Tornesch. Besuch in Tornesch. Europäische Länder sollen laut Anke Spoorendonk mehr Flüchtlinge aufnehmen, um hiesige Kommunen zu entlasten.

Für Torneschs Bürgermeister Roland Krügel ist die Flüchtlingslage seit Monaten genauso problematisch wie für die meisten anderen Kommunen in Schleswig-Holstein. „Wir halten bis Ende des Jahres durch mit dem Wohnraum für Flüchtlinge, aber das wird nicht reichen“, sagte Krügel bei einem Besuch von Schleswig-Holsteins Europaministerin Anke Spoorendonk in Tornesch. Die Stadt benötige dringend private Anbieter, die Räume für das kommende Jahr zu Verfügung stellen. Sonst wisse die Stadt nicht, wie sie die Menschen, die noch erwartet werden, würdig unterbringen solle.

Solche Rückmeldungen erhält die Ministerin derzeit aus zahlreichen Kommunen in Schleswig-Holstein. Einige Politiker fordern daher lautstark eine Begrenzung der Zuwanderung, in der Hoffnung damit das Problem zu lösen, beziehungsweise die Flüchtlingsproblematik wegzudelegieren.

„Es gibt unterschiedliche Belastungen der Kommunen, das ist richtig“, sagte Spoorendonk. Doch die immer wieder angesprochene Zuwanderungsgrenze hält sie für falsch. „Das wäre populistische Politik“, sagt die SSW-Politikerin. Die Forderungen seien auch deshalb fehl am Platz, weil Schleswig-Holstein mit seinen Flüchtlingskonferenzen vorausschauend gehandelt und Städte und Gemeinden nicht bei den Prozessen außen vor gelassen habe. Die Probleme der Kommunen seien bekannt und würden ernst genommen.

Dass notleidende Menschen aus unsicheren Regionen in ein sicheres Europa wollten, sei nachvollziehbar und auch berechtigt, so Spoorendonk. Denn viele der Ursachen, die zu der verstärkten Migration nach Europa geführt haben, seien quasi hausgemacht. „Als Europaministerin sage ich, wir brauchen eine europäische Lösung“, sagte Spoorendonk. Dafür wolle sie sich stark machen. Andere EU-Staaten müssten dem positiven Beispiel von Schweden und Deutschland folgen und bereitwilliger Menschen aufnehmen. Hier sei auch Brüssel gefordert, entsprechend auf die Staaten einzuwirken.

Die EU sei insbesondere gefordert, sich stärker als bisher mit den Ursachen der Flüchtlingsströme auseinanderzusetzen. Beim Hilfswerk UNHCR der Vereinten Nationen seien beispielsweise die Geldmittel, die die UN für Hilfsprojekte im Nahen Osten zur Verfügung hatte, halbiert worden. Die Folge sei eine Perspektivlosigkeit im Libanon und den angrenzenden Gebieten. Die Menschen dort könnten immer weniger davon ausgehen, vor Ort Hilfe zu bekommen. „Die Situation dort unten ist deprimierend“, urteilt Spoorendonk. Mangels Perspektiven bleibe vielen Menschen nur die Flucht nach Europa übrig. „Daher ist ein neues Engagement in der EU-Politik vonnöten“, so die Ministerin.

Das Schaffen von Transitzonen für Flüchtlinge sieht sie als einen Fehler an. Es sei der völlig falsche Weg, um die Flüchtlingsproblematik zu meistern. Eine offene, ehrliche und nachhaltige Integrationsarbeit in den Kommunen sei ein besserer Weg. Dafür sei jedoch ein Zuwanderungs- und Einwanderungsgesetz dringend notwendig. „Das ist schon viel zu lange vernachlässigt worden“, so das Urteil der Europaministerin.