengünstiger, umweltverträglicher und mit geringerem Widerstand aus der Bevölkerung möglich als mit der jetzt geplanten Strom-Oberleitung.

Diese Auffassung vertritt der pensionierte Diplomingenieur Wolfgang-J. Heichen, 78, aus Rellingen, der 32 Jahre in Diensten der Deutschen Bundesbahn war und unter anderem die Elektrifizierung der Fernbahnstrecke Hamburg-Bremen geplant hatte.

Sein Resümee lautet: „Der Bau einer Oberleitung ist im Nahverkehr immer teurer als eine Stromschiene.“ Dies habe er auch dem Landrat Oliver Stolz und dem Quickborner Bürgermeister Thomas Köppl schriftlich mitgeteilt, aber bislang keine Antwort dazu erhalten. Beide waren am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Bei der ersten öffentlichen Anhörung in der vergangenen Woche in Ellerau hatten die von der AKN beauftragten Planer für die bis 2019 zu realisierende Elektrifizierung das Gegenteil dargestellt. Eine Stromschiene wäre technisch aufwendiger, teurer und nicht während des Zugbetriebes einzubauen, lautete ihr Urteil vor 250 Zuhörern.

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Nun sagt AKN-Projektleiter Karl-Heinz Moje auf Abendblatt-Nachfrage: „Wir haben das 2010 prüfen lassen. Eine Stromschiene kommt schon allein aus Sicherheitsgründen nicht in Frage.“ So sei sie zu gefährlich für die Verkehrsteilnehmer an Bahnübergängen. Ein Argument, das Ingenieur Heichen nicht nachvollziehen mag. „Dann wäre sie ja auch bei der S-Bahn nach Wedel zu gefährlich. Aber da ist nie etwas passiert.“ Zumal die Stromschiene weit vor dem Bahnübergang aufhöre, weil die S-Bahn durch ihre Stromabnehmer vorn und hinten am Zug mit den drei Waggons etwa 50 Meter ohne Stromgleis überbrücken könnte. „Da müsste schon jemand durch den Schotter laufen, um die Stromschiene zu erreichen“, wundert sich Heichen.

Es sei richtig, dass das Gleichrichterwerk am Bahnhof Eidelstedt schon jetzt eine Stromschiene möglich mache, sagt Projektleiter Moje. So würden auch die ersten 500 Meter der 30 Kilometer langen Strecke nach Kaltenkirchen über eine Stromschiene laufen, bevor die Oberleitung beginne. Es sei aber ein zweites Gleichrichterwerk in Höhe Quickborns notwendig, so Moje. „Und der Bau ist sehr teuer.“ Es gebe heute sogar schon fahrbare Gleichrichterwerke, die den Wechsel- in Gleichstrom für die Schiene umwandelten, erklärt Heichen. Er plädiert dafür: „Das ganze Projekt sollte von unabhängiger Stelle überprüft werden und nicht von einer Firma, die den Auftrag haben will.“

Die Argumentation des Eisenbahnexperten aus Rellingen hört sich einleuchtend an. So sei es erheblich weniger aufwendig, sagt er, alle zehn Meter eine Stromverbindung in die Schiene zu bauen als 375 Doppelbetonmasten rechts und links der Strecke, die vier bis acht Meter tief gegründet und 7,50 Meter hoch sowie bis zu 60 Zentimeter dick sein sollen, wie Projektleiter Moje bestätigt. Die Schiene könnte bereits heute ohne jedes Planfeststellungsverfahren sogar bei laufendem Betrieb eingebaut werden, sagt Heichen. Das sei auch für die Anwohner erträglicher, die sonst auf diese hohen Masten starren müssten, die am Hamburger Weg von Ellerau sogar direkt in ihren Vorgärten stehen sollen. Heichen: „Das wird Klagen heraufbeschwören, die das ganze Projekt um zwei bis drei Jahre verzögern können.“

Bei Gleichstrom gebe es auch keinen Elektrosmog, wie er bei Oberleitungen mit Wechselstrom erzeugt würde. Die Schiene selbst bestünde aus kostengünstigen Eisenteilen und benötige keine teuren Seile aus Bronze und Fahrdrähte aus Kupfer wie die Oberleitung. All das würde den Steuerzahler unnötiges Geld kosten, warnt der pensionierte Beamte und rät der Politik, dies noch einmal überprüfen zu lassen.

Nach den vorgestellten Plänen soll die Elektrifizierung der AKN-Strecke Kaltenkirchen-Eidelstedt, die ab Dezember 2019 als S-Bahn 21 im Zehn- bis 20-Minuten-Takt fahren soll, etwa 90 Millionen Euro kosten.